Bankmanagement-Glossar

Crowdfunding

Bei Crowdfunding (eine 2006 von Michael Sullivan geprägte Wortkreation aus "crowded-sourced funding") wird das Vorhaben eines "Projektinitiators" durch eine Vielzahl von "Projektfundern", die eine Gegen leistung erhalten, über eine (Web-) "Projektplattform" finanziert. Crowdfunding ist ein neues Finanzierungsinstrument "der anderen Art", das es erst seit 2001 gibt.

Ganz neu ist Crowdfunding nicht. Es gab auch in der Vergangenheit die Finanzierung durch die Masse, wobei die "Plattform" keine Website, sondern eine konventionelle Einsammelorganisation war. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Finanzierung des Sockels der Freiheitsstatue in New York City. Die Statue selbst war ein Geschenk des französischen Volkes. Die Finanzierung des Sockels gestaltete sich mühsam. In Folge veranstaltete der Zeitungsherausgeber Joseph Pulitzer eine Kampagne, um die benötigten Mittel aufzutreiben. Es gelang durch eine Vielzahl von Spenden mit dem Wohlfühlfaktor als Gegenleistung: "Ich habe meinen Beitrag geleistet." Für Crowdfunding gibt es noch keine allgemein anerkannte Definition, außer die Dreierbeziehung Projektinitiator, Projektplattform und Projektfunder. Es gibt mit diesen bereits eine Reihe von Ausprägungen des Crowdfundings:

- Crowd Donations ("donation-based crowdfunding"), das heißt das Sammeln von Spenden aller Art, wobei die Gegenleis tung im Wohlfühlfaktor besteht.

- Crowd Sponsoring ("reward-based crowdfunding"), das heißt die Finanzierung eines privaten oder kommerziellen Vorhabens, wobei die Gegenleistung in einer geldwerten oder einer nicht in Geld zu bewertenden Gegenleistung besteht.

- Crowd Financing ("lending-based crowdfunding"), das heißt Finanzierung eines (meist kommerziellen) Projekts, wobei die Gegenleistung in der verzinsten Rückzahlung des eingesetzten Geldbetrages besteht.

- Crowd Investing ("equity-based crowdfunding"), das heißt Finanzierung eines Unternehmens, meist eines Start-ups, wobei die Gegenleistung aus einer Beteiligung der Geldgeber besteht.

Aus diesen Formen des Crowdfundings ist ersichtlich, dass es heute nahezu ausschließlich von Privatpersonen und KMUs betrieben wird. Geldgeber sind bei privaten Projekten meist Privatpersonen, bei kommerziellen Projekten sowohl Privatpersonen als auch professionelle Investoren.

Fixierter Zeitablauf

Die Prinzipien des Crowdfundings sind dabei ein fixierter Zeitablauf, "Alles oder nichts", das Anbieten von Gegenleis tungen/ Prämien, die Transparenz beim Funding und die Provisionszahlung an die Plattform durch den Projektinitiator bei erfolgreichem Projektabschluss.

Der Crowdfunding-Prozess beginnt mit dem Zusammenfinden von Projektinitiator und Projektplattform. Mussten anfangs Projektinitiatoren mühsam eine geeignete Plattform suchen, so hat sich der Markt mittlerweile gedreht: Plattformen bieten sich aktiv Projektinitiatoren an. Passt ein Projektvorschlag in das Projektportfolio einer Plattform, wird das Projekt zum Beispiel per Video dargestellt. Diese Projektdarstellung wird in Folge getestet, ob die Botschaft verstanden und als attraktiv für Geldgeber gesehen wird. Parallel dazu wird in einem Konzept festgehalten, wie das Projekt einer Crowd kommuniziert wird. Dafür ist es wichtig, dass ein möglichst großes Netzwerk auf das Projekt hingewiesen wird. Je größer dieses Netzwerk ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt finanziert werden kann. Es ist daher wichtig, ein derartiges Netzwerk aufzubauen. Social Media ist dabei ein wesentlicher Schlüssel. Für den Projektinitiator gilt es, das Projekt über verschiedene Kanäle zu kommunizieren. Dabei führt kein Weg an Facebook, Twitter & Co. vorbei.

Steht die Kommunikation und verläuft der Test positiv, wird die Projektdarstellung auf der Plattform freigeschaltet und damit für Geldgeber einsehbar. Wird die Projektfinanzierung innerhalb der fixierten Zeit erreicht, erhält der Projektinitiator den aufgestellten Betrag (abzüglich dem Betrag, der der Projektplattform zusteht). Er hat dann die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Gegenleistungen erstattet werden. Kommt es zu keiner Finanzierung, erhalten die Geldgeber das Geld zurück. Es gibt auch Risiken, die beim Crowdfunding berücksichtigt werden müssen, wobei diese weitgehend beim Geldgeber liegen. Diese können vor allem darin liegen, dass das Projekt nicht zu dem vorgesehenen Ergebnis führt und die Gegenleistungen nicht oder nur zum Teil erstattet werden können.

Angesichts der Erfolge der Crowdfunding-Aktivitäten und des Wachstums in den letzten Jahren kann man davon ausgehen, dass diese Entwicklung sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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