Bankmanagement-Glossar

Customer Experience

Unter Customer Experience wird das Schaffen von positiven Erlebnissen seitens der Kunden verstanden. Denn diese führen zu einer starken emotionalen Bindung, erhöhen die Kaufbereitschaft und steigern die Loyalität, was wiederum den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens steigert. Das Konzept geht davon aus, dass zusätzlich zu den bekannten vier Ps im Marketing (Product, Price, Promotion und Place) die positiven Erfahrungen der Kunden zu einer Weiterentwicklung des ökonomischen Wertes beitragen und eine Differenzierung zum Mitbewerb ausmachen können. Im Bankenbereich kommt dem Erleben der Leistung aufgrund der im Standardprodukte-Bereich immer stärker austauschbaren Leistungsangebote eine besondere Relevanz zu.

Alle Kontakte zählen

Ein erfolgreiches Customer Experience Management (CEM) setzt das Wissen, was Kunden wirklich wünschen, aber auch das Analysieren der von den Kunden gemachten Erfahrungen (Customer Insights), im Hinblick auf seine Erwartungen voraus. Durch den Vergleich beziehungsweise das Erfüllen der Erwartungen können loyale und in Folge profitable Kundenbeziehungen aufgebaut werden. Zu beachten ist, dass das Wissen über die Kundenerfahrungen alle Kontakte, die ein Kunde zu einem Unternehmen hat, umfasst: den persönlichen Kontakt, aber auch den telefonischen, zum Beispiel die Emotionen, die bei Warteschlangen oder beim Warten auf einen Rückruf entstehen. Um das Konzept der Customer Experience umzusetzen, muss ein Unternehmen sämtliche Ursachen für positive (aber auch negative) Erfahrungen über den gesamten Kaufprozess hinweg von der Informationssuche bis zur Reklamation seiner Kunden kennen. Diese weite Sichtweise wird als Total Customer Experience bezeichnet.

In empirischen Studien wurde herausgefunden, dass Customer Experience nahezu branchenunabhängig von folgenden Faktoren beeinflusst wird: erstens der Frage, warum sich Kunden für das Angebot interessieren und welchen Nutzen sie erwarten. Ein anderer Faktor betrifft die Erwartungen bezüglich des Angebots, beispielsweise hinsichtlich der Erfordernisse bei Kreditaufnahme oder der Verzinsung bei der Vermögensanlage. Sie werden stark durch die Kommunikation des Unternehmens geprägt. Wie ein Angebot die unterschiedlichen Sinne der Kunden anspricht, ist ein weiterer zentraler Punkt. Beispiele können die Farben auf einer Webseite oder in einem Prospekt sein, das Aussehen eines Beraterschreibtischs oder die Bequemlichkeit eines Sessels, auf dem der Kunde für eine Beratung Platz nimmt. Es gibt schon Bankenbeispiele, die in ihren Schalterhallen Hintergrundmusik spielen. Der Geschmack eines Kunden kann auch durch das Angebot eines hochwertigen Kaffees beim Beratungsgespräch angesprochen werden.

Wertschätzung durch den Berater

Versteht ein Kunde die Leistung der Bank, ermuntert der Bankmitarbeiter ihn im Gespräch zum Stellen von Fragen und zeigt nicht seine fachliche Überlegenheit? Erhält der Kunde die Unterlagen in angemessener Aufmachung überreicht? Wird er vom Bankmitarbeiter in seiner Entscheidung unterstützt und wertgeschätzt? Der Prozess, im Sinne der Entwicklung der Geschäftsbeziehung beziehungsweise etwaige Schwankungen im Prozess, ist ebenso ein zentraler Punkt. Bleiben die Erfahrungen nach einem Kauf konsistent oder verändern sie sich? Gelingt eine positive Überraschung oder kommt es zu einer nachträglichen Enttäuschung? Ein qualifizierter After-Sales-Service muss zum Standard werden.

Der letzte Punkt betrifft die Kultur. Dabei geht es um das Zusammenspiel von Verhalten, Sprache und Ritualen. Je mehr der Kunde ein Gefühl der Zu(sammen)gehörigkeit zum Unternehmen empfindet, desto besser ist es. Beispiele im Bankenbereich können die seriöse Kleidung der Angestellten, entsprechende Tischmanieren des Bankmitarbeiters beim gemeinsamen Essen oder der sprachliche Ausdruck sein. Auch die Art und Weise, wie sich Bankmitarbeiter untereinander in Gegenwart von Kunden verhalten, kann von Bedeutung sein.

Aufgrund des Kriteriums der Integrativität von Dienstleistungen kann es passieren, dass einzelne Faktoren im Zeitablauf nicht konstant sind oder auch von Stimmungen des Kunden abhängen. Das kann dazu führen, dass durch eine einzige Unachtsamkeit das komplette Kundenerlebnis ins Negative gekippt wird. CEM kann als wichtige Ergänzung zu CRM gesehen werden. Das Erlebnis der unternehmerischen Leistung wird im Finanzdienstleistungsbereich stark durch die Interaktion der Kunden mit den Mitarbeitern geprägt. Mitarbeiter Empowerment, im Sinne der Freundlichkeit, Kundenorientierung, authentischem Auftreten, fairer Beratung, kompetenten Auskünften und rascher Hilfestellung sind daher wesentliche Erfolgsfaktoren in der Umsetzung.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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