Bankmanagement-Glossar

Elektronisches Geld

Seit rund 2 700 Jahren gibt es Geld. Während dieser Zeit hat es sich mehrfach geändert - vom Naturalgeld über das Münz- und Papiergeld bis zum Buchgeld. Dabei zeigt sich der Trend zur Entmaterialisierung. Den größten Teil des Geldes macht heute nicht mehr das Bargeld, sondern das Buchgeld aus. Es bildet die Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mit dem elektronischen Geld - dem Transfer des Buchgeldes von einem Bankkonto auf ein anderes - hat das Abstraktionsniveau des Geldes auch dessen Bewegung erfasst. Dies begann, als die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs - Überweisungen, Lastschriften, Schecks und Kartentransaktionen - ab den achtziger Jahren sukzessive elektronifiziert wurde. Das hatte zur Folge, dass elektronisches Geld als Buchgeldtransfer heute Usus ist.

Zahlungen von Unternehmen und Privaten an öffentliche Haushalte und umgekehrt und die Zahlungen von Unternehmungen an Private sind heute bargeldlos. Gleiches gilt weitgehend für Zahlungen im E-Commerce. Lediglich Zahlungen am realen PoS sind erst zu rund 50 Prozent bargeldlos. Somit wird bereits jetzt der allergrößte Teil der Buchgeldtransfers bargeldlos als elektronisches Geld abgewickelt. Um zu einer bargeldlosen Gesellschaft zu kommen, ist es nur mehr ein kleiner - aber wie es scheint mühsamer - Schritt.

Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Bargeld am PoS

Am PoS liefern sich derzeit Bargeld und elektronisches Geld ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das allerdings - wenn man die Geldgeschichte der letzten 50 Jahre betrachtet - zugunsten des elektronischen Geldes ausgehen wird. Jedes Jahr steigt dessen Anteil am PoS um ein bis zwei Prozentpunkte. Dazu haben die Innovationen der Zahlungssysteme maßgeblich beigetragen. War der Magnetstreifen auf Karten und dessen Lesen an Terminals der Anfang zur Elektronifizierung der Transaktionen am PoS, haben Chipkarten als Pay-Before-, Pay-Now- und Pay-Later-Produkte und die verbesserte Akzeptanzinfrastruktur zu den Fortschritten des elektronischen Geldes und seiner Sicherheit wesentlich beigetragen.

Der Hauptgrund für den trotz allem jährlich nur bescheidenen Fortschritt dürfte darin liegen, dass sich Einstellungen bei den Konsumenten im Hinblick auf das Geld und damit auch auf Zahlungen nur langsam verändern. Mit den jedes Jahr neu hinzukommenden elektronik-affinen Jahrgängen wird sich das Verhältnis zugunsten des elektronischen Geldes weiter zulasten des Bargelds verändern. Das Verhalten der Akzeptanten des elektronischen Geldes - das jahrelang retardierend war - hat sich durch die sukzessive Reduktion des zu zahlenden Entgelts in den letzten Jahren zum Positiven verändert. Dennoch gibt es immer noch eine Reihe von weniger werdenden Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die ausschließlich auf Bargeld setzen.

Weitere Schritte, um dem elektronischen Geld zum vollen Durchbruch zu verhelfen, wären noch von den Betreibern der Zahlungssysteme zu setzen. Eine Reihe von Initiativen läuft bereits. Das Zahlen mit Unterschrift wird bald der Vergangenheit angehören. Die PIN zur Verifizierung des Zahlenden wird sich auch bei Kreditkarten durchsetzen, mittelfristig wird sie durch ein biometrisches Kennzeichen ersetzt werden. Die Karten, die bisher die wesentlichsten Zahlungs-Tools am PoS sind, werden vermutlich durch andere Tools ergänzt werden, wobei dem Smartphone eine besondere Rolle zukommt.

Henne-Ei-Problem

Welche der angedachten Varianten sich am Markt durchsetzen werden, ist noch offen. Entscheidend ist die Lösung des "Henne-Ei-Problems": Nur wenn sich beide Seiten - diejenigen, die mit einem Zahlungsinstrument zahlen wollen, und diejenigen, die es annehmen wollen - mehr oder weniger parallel entwickeln oder ein gegenseitiges Aufschaukeln stattfindet, wird sich Erfolg einstellen. Dazu gilt es die Lücken im Angebot bei den Kleinbetragszahlungen, die heute noch weitgehend bar bezahlt werden, zu schließen. Mit kontaktlosen Zahlungen ist es zu einer Zahlungsvariante gekommen, die zu einer weiteren Reduktion der Barzahlungen führen wird. Darüber hinaus gilt es noch Lösungen für all jene Bevölkerungskreise zu finden, die mangels Bankkonto über kein Buchgeld verfügen.

Ob Natural-, Münz-, Papier- und Buchgeld oder elektronisches Geld als Buchgeldtransfer, die Funktion des Geldes als "Schmiermittel" für die Volkswirtschaft bleibt gleich: "Money makes the world go round" gilt auch, wenn es völlig entmaterialisiert ist und die Cashless Society realisiert ist. Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Mit dem Bankmanagement-Glossar "Elektronisches Geld" ist die kurze Beitragsreihe zur Entwicklung des Geldes abgeschlossen. Vorhergehende Beiträge waren die Bankmanagement-Glossare "Naturalgeld" (bank und markt 4/2013), "Münzgeld" (bank und markt 8/2013), "Papiergeld" (bank und markt 1/2014) und "Buchgeld" (bank und markt 7/2014).

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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