Bankmanagement-Glossar

Storytelling

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass das Gehirn komplexe Infor mationen in Form von Geschichten abspeichert. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen sich leichter an etwas erinnern, wenn sie es erzählt bekommen. Zusätzlich haben gute Geschichten den Vorteil, dass sie im Unterbewusstsein weiterwirken. Für die Marketingkommunikation bedeutet diese Erkenntnis, dass durch lebendige Geschichten die Aufmerksamkeit und Konzentration der Zuhörer oder Leser gewonnen werden kann.

Implizites Wissen weitergeben

Die Kommunikation über Geschichten hat sich in den letzten Jahren international unter dem Begriff Storytelling (deutsch: "Geschichten erzählen") zu einem Trend entwickelt. Storytelling ist eine Erzählmethode, mit der explizites, aber vor allem implizites Wissen in Form einer Metapher weitergegeben und durch Zuhören aufgenommen wird. Die Zuhörer werden in die erzählte Geschichte eingebunden, damit sie den Gehalt der Geschichte leichter verstehen.

Diese Vorgehensweise soll bewirken, dass das zu vermittelnde Wissen besser ver standen und angenommen wird. Storytelling ist eine Einladung zu einer Reise, mit der die Vernetzung von Produkten und Marken in die Lebenswelten von Konsumenten unverfälscht und ursprünglich erfahrbar gemacht wird. Unternehmen können nicht nur in der Kommunikation mit ihren Kunden auf Geschichten setzen, sondern auch in der internen Kommunikation.

Jede Marke hat ihre eigene Geschichte, ihre eigene Biografie. Dass man mit gut erzählten Geschichten Zuhörer fesseln kann, ist grundsätzlich keine neue Er kenntnis. In der Unternehmenskommunikation wird Storytelling aber erst seit Mitte des letzten Jahrzehnts systematisch genutzt. Als Gründerväter der Methode gelten Steve Denning, der 1996 bis 2000 als Direktor im Bereich Wissensmanagement bei der Weltbank konsequent auf Geschichten setzte, und Dave Snowden, der im Weltkonzern IBM ähnlich verfuhr. Die marketingrelevante Kernfrage dabei lautet: Wie kann man Geschichten gezielt einsetzen, um wichtige Botschaften zu vermitteln, Wissen zu bewahren oder Kunden anzusprechen?

Um erfolgreiches Storytelling zu betreiben, sind einige Grundsätze zu beachten:

Kurze markante Geschichten prägen sich besser ein. Es soll daher nur das Wesentliche erzählt werden.

Die Erzählung muss logisch aufgebaut und im Zusammenhang präsentiert werden.

Es muss eine Hauptperson (zum Beispiel ein Mitarbeiter) als wichtige Identifikationsfigur geschaffen werden.

Der rote Faden der Geschichte muss klar sein und die Kernbotschaft einfach und deutlich präsentiert werden.

Die Geschichte muss einer Dramaturgie folgen, das heißt dass die Kernbotschaft stufenweise vorbereitet wird. Wichtig ist der Einsatz von Bildern, da Metaphern und Symbole es dem Erzähler ermöglichen, Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen.

Die Geschichten sollten positiv sein, da sich Menschen lieber mit positiven Geschichten identifizieren. Ein glücklicher Schluss ("happy end") unterstützt die eigenen Stärken und regt die Phantasie an.

Produktvorteile emotional erlebbar machen

Zu beachten sind die Authentizität und der Wahrheitsgehalt der Geschichten. Wahre, selbst erlebte Geschichten erzielen eine deutlich bessere Wirkung als erfundene. Besonders effektiv sind wahre Erzählungen dann, wenn sie glaubhaft die Produktvorteile, Mehrwerte oder Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens als Geschichte beschreiben.

Storytelling eignet sich besonders für die Kommunikation in Dienstleistungsunternehmen. Vor allem Finanzdienstleister haben das Storytelling als wichtiges ergänzendes Kommunikationsinstrument entdeckt. Es funktioniert in vielen Fällen besser als klassische Werbung, weil das episodische Gedächtnis des Menschen Geschichten deutlich leichter abspeichert als Zahlen, Daten und Fakten. Mit den Erkenntnissen des Storytelling kann das emotionale Erleben der Produktvorteile greifbar gemacht werden und das Vertrauen der Kunden gewonnen werden, was zu den Kernzielsetzungen von Finanzdienstleistern zählt.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wv.ac[dot]at. Dr. Claudia Klaus egger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu-wien.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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