Marktforschung

Die Vertrauenskrise hält an

Bankkunden differenzieren ganz deutlich zwischen dem Bankensystem, das für die Krise verantwortlich gemacht wird, und der eigenen Hausbank. Insgesamt geben nach der Jomondo Befragung 34 Prozent der Befragten an, dass sie mit ihrer Bank aktuell sehr zufrieden sind. Aber in der Betrachtung nach den Bankengruppen zeigen sich deutliche Unterschiede. Direktbankkunden weisen mit einem Anteil von 56 Prozent an sehr zufriedenen Kunden die höchste Zufriedenheit auf. In der Gruppe der sonstigen Banken lässt sich mit 51 Prozent der zweithöchste Anteil von sehr zufriedenen Befragten feststellen. Alles im Lot möchte man meinen, denn nur beim Kriterium Preis-Leistungsverhältnis und Kosten lässt sich eine größere Unzufriedenheit mit der eigenen Bank feststellen. Die meisten Bankkunden (68 Prozent der Befragten) fühlen sich bisher bei ihrer Bank gut aufgehoben. Dabei ist der Wohlfühlfaktor bei den Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken mit 77 Prozent am größten. Am seltensten gaben dagegen die Kunden von Sparkassen mit 63 Prozent an, dass sie sich bei ihrer Sparkasse (Filialbesuch/Internetbanking/Telefonbanking) gut aufgehoben fühlen. Einen besonderen Anklang finden dagegen die Internetpräsenz und das Internetbanking. Der Bereich Kundenservice und Freundlichkeit schneidet generell sehr gut ab, ebenso hält man die Filialpräsenz in der Nähe für gut und ausreichend. Diese Meinung teilen immerhin 76 Prozent der Befragten. Diese Einschätzung ist wichtig, denn 21 Prozent der Kunden sind mindestens einmal pro Woche in der Filiale, weitere 23 Prozent sind mindestens einmal in 14 Tagen dort. Der wichtigste Grund für den Filialbesuch ist bei fast 55 Prozent der Befragten das Abholen von Kontoauszügen, wohingegen sich 20 Prozent zwecks Informationen an den einen Mitarbeiter wenden. Die Mehrheit der Bundesbürger erledigt ihre Bankgeschäfte mittlerweile am liebsten auf mehreren "Kanälen" gleichzeitig. Demgegenüber ist der Anteil derjenigen, die (fast) ausschließlich den persönlichen Kontakt suchen, deutlich zurückgegangen. Reines Direct Banking bevorzugt aber nur eine kleine Minderheit. Damit wird das Filialsystem für die Kunden auch zukünftig zentral bleiben - allerdings weniger in ausschließlicher als in integrierter Form innerhalb des "Multichannel-Banking". In einem Punkt lassen die Kunden nicht mit sich spaßen. Sie erwarten von ihrem Finanzinstitut die volle Wahrheit und gehen davon aus, dass ihnen auch die Nachteile eines Angebotes nicht verschwiegen werden und die Produkte beziehungsweise die Sachlage einfach, klar und verständlich erklärt werden. Natürlich erwarten sie auch die günstigsten Kondit ionen und Gebühren. Alles in allem erwarten sie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wechselbereitschaft zurückgegangen Im Zusammenhang mit der Krise wurde viel über das Thema Bankenwechsel spekuliert. Bei allen Untersuchungen wurde deutlich, dass sehr viele Bankkunden (35 Prozent) schon über einen Wechsel nachgedacht haben, jedoch aufgrund des Fehlens von richtigen Alternativen diesen dann doch nicht vollzogen haben. Heute haben noch acht Prozent der befragten Bankkunden konkrete Wechselabsichten. Hiervon geben vier Prozent an, dass sie ihre Bankverbindung wechseln möchten, und drei Prozent haben konkrete Pläne, bereits innerhalb der nächsten sechs Monate ihre Hauptbankverbindung zu wechseln. Hierbei kann es nicht überraschen, dass die Wechselabsichten der Kunden mit höherem Einkommen am größten sind. Sehr treue Kunden haben offensichtlich die Volksbanken, wohingegen die Zufriedenheit mit den Sparkassen in der letzten Zeit etwas gelitten hat. Auf der anderen Seite planen sechs Prozent der Wechselwilligen gerade einen Wechsel zu einer Sparkasse. Häufig genannt wurde auch die Postbank oder generell die Direktbanken. Sparkassenkunden mit Zinsen vergleichsweise zufrieden Gefragt nach den Gründen für einen Bankwechsel geben 50 Prozent der Befragten zu, dass günstigere Konditionen und Zinsen für sie der wichtigste Grund für eine Änderung der Bankverbindung ist. Weitere 20 Prozent erwarten von der neuen Bank einen besseren Service und eine höhere Kundenorientierung. Sehr unzufrieden mit den Zinsen sind die Kunden der Kreditbanken, wohingegen die Sparkassen ver gleichsweise besser abschneiden. Im Bereich Gebühren und Konditionen zeigen sich die Frauen anspruchsvoller als die Männer bei den Erwartungen an ihre Bankverbindung. So geben hier 81 Prozent der Frauen, aber nur 72 Prozent der Männer an, dass für sie niedrige Gebühren und günstige Konditionen eine besonders wichtige Rolle bei ihrer Bank spielen. 76 Prozent der Frauen erwarten von ihrer Bank, dass sie freundlich und zuvorkommend behandelt werden. Dieser Anteil ist auch hier bei den Männern mit 69 Prozent etwas niedriger. Vor allem die Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken haben sehr häufig angegeben, dass ihnen ein Ansprechpartner mit guter Betreuung wichtig ist. 68 Prozent der befragten Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken gaben dies zu Protokoll. Direktbankkunden haben dagegen mit 96 Prozent am weitaus häufigsten angegeben, dass ihnen günstige Konditionen und niedrige Beiträge besonders wichtig sind. Für ein auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtetes Leistungsprogramm interessieren sich mit 48 Prozent besonders häufig die Kunden von Sparkassen, während dies mit 16 Prozent am seltensten für die Kunden von Direktbanken eine Rolle spielt. Ein großes und ertragsstarkes Unternehmen wünschen sich mit 23 Prozent vor allem die Befragten aus der Gruppe der Sparkassenkunden. Wesentlich seltener gaben dies dagegen die Kunden von Direktbanken mit acht Prozent als ein wichtiges Auswahlkriterium an. In der Gruppe der Kunden von Kreditbanken spielt es für 23 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle, dass der Anbieter ein bekannter Finanzdienstleister ist. Eine Filiale in der Nähe ist für 72 Prozent der Kunden von Sparkassen ein wichtiges Auswahlkriterium. Eine gute Einlagensicherung spielt mit 48 Prozent vor allem für die Kunden von Direktbanken eine wichtige Rolle. Mit 32 Prozent nannten vor allem die Sparkassenkunden verständliche Anlageprodukte besonders häufig als ein wichtiges Auswahlkriterium. Am seltensten war dies dagegen für die Kunden von Direktbanken mit 20 Prozent wichtig. Die Ergebnisse der Befragung zeigen unter anderem, dass im intensiven Wettbewerb um Neukunden eine hohe Servicequalität im Privatkundengeschäft entscheidend ist, um Wechselbarrieren zu reduzieren. Die Umfrage zeigt, dass die Kunden bei ihrem Girokonto anspruchsvoller geworden sind und verschiedene Angebote miteinander vergleichen. Daneben unterstreicht die hohe Bedeutung eines festen Ansprechpartners aber auch, dass Beratung für die meisten Kunden gerade bei komplexeren Bankgeschäften unverzichtbar ist. Punkten können Finanzdienstleister mit wettbewerbsfähigen Konditionen, Kompetenz und starken Vertriebskanälen. Denn eine große Mehrheit der Kunden wünscht sich neben guten Preisen auch umfassende Beratung, regionale Präsenz und per sönliche Betreuung. Kunden mit einem persönlichen Ansprechpartner sind im Durchschnitt deutlich zufriedener als solche ohne festen Ansprechpartner. Zudem empfehlen persönlich gebundene Kunden ihre Hausbank häufiger aktiv weiter und sind geneigter, dort auch weitere Finanzprodukte abzuschließen. Angebote werden stärker verglichen Insgesamt lässt sich eine deutliche Grundskepsis gegenüber dem Banken- und Versicherungssystem in Deutschland nicht leugnen. Lediglich 17 Prozent aller Befragten haben noch volles Vertrauen in die Banken allgemein. Bei den Versicherungen sind es sogar nur 13 Prozent. Verlorenes Vertrauen in das gesamte System gilt es also wieder aufzubauen. 52 Prozent der Befragten geben an, dass sie die verschiedenen Finanzangebote im Vergleich zu früher stärker vergleichen und prüfen. Als Folge des Vertrauensverlustes bevorzugen Privatkunden heute vermehrt sichere Anlagen wie das Tagesgeld. Aber auch die Klassiker Sparbuch und Sparkonto sind weiter gefragt. Vor allem die älteren Bevölkerungsgruppen achten bei der Auswahl einer Bank darauf, dass die Geldanlagen der Bank gut geschützt sind (Einlagensicherung). Hier geben 50 Prozent der Befragten aus der Altersgruppe ab 50 Jahren an, dass sie bei der Auswahl auf eine gute Einlagensicherung achten. Viele Geldhäuser haben bisher noch nicht den richtigen Weg gefunden, um das Vertrauen zurückzugewinnen. So glauben über die Hälfte der finanziell geschädigten Anleger, dass ihre Bank keine Lehren aus der Finanzkrise gezogen und konkrete Verbesserungen umgesetzt hat. Banken und Sparkassen sind gut beraten, in ihre Kundenkommunikation zu investieren und das Vertrauen wieder aufzubauen. Als Konsequenz aus der Finanzkrise ist für die Mehrheit der Befragten das eigene Sammeln von Informationen zum Thema Geldanlage wichtiger als vor Beginn der Krise. Nur elf Prozent befürworten Honorarberatung Ein Beratungshonorar wollen dagegen nur die wenigsten Anleger bezahlen. Die Auswertung der Jomondo-Befragung zeigt, dass mit 88 Prozent aller Befragten die große Mehrheit nicht dazu bereit ist, für eine Finanzberatung ein Honorar zu bezahlen. Nur elf Prozent der Bevölkerung wäre dagegen willens, für eine unabhängige Finanzberatung ein Honorar von bis zu 100 Euro zu bezahlen. Noch deutlich geringer ist der Anteil der Befragten (weniger als zwei Prozent der Befragten), die ein Honorar von bis zu 500 Euro zu zahlen bereit wären, um eine unabhängige Finanzberatung zu erhalten. Die Honorarberatung steht hierzulande erst am Anfang: In mehr als 90 Prozent der Fälle basiert die Vergütung für die Finanzberatung noch auf Provisionen für verkaufte Produkte. Dennoch ist ein Rückgang der Provisionsberatung aus Expertensicht nur eine Frage der Zeit. Inzwischen plädieren selbst große Finanzanbieter wie zum Beispiel Allianz Global Investors Deutschland (AGI) mit der angekündigten Einführung eines Beratungshonorars für ein völlig neues Gebührenmodell im deutschen Finanzvertrieb. Honorarberatung könnte sich zum strategisch wichtigen Standard entwickeln und so das verlorengegangene Vertrauen zurückgewinnen.

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