Demarketing

Demarketing, auch Reduktionsmarketing genannt, verfolgt im Gegensatz zum klassischen Marketing das Ziel, die Nachfrage von Konsumenten nach einem Gut oder einer Dienstleistung zu senken. Es besitzt vor allem im Rahmen des Sozio-Marketings Bedeutung, um individuell und/oder gesellschaftlich schädliche Verhaltensweisen wie den Konsum ungesunder Produkte oder die Umweltverschmutzung zu vermindern. Preispolitisch kann die Strategie staatlich durch Fiskalpolitik unterstützt werden oder distributionspolitisch durch die Lizensierung von Vertriebsstellen. Aber auch in erwerbswirtschaftlichen Betrieben werden Marketing-Instrumente zur Reduzierung oder Eliminierung von Güteraustauschprozessen eingesetzt.

Demarketing geht auf den Beitrag "Demarketing, yes, Demarketing" von Philip Kotler und Sidney J. Levy in der Harvard Business Review 6/1971 zurück. Die Autoren unterscheiden drei Arten. "General Demarketing" wird eingesetzt, wenn eine Übernachfrage besteht und ein Unternehmen keine Unzufriedenheit auslösen will, für den Fall, dass Produkte nicht mehr verfügbar sind. Beim "Ostensible Demarketing" wird dem Konsumenten eine Verknappung des Produktangebots signalisiert, um die Ware exklusiver erscheinen zu lassen. Das "Selective Demarketing" wird eingesetzt, um sich von nichtprofitablen Kunden(-gruppen) zu trennen.

Derzeit beschäftigt sich die Literatur am stärksten mit dem selektiven Demarketing und den damit verbundenen Strategien zur Steigerung der Profitabilität. Ein am ökonomischen Wert orientiertes Kundenmanagement zwingt Anbieter, sich mit dem Kundenwert auseinanderzusetzen und sich mit der Frage zu beschäftigen, wie mit nichtattraktiven Kunden umgegangen wird.

Management unprofitabler Geschäftsbeziehungen

Beim Management unprofitabler Geschäftsbeziehungen handelt es sich um eine sehr sensible Thematik. In der Literatur hat sich für das selektive Demarketing in den letzten Jahren folgendes Vier-Phasen-Modell durchgesetzt, welches auch in der Praxis Anwendung findet.

Das Modell startet mit der wertmäßigen Analyse des Kundenstamms. Dabei soll es zur Abgrenzung "unerwünschter" Kunden kommen. Wichtig bei der Berechnung des Kundenwertes ist, dass neben monetären Größen auch nichtmonetäre Aspekte (zum Beispiel Imageauswirkungen) berücksichtigt werden und dass die Analyse nicht statisch, sondern dynamisch unter Berücksichtigung des Customer Lifetime Value durchgeführt wird.

Dann folgt die Auswahl der geeigneten Trennungsstrategie. Dabei wird zwischen einer Teil- oder Totalausgrenzung entschieden. Bei einer Totalausgrenzung erfolgt die Beendigung der Kundenbeziehung. Bei der Strategie der Teilausgrenzung bleibt der Kunde beim Unternehmen, aber es werden ihm nur bestimmte Leistungen angeboten.

Die Festlegung der operativen Umsetzung ist der nächste Schritt. Als produktpolitische Maßnahme können Produkteigenschaften angepasst oder Produkte eliminiert werden. Auch durch preispolitische Maßnahmen können unerwünschte Kunden zum Verlassen bewogen werden. Es ist auch denkbar, die Kommunikationsmaßnahmen für die betreffenden Kunden zu reduzieren oder einzustellen. Anbieter können zudem versuchen, mithilfe kommunikativer Maßnahmen die Bedürfnisse der unerwünschten Kunden zu verändern oder ihnen Alternativen aufzeigen. Hinsichtlich der Distributionspolitik ist es denkbar, dass Anbieter den Zugang zu ihren Leistungen einschränken. So könnten Absatzwege an Voraussetzungen gebunden sein (Mindestbestellwert). Nicht zuletzt können Unternehmen unerwünschte Kunden zu Kooperationspartnern oder Tochterfirmen auslagern. Deren Kosten- und Kundenstruktur führt möglicherweise sogar dazu, dass diese Kunden profitabel werden.

Den Idealfall stellt eine Beendigung der Kundenbeziehung dar, die im beiderseitigen Einvernehmen stattfindet. Nachteilige Effekte für den Anbieter sind zu befürchten, wenn die Beendigung nicht im Kundeninteresse liegt und er sich schlecht behandelt fühlt. Das größte Risiko liegt in der negativen Mundpropaganda und einem daraus resultierenden Imageschaden, was zur ungewollten Abwanderung wertvoller Kunden führen kann. Gerade die Finanzdienstleistungsbranche steht immer wieder vor der Herausforderung, dass es ökonomisch notwendig sein kann, sich von bestimmten Kunden zu trennen (etwa wenn beratungsintensive Kunden weder viel Geld anlegen noch einen hohen Kreditbedarf haben oder das Ausfallrisiko zu groß ist). Der Umgang mit Demarketing sollte in jedem Fall sehr sensibel erfolgen. Dazu gehört auch, darauf zu achten, dass die Nachvollziehbarkeit des Trennungsgrundes möglich ist und trotz wirtschaftlichen Drucks ethisch verantwortungsvoll agiert wird.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
Noch keine Bewertungen vorhanden


X