Finanzwissen

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Um das Finanzwissen der Bevölkerung - sowohl der jüngeren als auch der älteren Generation - war und ist es schlecht bestellt. Studien belegen, dass die Kenntnis grundlegender, für den Einzelnen wichtiger Begriffe oft nicht vorhanden ist. In der subjektiven Selbsteinschätzung ist das Finanzwissen besser als in der Realität. Von der "Wirtschaft", aber auch der "Politik" wird das mangelnde Finanzwissen beklagt, da es negative Auswirkungen für die Volkswirtschaft hat. Es wird vermutet, dass sich der beschriebene Mangel an Wissen angesichts einer immer komplexer werdenden Wirtschaft verschärfen wird, wenn nicht entsprechende Schritte gesetzt werden, um das Wissen zu verbessern.

Das fehlende Finanzwissen verbunden mit einem geringen Interesse an wirtschaftlichen Tatbeständen führt dazu, dass Finanzinformationen - unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen - kaum beachtet beziehungsweise nur teilweise richtig verstanden werden. Die Auswirkungen wirtschaftlicher Entwicklungen auf den Einzelnen und das Ganze werden im persönlichen Verhalten oftmals ignoriert.

Drei Kernfragen

Im Kontext des geringen Finanzwissens stellen sich drei grundlegende Fragen:

- Wann soll welches finanzielle Basiswissen vermittelt werden?

- Wie soll die Vermittlung dieses finanziellen Basiswissens erfolgen?

- Wer soll dieses finanzielle Basiswissen vermitteln?

Wenn man der Frage nachgeht, was an Finanzwissen vermittelt werden soll, scheint es zweckmäßig sich auf das zu konzentrieren, was für das einzelne Individuum persönlich wichtig ist. Das ist vor allem das Wissen im Umgang mit Geld, damit Privathaushalte ihren finanziellen Haushalt in Ordnung halten. Maßgeblich ist dabei der Erwerb von Wissen zum Erhalt, zur "Lagerung"/zum Sparen und zum Ausgeben von Geld.

So früh wie möglich beginnen

Auf die Frage, wann das Wissen vermittelt werden soll, sind sich Experten einig, dass dies so früh wie möglich sein sollte. Die erste Stufe der Finanzwissensvermittlung an Kinder kann am besten über die Eltern erfolgen. Schon sehr früh und relativ schnell begreifen Kinder, dass man mit geschenktem Geld und dem Taschengeld etwas kaufen kann. Dieses Geld kommt von Dritten - den Eltern, Verwandten und/ oder Bekannten - ohne dass in den meisten Fällen eine Gegenleistung des Kindes gegenübersteht. Es sollte daher einem Kind frühzeitig bewusst gemacht werden, dass für Geld gearbeitet werden muss.

In dieser Zeit kann auch die Information über die "Lagerung" des Geldes, das Sparen, erfolgen - sei es in einer Sparbüchse oder auf einem Sparbuch. Für die Anschaulichkeit des Sparens spricht die Sparbüchse. Wenn Geld in der Sparbüchse gelagert wird, erfährt das Kind, dass es dort gut aufgehoben ist. Wenn über die Zeit mehr und mehr "gelagert" wird, kann es am Gewicht oder durch die mehr werdenden Münzen die Vermehrung des Geldes feststellen. Parallel dazu kann dem Kind das Ausgeben des Geldes näher gebracht werden. Wenn es wenig Geld hat, kann es nur Kleinigkeiten kaufen. Wenn das Geld durch Sparen mehr geworden ist, können auch größere Dinge erworben werden. In der Primarstufe (Grundschule, Volksschule), wo die erste schulische Bildung vermittelt wird, kann das Wissen zu Gelderwerb, Sparen und Geldausgeben präzisiert und erweitert werden.

Das Finanzwissen auf der zweiten Stufe, wenn Schüler die Sekundarstufe 1 (das heißt in der Regel nach acht bis zehn Schuljahren) abgeschlossen haben und berufstätig werden (oder weiter in die Schule gehen), sollte darüber hinausgehen. Mit dem Einstieg in die Berufstätigkeit ist ein Einkommen verbunden. Der Jugendliche sollte in der Lage sein, seine finanzielle Situation im Griff zu haben und keine Verpflichtungen eingehen, die zu einer überhöhten frühzeitigen Verschuldung führen. Ein Basiswissen für den Umgang mit Geld ist in diesem Alter nicht nur für die Schulabgänger wichtig, sondern auch für jene, die weiterbildende Schulen besuchen, da auch sie mit zunehmenden Ausgaben zum Beispiel für das Smartphone konfrontiert sind.

Schule kann einen Beitrag leisten

Für das notwendige Finanzwissen können einerseits die Eltern sorgen, aber auch die Schulen können hier einen wesentlichen Teil leisten, um die Jugendlichen das "Geldleben" zu lehren. Es geht dabei unter anderem um das Wissen vom Girokonto, das benötigt wird, um Geld überwiesen zu bekommen, das Wissen, wie über das Geld verfügt werden kann - sei es durch Überweisungen oder durch Dauerüberweisungen/Abbuchungsaufträge oder mit Karten. Dabei sollen die Jugendlichen sowohl auf die Konsequenzen des Schuldenmachens zum Beispiel in Form von Kontoüberziehungen als auch auf für sie geeignete Sparformen aufmerksam gemacht werden.

Sekundarstufe 2 gefordert

Spätestens mit der Volljährigkeit sollten die jungen Menschen nicht nur über ein Basiswissen zu Sparen und Schulden verfügen, sondern sowohl beim Sparen als auch bei einem Kredit möglichst viel über die Themen Zinsen und Zinseszinsen wissen. Je höher die Zinsen sind desto problematischer ist die Rückzahlung eines Kredits und je niedriger diese sind, desto mehr Überlegungen sollten sie für die Wahl der Sparform aufwenden. Die Zinshöhe ist beim Sparen wichtig, da bei geringer Nominalverzinsung aufgrund der Inflation oft wenig reale Verzinsung übrig bleibt. In diesem Alter sind die Schulen der Sekundarstufe 2 gefordert. Experten empfehlen, dass für die Wissensvermittlung ein eigenes Schulfach eingeführt werden sollte. Die Finanzthemen nur nebenbei in einem anderen Fach oder mehreren Fächern zu unterrichten, ist nicht optimal. Offen ist die Frage, wer den frühzeitig in einen Beruf Eingestiegenen dieses Wissen beibringen soll.

Marktforschungen und die Realität zeigen, dass viele Leute kaum finanzielle Planung haben und finanzielle Risiken auf sich nehmen, ohne diese zu realisieren. Sie zeigen, dass einige zwar nicht ganz ahnungslos sind, aber die Folgen ihrer finanziellen Entscheidungen nicht wirklich abschätzen können und sich (zu) hoch verschulden, weil sie Schwierigkeiten, die Schulden zurückzuzahlen, nicht erkennen.

Viele kommen in finanziellen Notsituationen, die zum Beispiel nach einer Scheidung oder bei Arbeitslosigkeit auftreten können und bekommen diese nur schwer oder gar nicht in den Griff. Viele achten nicht darauf, dass sie für die Pension vorsorgen müssen.

Neben den Pflichtschulen, die sich dem Finanzwissen widmen sollten, können die Volkshochschulen als Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung Finanzwissen auf freiwilliger Basis vermitteln. Auch Verbraucherschutzorganisationen können (wenngleich in der Regel eingeschränkt auf den Kauf von Waren und Dienstleistungen) zur Verbesserung der wirtschaftlichen Allgemeinbildung beitragen. Aber auch Fernsehen, Radio, Tageszeitungen und Zeitschriften sowie die sozialen Medien spielen als wichtige Informationsquellen eine wesentliche Funktion bei der Verbreitung von Finanzwissen.

Was kann die Kreditwirtschaft beitragen?

Spannend ist die Frage, was die Kreditwirtschaft - die Privatbanken, die Sparkassen, die Genossenschaftsbanken und die öffentlichen Banken - sowie die Notenbank zur Verbesserung des Wirtschaftswissens beitragen können. Seitens der OECD sollte das Teil der "Good Governance" von Finanzinstitutionen sein. Ein Beitrag dazu kann in diversen zielgruppenorientierten Aktivitäten Richtung Lehrer und Schüler gehen. Der Beitrag dazu kann eine deutliche Differenzierung zur geschäftlichen Beratung (mit dem Ziel Verkauf) im Sinne einer Bereitstellung von wirtschaftlicher Allgemeinbildung und klaren und verständlichen Informationen insbesondere für wirtschaftlich nicht gut Gebildete sein. Aber auch für andere Zielgruppen (Studenten) beziehungsweise für die nicht mehr im Bildungssystem stehenden Teile der Bevölkerung müssen Angebote geschaffen werden, um das geringe Finanzwissen zu erhöhen. Es darf nicht vergessen werden, dass Fortschritte bei der finanziellen Allgemeinbildung auch Fortschritte bei der wirtschaftlichen Entwicklung bedeuten. So ist beispielsweise gutes Finanzwissen eine wichtige Voraussetzung für die Veranlagung in komplexere Sparformen.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at

Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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