Gamification

Es liegt im Wesen der meisten Menschen, dass sie sich gerne von spielerischen Anwendungen unterhalten lassen. Die Grundidee an sich ist nicht neu. Durch die digitalen Möglichkeiten hat sich das Anwendungsfeld jedoch deutlich vergrößert und der Einsatz von Gamification im E-Commerce und Lernspielen zur Wissensvermittlung sowie in der Mitarbeitermotivation gewinnt an Bedeutung.

Es besteht zwar keine einheitliche Definition, aber den meisten Abgrenzungsversuchen ist gemeinsam, dass es sich bei Gamification um die Nutzung von Spielelementen und Spieldesigntechniken in spielfremden Bereichen handelt. Spielfremde Bereiche beziehen sich auf alles, was nicht um des Spiels willen geschieht. Spiele werden somit abseits ihrer üblichen erwarteten Einsatzbereiche angewandt.

Gamification entstand aus der Idee der Nutzung des Spieltriebs der Menschen. Eine Aktivität wird zu einem Spiel, wenn ein Ziel, Regeln, Feedback-System und freiwillige Teilnahme gegeben sind. Das Ziel definiert das spezifische Ergebnis und ist die Eigenschaft, die dem Spiel einen Sinn gibt. Die Regeln schränken die Wege zur Zielerreichung ein und fördern die Kreativität und das strategische Denken. Wichtig für einen hohen Spaßfaktor sind leicht verständliche Regeln und eine intuitive Bedienmöglichkeit. Das Feedback-System gibt Auskunft über die Zielerreichung, erfolgt in Form von Punkten, Levels, Spielständen oder Fortschrittsbalken und soll die Motivation zum Weiterspielen aufrechterhalten. Eine freiwillige Teilnahme und die Möglichkeit des Austritts stellen den Unterhaltungsfaktor sicher und fördern das Akzeptieren von Regeln.

Marketingseitig können unterschiedliche Stufen des Engagements unterschieden werden. Die erste ist der direkte Kontakt zur Marke oder dem Unternehmen. Die Nutzer interagieren mit den Produkten und Leistungsangeboten. Das Engagement ermöglicht Selbsterfahrung innerhalb einer vorgegebenen Spielumwelt. Im Falle eines gemeinschaftlichen Engagements kann ergänzend eine Interaktion mit anderen Nutzern erfolgen, was den Dialog und Aufbau einer Gemeinschaft fördert. Gamification stellt eine wirksame Möglichkeit dar, um Informationen zu verbreiten, Konsumentenverhalten oder Entscheidungsprozesse zu beeinflussen und die Produkt- beziehungsweise Markenwahrnehmung positiv zu verändern sowie das Zielpublikum zu einem spezifischen Thema zu motivieren.

Unternehmensinterne und -externe Anwendungen

Die Einsatzgebiete von Gamification sind sehr vielfältig und können interne oder externe Anwendungen umfassen. Die internen Anwendungen richten sich an die eigenen Mitarbeiter. Bei internen Schulungen können Gamification-Elemente zum Beispiel zur spielerischen Überprüfungsmöglichkeit des Lernerfolgs mit Belohnungsfaktor eingebaut werden. Ein Beispiel ist das "Language Quality Game" von Microsoft. Um Fehler in Dialogfenstern und Benutzeroberflächen zu vermeiden, gamifizierte Microsoft die Fehlersuche. Muttersprachliche Mitarbeiter suchten nach Fehlern und es entstand ein Wettbewerb zwischen den Niederlassungen. Der Erfolg war, dass mehr als 4 000 Angestellte freiwillig in über einer halben Million Dialogfenstern nach Fehlern suchten und dabei 7 000 entdeckten. Bei den externen Anwendungen liegt der Fokus auf bestehenden oder potenziellen Kunden. Dazu gehören auch die "Advergames", welche die Bekanntheit einer Marke und die emotionale Einstellung zu ihr verbessern sollen und in den meisten Fällen kostenlos auf der Homepage des Unternehmens gespielt oder von ihr heruntergeladen werden können. Alle externen von Unternehmen betriebenen Anwendungen haben gemeinsam, dass sie Emotionen auslösen, Kunden aktivieren und letztendlich zum Kauf führen sollen. Der Einkauf wird durch Gamification zu einem besonderen Erlebnis. Viele Anwendungen nützen dafür die sozialen Plattformen im Internet, um Wettbewerbe und das Veröffentlichen und Teilen von Informationen zu fördern.

Gamification besitzt auch in der Finanzdienstleistungsbranche großes Potenzial und kann unterstützend und ergänzend wirken, um Mitarbeiter, Kunden und die Öffentlichkeit besser anzusprechen und Informationen, zum Beispiel über Produktneuheiten zugänglich zu machen. Bedeutung gewinnt Gamification auch in der Marktforschung. Da es immer schwieriger wird, Probanden für die Teilnahme zu motivieren, stellt Gamification mit seinen Spielelementen eine interessante Möglichkeit dar, das Interesse an der Teilnahme von Befragungen zu steigern. Obwohl die Einsatzbereiche sehr vielfältig sind, sollte man die Verwendung spielerischer Elemente nicht übertreiben, da ein zu häufiger Einsatz auch negative Reaktionen hervorrufen kann.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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