Sustainable Marketing

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Sustainable Marketing unterscheidet sich vom Marketing-Mainstream dadurch, dass es auf Nachhaltigkeit setzt, weshalb es auch Nachhaltigkeitsmarketing genannt wird. Die dem Marketing zugrundeliegende Unternehmenspolitik ist - bedingt durch die Wettbewerbsgesellschaft - oftmals auf den wirtschaftlichen Erfolg fokussiert, weshalb sich die Marketingstrategie und -umsetzung zumeist an der ökonomischen Dimension orientiert und ein starker Fokus auf den Jahres- und Quartalszahlen liegt.

Allgemein kann man die Wirtschaftsweise eines Unternehmens dann als ökonomisch nachhaltig bezeichnen, wenn sie dauerhaft betrieben wird und den Fortbestand des Unternehmens sicherstellt und nicht gefährdet (zum Beispiel Spekulationsverbot).

Mehrdimensionaler Ansatz

Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird im Sustainable Marketing aber nicht nur eindimensional im Sinne der ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit verstanden, sondern zur beschriebenen ökonomischen Nachhaltigkeit werden die ökologische und die soziale Nachhaltigkeit hinzugefügt. Dieser mehrdimensionale Ansatz bedingt eine Unternehmenspolitik, die nicht nur im Marketing Wert auf Nachhaltigkeit legt, wenngleich der Aspekt der Nachhaltigkeit auch einen immer stärkeren Einfluss auf das Kaufverhalten hat. So wollen beispielsweise immer mehr Konsumenten/ Kunden und potenzielle Kunden wissen, ob ein Unternehmen, das ihnen etwas anbietet beziehungsweise bei dem sie etwas nachfragen, nachhaltig agiert.

Die beiden im Sustainable Marketing hinzugefügten Dimensionen (die ökologische und die soziale Komponente) bilden den Kern der in den letzten Jahren primär von außen an die Unternehmen und deren Marketing getragenen Nachhaltigkeitsdiskussion.

Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit verfolgt vorrangig zwei Ziele.

- Beim ersten Ziel geht es darum, keinen Raubbau an den Lebensgrundlagen zu betreiben. Diese Zielsetzung entspricht auch dem Begriffsursprung der "Nachhaltigkeit", der in der Forstwirtschaft liegt.

- In der zweiten Zielsetzung der ökologischen Dimension geht es darum, die Lebensgrundlagen zu schützen. Die Treiber dieser Entwicklung waren unter anderem gravierende Unfälle sowohl im Bereich der chemischen Industrie (zum Beispiel Seveso) als auch der Atomwirtschaft (zum Beispiel Fukushima).

Die sozialen Dimension verfolgt das Ziel, dass alle Stakeholder insbesondere die Kunden, potenziellen Kunden/Konsumenten, die Mitarbeiter, aber auch Dritte, die zum Unternehmenserfolg beitragen, fair behandelt werden, um auf diese Weise einen Beitrag zur sozialen Kohärenz zu leisten (Stichwort: Inklusion).

Im Sustainable Marketing wird bei der verfolgten Marketingstrategie und den eingesetzten Marketinginstrumenten nicht nur die ökonomische Dimension, sondern auch die ökologische und die soziale Dimension berücksichtigt. Ökonomischer Erfolg wird mit einem ökologischen und sozialen Mehrwert verbunden. Eine gut umgesetzte Nachhaltigkeit soll nicht nur die ökonomischen, sondern auch die ökologischen und sozialen Probleme verringern beziehungsweise vermeiden. Für eine erfolgreiche Umsetzung müssen die Vorstellungen der entsprechenden Zielgruppen proaktiv berücksichtigt werden.

Die operative Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Produktpolitik ist bei Produktionsund Handelsunternehmen transparenter als bei den meisten Dienstleistungsunternehmen, insbesondere bei den Finanzdienstleistern. Ein Produktionsunternehmen hat - sofern es der Absatzmarkt zulässt - mehr Möglichkeiten, ökologisch und sozial nachhaltig zu produzieren. Ebenso kann ein Handelsunternehmen - sofern es seine Nachfrager akzeptieren - durch sein Einkaufsverhalten ökologisch und sozial hergestellte Produkte präferieren.

Faire Preise und Geschäftsbedingungen

Auch bei Dienstleistungsunternehmen sollten die Produkte fair konzipiert werden und für alle Interessenten grundsätzlich erwerbbar sein. Als positives Beispiel für eine Inklusion kann das (von der EU initiierte) Basis-Girokonto "für alle" angeführt werden. Bei der Geldanlage im Bankgeschäft muss im Sinne der Umsetzung des Sustainable Marketing darauf geachtet werden, dass diese nachhaltig sind. Bei Finanzierungen muss zum Beispiel darauf geachtet werden, dass diese keine Risiken zulasten der Kunden enthalten, die von diesen finanziell nicht verkraftet können.

Die ökologische und soziale Dimension der Preispolitik ist im Sustainable Marketing in der Regel durch faire Preise und faire Geschäftsbedingungen gekennzeichnet. Ein versteckter Preisaushang oder nur schwer zu findende Preisinformationen auf der Homepage beziehungsweise schwer zu findende eventuell noch intransparente und schwer verständliche Geschäftsbedingungen sind ein No-Go im Sinne der Nachhaltigkeit. Etwaige Skandale, die durch unfaire Preise und/oder Geschäftsbedingungen entstehen und im Extremfall bis zu Gerichtsprozessen führen, können zu einer massiven Belastung von Unternehmen führen.

Transparente Kommunikation

Im Sinne des Sustainable Marketing werden aber nicht nur die Geschäftsbedingungen einfach und fair gestaltet, sondern die gesamte kundengerichtete Kommunikation, inklusive aller Prospekte und Kundendrucksorten, wird transparent formuliert. Das gilt auch für die persönliche Information, die verständlich für den Kunden gestaltet ist. Eine allgemein für jedermann in der Zielgruppe verständliche Sprache sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Auch bei der Werbung - unabhängig davon, ob diese in den klassischen alten oder in den neuen Medien stattfindet, wird auf nachhaltige Kommunikation gesetzt. Eine Auswertung der Produktbewertungen und deren Echo in den sozialen Medien zeigt, dass sich die Konsumenten, potenzielle Kunden und Kunden mehr Transparenz wünschen - sowohl über das Unternehmen als Gesamtes als auch in Bezug auf die von ihm angebotenen Produkte. Unternehmen sollen auf Augenhöhe kommunizieren, um von ihren Kunden ernst genommen zu werden.

Nachhaltige Filialen

In der Vertriebspolitik ist es im Sustainable Marketing eine Selbstverständlichkeit, den stationären Vertriebsapparat (Filialen) ökologisch auszurichten und entsprechend zu gestalten. Bei der Beratung und dem Verkauf besteht die Nachhaltigkeit vor allem darin, dem jeweiligen Kunden das anzubieten, was er tatsächlich benötigt, ihn aber gleichzeitig auch auf Risiken hinzuweisen und ihn in keiner Weise durch das angebotene Produkt zu übervorteilen. Im indirekten Vertrieb ist darauf zu achten, dass die jeweiligen Vertriebspartner nachhaltig vorgehen.

Der Grund dafür, dass Sustainable Marketing zurzeit nur von einigen Branchen aktiv betrieben wird, liegt darin, dass nur ein kleiner Teil der Konsumenten darüber informiert ist, wie nachhaltig ein Unternehmen handelt und wie nachhaltig seine angebotenen Produkte sind. Es ist aber ein klarer Trend beobachtbar, dass immer mehr Konsumenten wissen wollen, ob und inwieweit Unternehmen ihre ökologische und soziale Verantwortung wahrnehmen und ihr Produktangebot dementsprechend gestalten.

Auf dem Weg zum Megatrend

Das Thema Nachhaltigkeit ist auf dem Weg, ein Megatrend zu werden, der das Denken der Konsumenten immer stärker beeinflusst und in Zukunft alle Branchen und Produktkategorien umfassen wird. Grundsätzlich kann jedes Unternehmen sein Marketing - in der Marketingstrategie und in deren Umsetzung - nachhaltig ausrichten.

Das zunehmende Nachhaltigkeitserfordernis betrifft auch die Branche der Finanzdienstleister, wenngleich aufgrund deren Produktangebot viele Nachhaltigkeitsanstrengungen, die bei Unternehmen mit materiellen Produkten eine offensichtliche Notwendigkeit darstellen, auf den ersten Blick nicht erforderlich scheinen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Sustainable Marketing großes Potenzial schlummert, das bei vor allem bei Finanzdienstleistern bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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