Altersvorsorge: Zu viel Komplexität durch PEPP?

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Am 3. November hat sich der Bundesrat mit dem Vorschlag der EU-Kommission für ein europaweites Altersvorsorgeprodukt (Pan European Pension Produkt - PEPP) vom Sommer 2017 auseinandergesetzt. Dabei hat die Ländervertretung das Ziel, die private Altersvorsorge attraktiver zu machen, zwar begrüßt, gleichzeitig aber eine Reihe von Bedenken angemeldet. Im Wesentlichen ist der Bundesrat damit den Empfehlungen der Ausschüsse für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) sowie für Familie und Senioren (FS) gefolgt.

Uneingeschränkt empfehlenswert?

Eine der Forderungen: Es muss der Eindruck vermieden werden, dass Verbraucher durch die Kennzeichnung eines Angebots als PEPP den Eindruck erhalten, dass diese Produkte grundsätzlich empfehlenswert seien. Denn in diesem Fall könnten Verbraucher bei einer Beratung weniger kritisch hinterfragen, inwieweit ein angebotenes Produkt zu ihren eigenen Bedürfnissen passt. Oder sie könnten gar ganz auf eine Beratung verzichten, weil sie diese für PEPPs nicht für notwendig halten. Und dann wiederum besteht die Gefahr, dass Produkte abgeschlossen werden, die für den Einzelnen gar nicht passen.

Diese Sorge ist sicher berechtigt. Andererseits stellt sich die Frage, wie ein europäisches Vorsorgeprodukt die private Altersvorsorge voranbringen soll, wenn der Abschluss eben nicht als generell empfehlenswert vorausgesetzt werden kann, wobei nur das eine Produkt besser, das andere weniger zum Kunden passt. Um zu verhindern, dass Kunden zu riskante Produkte abschließen beziehungsweise bei einer Auszahlung auf einen Schlag das angesparte Vermögen vorzeitig ausgeben, fordert der Bundesrat im Einklang mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine lebenslange Auszahlung sowie zumindest den Erhalt der eingezahlten Beiträge und einer staatlichen Förderung - auch bei einem Wechsel des Anbieters. Dazu gehört auch eine Insolvenzsicherung. Diese Forderungen werden der künftigen Bundesregierung als Arbeitsauftrag für die Verhandlungen mitgegeben.

In der Mitnahmefähigkeit könnte eine weitere Crux liegen: Hier sieht der Bundesrat mögliche Auswirkungen auf die deutsche Konzeption der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, etwa wenn die im jeweiligen Wohnsitzmitgliedstaat bestehenden Steueranreize genutzt werden können. Auch in der Auszahlungsphase der geförderten Altersvorsorge könnte es steuerliche Konsequenzen geben. Die Assekuranz hat an dieser Stelle ganz andere Sorgen: Die im Verordnungsvorschlag vorgesehene Verfahrensweise wird als zu bürokratisch und aufwendig gesehen.

Keine Absenkung von Standards

Bei der vertragsrechtlichen Gestaltung geht es weiter: Was ist mit dem Widerrufsrecht, der Möglichkeit zur Beitragsfreistellung, zur Kündigung und zum Rücktritt bei Verletzung von Informationspflichten? Und welches nationale Vertragsrecht soll bei Mitnahme ins Ausland jeweils Anwendung finden? Hier sieht der Bundesrat sicher zu Recht die Gefahr, dass die Durchsetzung der Verbraucherrechte erheblich erschwert werden dürfte, wenn Verbraucher sie vor einem ausländischen Gericht nach den im Sitzstaat des Anbieters geltenden gesetzlichen Regelungen einklagen müssen. Generell lautet die Forderung: Es darf nicht zu einer Absenkung von Standards kommen. Denn die Altersvorsorge gewinnt nur dann an Attraktivität, wenn sich aus Verbrauchersicht Vorteile für die Vorsorgenden ergeben.

Diese Vorteile sind zumindest mit Blick auf den deutschen Markt noch nicht uneingeschränkt erkennbar. Und so bleibt der Bundesrat unter dem Strich skeptisch: Aus Verbrauchersicht gebe es in Deutschland bereits heute eher zu viele als zu wenige Angebote für private Altersvorsorge. Der Markt, Vergleichbarkeit, Rendite und Sicherheit der Angebote seien unübersichtlich. Wenn es sich bei PEPP in der Praxis nun nicht um ein Standardprodukt handelt, sondern je nach Anbieter eine Vielzahl unterschiedlicher Varianten angeboten wird, dann bestehe die Gefahr, dass die Komplexität im Bereich der zusätzlichen Altersvorsorge weiter erhöht wird.

In der breiten Medien-Berichterstattung ist die Diskussion um das europäische Vorsorgeprodukt noch nicht angekommen. Die bisherigen Anmerkungen zum Entwurf der EU-Kommission lassen aber darauf schließen, dass das Thema noch kontrovers diskutiert werden wird. Und das wird der privaten Vorsorge zumindest in Deutschland nicht gut tun. Dies haben die Diskussionen um Riester zur Genüge gezeigt. Berater werden deshalb vermutlich weiterhin damit rechnen müssen, gegen eine Verunsicherung ihrer Kunden bezüglich der künftigen Rahmenbedingungen anreden zu müssen.

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