Betriebsrentenstärkungsgesetz: Unternehmen sind eher skeptisch

Für Unternehmen, die aus Haftungsgründen oder wegen der drohenden Anrechnung auf die staatliche Grundsicherung für Niedrigverdiener bislang keine betriebliche Altersversorgung angeboten haben, bietet die angedachte bAV-Reform von Andrea Nahles interessante Antworten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Willis Towers Watson, für die im Februar 107 bAV-Verantwortliche aus Unternehmen in Deutschland zu ihrer Einschätzung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes und zu daraus resultierenden Anpassungsplänen befragt wurden. Zwei Drittel der Unternehmen gehören dem Mittelstand an, ein Drittel waren Großunternehmen. 97 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bieten bereits eine betriebliche Altersversorgung an. Inwieweit das Gesetz das Potenzial hat, auch "bAV-Neulinge" für ein Angebot zu motivieren, kann die Studie insofern nur eingeschränkt beantworten.

Unternehmen, die bereits betriebliche Pensionspläne anbieten, sehen die bAV-Reform überwiegend neutral. 61 Prozent von ihnen gehen davon aus, dass sie die bAV "weder stärken noch schwächen" wird. Die für das eigene Unter nehmen relevanten Probleme sehen nur sieben Prozent der Befragten durch das Reformpaket adressiert. Der überwiegenden Mehrheit hilft die Reform nicht (51 Prozent) oder nur teilweise (42 Prozent). Angesichts der Zielsetzung des Gesetzes, betrieblichen Vorsorgesystemen zu weiterer Verbreitung zu verhelfen, ist das wenig überraschend. Bestehende Systeme standen schlicht nicht im Fokus. Allerdings kann auch deren Weiterentwicklung von elementarer Bedeutung für die Verbreitung sein. Hier sieht Willis Towers Watson deshalb weiteren Handlungsbedarf.

Die dringlichsten Probleme aus Unternehmenssicht sind die Sozialversicherungsbeiträge auf Betriebsrentenauszahlungen und der im Vergleich zum HGB-Rechnungszins hohe steuerliche Rechnungszins für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Auch bei einer "schlanken Umsetzung und Verwaltung der bAV" hilft die Reform nicht.

Wunsch nach "Enthaftung" nicht vordringlich

Der Wunsch nach einer "Enthaftung von der bAV", wie sie das Gesetz vorsieht, wird erst an vierter Stelle genannt. Das gibt zumindest einen Hinweis darauf, was die reine Beitragszusage für eine weitere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung bedeuten kann. Denn wenn die Haftungsfragen für jene Unternehmen, die bisher schon eine bAV anbieten, von eher untergeordneter Bedeutung ist, dann lässt sich daraus schließen, dass sie auch für jene, die sich bisher zurückhielten, nicht unbedingt das entscheidende Argument gegen ein bAV-Angebot war. Damit wiederum könnte die Wirkung des Garantieverbots im Sinne einer großen Zahl an Unternehmen, die neu in die betriebliche Altersversorgung einsteigen, möglicherweise deutlich hinter den Zielen der Politik zurückbleiben.

Jene Unternehmen, die bereits eine bAV anbieten, sind in ihrer Beurteilung der Erfolgsaussichten der Reform jedenfalls nicht allzu euphorisch. Nur 41 Prozent sehen eine Chance, dass die Reform ihr Ziel - die weitere Verbreitung der bAV im Mittelstand - zumindest teilweise erreicht, davon sind Großunternehmen sowie Mittelständler überzeugt. Noch kritischer ist ihr Statement zum Problem der Altersarmut: Sie werde durch das Reformpaket nicht (63 Prozent) oder allenfalls teilweise (33 Prozent) verringert.

Jedes vierte Unternehmen plant reine Beitragszusage

Gleichwohl zeigen sich die Unternehmen, die bereits über eine bAV verfügen, gegenüber den neu geschaffenen Möglichkeiten erstaunlich offen. Zwei Drittel (67 Prozent) wollen ihr bAV-Angebot so lassen, wie es ist. Doch immerhin ein knappes Viertel (23 Prozent) will nach der Reform reine Beitragszusagen ohne Garantien einführen.

Die automatische Abführung von bAV-Beiträgen aus den Gehältern der Mitarbeiter (das sogenannte "Opting out") ziehen allerdings lediglich 11 Prozent in Erwägung - obwohl 72 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland diese Möglichkeit begrüßen, wie eine andere Umfrage, der Global Benefits Attitudes Survey von Willis Towers Watson, zeigt.

Dem Ausbau der bAV für Geringverdiener stehen die Unternehmen mit bAV verhalten gegenüber. Obwohl Mitarbeiter mit kleinem Budget nach dem geplanten steuerlichen Fördermodell im Rahmen der bAV selbst nicht verpflichtet sind, zusätzliche Eigenbeiträge zu leisten, werde sie das nicht (47 Prozent) oder nur teilweise (49 Prozent) motivieren, für ihr Alter vorzusorgen, schätzen die Unternehmen.

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