Lebensversicherung: Verbraucherschützer warnen vor "Neue Klassik"

"Wer später eine sichere monatliche Rente beziehen möchte, sollte keine der neuartigen privaten Rentenversicherungen abschließen, die aktuell unter den Namen 'Neue Klassik' und Indexpolicen abgeschlossen werden." Zu diesem Urteil kommt die Stiftung Warentest in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest.

Dieses Urteil ist für die Versicherungsbranche vermutlich ein Schlag ins Kontor, haben sich doch immer mehr Anbieter zum großen Teil aus den klassischen Garantien oder zumindest dem aktiven Vertrieb entsprechender Produkte zurückgezogen. Dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) zufolge gehören mittlerweile rund vier von zehn neu abgeschlossenen Verträgen zum neuen Typ. "Diese Kunden verzichten zugunsten höherer möglicher Renten bewusst auf einen Teil der bisher üblichen klassischen Garantien", heißt es dazu vom GDV.

Bewusste Entscheidung?

Diese Beschreibung ist möglicherweise ein wenig euphemistisch. Schließlich legen viele Berater längst keine Produkte mit klassischen Garantien mehr auf den Tisch, um den Kunden den Vergleich zu ermöglichen. Von einer "bewussten" Entscheidung kann man deswegen in vielen Fällen gar nicht sprechen. Denn die setzt einen Vergleich der Merkmale, Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Produktvarianten voraus. Dazu kommt es oftmals aber nur noch dann, wenn der Kunde ausdrücklich nach Policen älteren Typs mit klassischen Langzeitgarantien fragt.

Das heißt nicht automatisch, dass die Berater ihren Kunden bevorzugt solche Produkte anbieten, die primär für den Versicherer vorteilhaft sind. Denn natürlich sind Verträge mit einem Garantiezins von 1,25 Prozent beziehungsweise ab 2017 nur noch 0,9 Prozent für die Kunden auch nicht übermäßig attraktiv - zumal mit der Perspektive, dass die Überschüsse, die diese Rendite noch aufstocken werden, in absehbarer Zeit wohl eher sinken als nennenswert steigen werden.

Im direkten Vergleich werden sich viele Kunden deshalb vermutlich tatsächlich für die "Neue Klassik" entscheiden, zumal die neuen Produkte im Vergleich zur klassischen Fondspolice meist ein Mehr an Sicherheit bieten. Diesen Vergleich sollte die Beratung aber auch wirklich leisten.

Was ist die Alternative?

Über die pauschale Verurteilung der neuen Vorsorgeprodukte kann man indessen sicher streiten - nicht nur, weil die generelle Warnung vor den neuen Garantiemodellen gewissermaßen die Axt an nahezu die Hälfte des Neugeschäfts der Lebensversicherer legt. Denn das vernichtende Urteil dürfte erheblich dazu beitragen, die ohnehin bereits hohe Verunsicherung der Verbraucher in Sachen Vorsorge noch weiter zu steigern - mit dem Resultat, dass noch mehr Menschen sich in Sachen Altersvorsorge zurückhalten und gar nichts unternehmen.

Und das wäre zweifellos der größte Fehler. Ob Finanztest den Verbrauchern mit dem pauschalen Negativurteil bezüglich der neuen Garantiemodelle wirklich einen Gefallen getan hat, ist deshalb zweifelhaft.

Dies gilt umso mehr, als keine wirklich brauchbare Alternative aufgezeigt wird. Ungeförderte Rentenversicherungen jeglicher Art lohnen sich kaum noch, so heißt es weiter. Sprich: Auch Verträge mit klassischem Garantiemodell sollte man meiden. Geraten wird stattdessen zu staatlich geförderten Produkten: Riester, Rürup oder bAV. Doch auch das ist nur begrenzt glaubwürdig, nachdem Verbraucherschützer jahrelang die Sinnhaftigkeit von Riester-Verträgen infrage gestellt haben.

Was also sollen Berater ihren Kunden empfehlen, wenn die jenseits von Riester-oder Rürup-Vertrag noch eine weitere Vorsorgemaßnahme suchen? Wird die Versicherung als Vorsorgeprodukt pauschal verworfen, bleibt im Grunde nur noch das Wertpapiersparen. Das ist nicht verkehrt - passt aber auch nicht zu jedem Kunden.

Und wer wie Finanztest bei den Versicherungsprodukten der neuen Generation "ein Glücksspiel mit den Überschüssen" sowie die Tatsache beklagt, dass der Verbraucher nicht weiß, mit wie viel Geld er im Alter wird rechnen können, der dürfte konsequenterweise auch keinen Fondssparplan empfehlen. Selbst Versicherungsprodukte mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor sind einer rein wertpapierbasierten Altersvorsorge in Sachen Sicherheit immer noch ein Stück voraus - von der Absicherung des biometrischen Risikos der Langlebigkeit ganz zu schweigen.

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