Restkreditversicherung: Vertriebspraxis bleibt umstritten

Wenn Verbraucherschützer den Vertrieb von Restkreditversicherungen unter die Lupe nehmen, kommt Gruseliges dabei heraus. Es entsteht das Bild des genötigten Verbrauchers, der nolens volens nur deshalb eine Restschuldversicherung abschließt, weil sie quasi als automatischer Bestandteil des Kreditvertrags mit verkauft und nicht als bloße Option angeboten wird. Verbraucher hätten demnach zumindest das Gefühl, dass ihr Finanzierungswunsch nicht erfüllt würde, wenn keine Absicherung durch eine entsprechende Police erfolgt. Zumindest aber erhalte die überwiegende Mehrheit der Kunden kein Kreditangebot ohne Restkreditversicherung - und nicht jeder wagt, danach zu fragen, ob der Abschluss denn tatsächlich Voraussetzung für die Kreditvergabe ist.

In einer Erhebung des Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. (VZBV), Berlin, aus dem Jahr 2013, auf die Dorothea Mohn auf dem Privatkundenforum 2014 Bezug nahm, gaben 51,6 Prozent der Verbraucher an, die Restkreditversicherung sei Bedingung für die Kreditvergabe gewesen, 26,8 Prozent antworteten mit Nein. Und ein relativ hoher Anteil von 21,7 Prozent konnte sich nicht mehr erinnern - was vielleicht auch die anderen Werte ein Stück weit mit einem Unsicherheitsfaktor versieht. 94 Prozent der Befragten hatten kein Angebot ohne Restkreditversicherung erhalten. Die aktuellen Erfahrungen der Verbraucherzentale, so Mohn, bestätigen diese Werte bis heute.

Der Sensibilität des Themas wegen lässt auch der Bankenfachverband das Thema regelmäßig durch die GfK untersuchen. Mittlerweile liegen Studien aus den Jahren 2008, 2013 und, erst im Oktober veröffentlicht, 2014 vor. Diese Studien jedoch zeichnen ein ganz anderes Bild: 2008 lag der Anteil der Befragten ohne Police bei 56 Prozent, 2013 gaben 72 Prozent an, keine Restschuldversicherung zu ihrem Ratenkredit abgeschlossen zu haben, im Juli 2014 waren es 74 Prozent.

Penetrationsrate zwischen 24 und 28 Prozent

Seit 2009 verändert sich unter den Kreditnutzern die Penetrationsrate mit Restkreditversicherung nur um wenige Prozentpunkte und bewegt sich zwischen 24 und 28 Prozent. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit des Produkts sind auf Konsumentenseite durchaus geteilt. 2014 halten es 36 Prozent der Studienteilnehmer für sinnvoll, 32 Prozent für nicht sinnvoll, weitere 32 Prozent bewegen sich mit ihrer Einschätzung dazwischen. Der Anteil derjenigen Kunden, die eine Restkreditversicherung abschließen, liegt also noch einmal unter der Quote jener, die sie grundsätzlich für sinnvoll halten.

Diese Werte können im Umkehrschluss nur bedeuten, dass die Restkreditversicherung im Rahmen des Finanzierungsangebots in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zur Bedingung gemacht, sondern optional angeboten wird, ganz wie es die Verbraucherschützer fordern. Schließlich beziehen sich die Antworten auf Verbraucher, die einen Ratenkredit nicht nur beantragt, sondern auch tatsächlich abgeschlossen haben.

Dass soll nicht heißen, dass es die vom VZBV angeprangerten Fälle nicht gibt. Aber die genannten Ergebnisse zeigen vermutlich nur einen Teil der Wahrheit. Schließlich schlagen bei den Verbraucherzentralen in aller Regel eher die unzufriedenen als die zufriedenen Kunden auf. Wenn man also der GfK nicht unterstellen will, bei ihrer "repräsentativen Stichprobe der deutschen Haushalte bis 75 Jahre", wie es in der Beschreibung des Studiendesigns heißt, wissenschaftlich unsauber gearbeitet zu haben, betätigen sich die Vertriebspartner der Assekuranz an dieser Stelle offensichtlich doch nicht so sehr als "Drückerkolonne", wie es manchmal nahegelegt wird.

Wenn offenbar in fast allen Fällen die Versicherungspolice mit angeboten wird, muss das kein Nachteil sein - im Gegenteil. Den Hinweis darauf, dass es eine solche Absicherungsmöglichkeit gibt, halten drei Viertel der Kreditnutzer sogar für sinnvoll, wie die GfK-Studie des Bankenfachverbands 2008 ergab. Dass die Abschlussrate des Annexprodukts Restkreditversicherung bei Autohändlern (34 Prozent der Kreditnehmer) und Kreditinstituten (33 Prozent) der Studie von 2013 zufolge am höchsten ist, muss also nicht automatisch bedeuten, dass hier der Vertriebsdruck am höchsten ist. Es könnte genauso gut ein Hinweis darauf sein, dass dort intensiver beraten wird als im Einzelhandel oder bei sonstigen Kreditabschlüssen - die schließlich immer häufiger auch beratungsfrei online erfolgen.

Zu beobachten bleibt die Kritik, die Verbraucherschützer an den Policen selbst äußern. Wenn die Vertragsbedingungen so gestaltet sind, dass sie dem Kunden in vielen Fällen doch nicht die Absicherung bieten, die er sucht, dann sind an dieser Stelle die Versicherer selbst am Zug.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X