Viele Verbesserungspotenziale beim digitalen Versicherungsvertrieb

Welche Kanäle Verbraucher bei der Suche nach einem Versicherungsprodukt nutzen (Angaben in Prozent) Quelle: CSC/Arvato

Die Hälfte der deutschen Verbraucher nutzt auf der Suche nach dem richtigen Versicherungsprodukt das Internet. 33 Prozent suchen Rate bei Familie und Freunden, lediglich 14 Prozent wenden sich schon bei der Suche direkt an einen Vermittler. Im Vergleich mit Italien, Österreich, der Schweiz und der Türkei ist das der mit Abstand niedrigste Wert. So wenden sich in Italien 37,2 Prozent der Verbraucher gleich an einen Vermittler, in Österreich 27,6 Prozent, in der Türkei 23,2 Prozent und in der Schweiz 22,7 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt der Digital Insurance Monitor 2016 von CSC Deutschland Consulting GmbH, Wiesbaden und Arvato Direct Service Wilhelmshaven GmbH, Schortens.

Diese Entwicklung wird auch den Bankvertrieb von Versicherungsprodukten nicht einfacher machen. Dies gilt umso mehr, weil auch die CSS-Studie, wie schon die GfK-Studie Customer Journey Insurance 2016 im Auftrag der Zurich Versicherung (siehe bank und markt 11/2016) einmal mehr deutlich macht, dass die Online-Suche typischerweise nicht auf einer Unternehmenswebsite beginnt, sondern auf einem Vergleichsportal. Dort starten 47 Prozent der 3 000 Befragten ihre Suche, gut jeder Vierte (25,7 Prozent) nutzt eine Suchmaschine.

Bessere Online-Angebote nicht vernachlässigen

Weniger als jeder Vierte (23,4 Prozent) startet direkt auf einer Unternehmenswebsite, sei es nun die eines Versicherers oder eben auch die einer Bank, bei der der Kunde sich den Abschluss einer Versicherung vorstellen kann. Umgerechnet auf alle Kunden, die nach einem Versicherungsangebot suchen, sind das knapp 11 Prozent.

Daraus aber den Schluss abzuleiten, eine bessere Integration von Versicherungen in die Online-Angebote von Banken und Sparkassen lohne sich nicht, wäre freilich fatal. Denn wer dort sucht und nicht fündig wird (oder nicht online abschließen kann, falls er das wünscht), der wird nicht wiederkommen. Banken und ihre Versicherungspartner müssen somit beides tun: das Suchmaschinenmarketing und die Zusammenarbeit mit Portalen ausbauen einerseits und Online-Informations- und Abschlussmöglichkeiten verbessern andererseits.

Denn die Affinität für Online-Abschlüsse wächst auch im Versicherungsbereich immer weiter. Auch hier sind die Deutschen im Vergleich der fünf Länder erneut an der Spitze: Fast jeder zweite hat bereits eine Versicherung online abgeschlossen (49,0 Prozent), gegenüber 44,2 Prozent in Italien sowie einer Quote von jeweils rund einem Viertel in der Schweiz, der Türkei und Österreich. Hauptgründe für die Wahl des Kanals sind Schnelligkeit (63,6 Prozent aller Befragten), 24-Stunden-Verfügbarkeit (61,4 Prozent) und die Bewertung als unkomplizierter (42,8 Prozent).

Assekuranz antizipiert Entwicklung bei Videoberatung

Auch die für die Studie ebenfalls befragten Manager der Assekuranz rechnen in den kommenden Jahren mit steigenden Online-Abschlussquoten. Die höchsten Quoten erwarten sie bis 2020 in der Reiseversicherung (46,4 Prozent) sowie in den Bereichen Kfz (44 Prozent), Haftpflicht (39,2 Prozent) und Hausrat (35,6 Prozent). Die Personenversicherung bleibt erwartungsgemäß am unteren Ende der Skala mit erwarteten Online-Quoten von 23,2 Prozent im Bereich Unfall, 20,54 Prozent in der PKV, 19,75 Prozent bei Berufsunfähigkeitspolicen und - als Schlusslicht - 18,0 Prozent in der Lebensversicherung.

Diese Rangfolge mag dem traditionell auf die Lebensversicherung fokussierten Bankvertrieb Zeit geben, sich auf die Digitalisierung im Versicherungsvertrieb vorzubereiten. Ein Grund, sich entspannt zurückzulehnen, ist sie gewiss nicht.

Dies gilt umso mehr, als die Studie zeigt, dass die Assekuranz die Erwartungen ihrer Kunden in Bezug auf die Kommunikationswege nicht immer richtig einschätzt. Hier wünschen sich 37,2 Prozent der Deutschen immer noch den persönlichen Kontakt zum Vermittler, 30,4 Prozent wünschen den E-Mail-Kontakt, 16,6 Prozent den telefonischen. Fast jeder Zehnte setzt immer noch auf den klassischen Postweg.

Soziale Medien und Videoberatung derzeit noch überbewertet

Messenger - für immerhin ein Viertel der befragten Manager aus der Assekuranz ein Topthema der Kundenkommunikation - sind dagegen nur für 2,8 Prozent der Deutschen ein Thema, in Österreich für drei Prozent, in der Schweiz für 1,7 Prozent. Lediglich in Italien und der Türkei liegen die Quoten mit sieben beziehungsweise 14,8 Prozent höher.

Ganz ähnlich sieht es bei der Videoberatung und Social-Media-Kommunikation aus. Diese Kanäle sind für 27,5 der Manager ein absolutes Muss in der zukünftigen Kundenkommunikation. Damit sind sie den tatsächlichen Erwartungen ihrer Kunden jedoch weit voraus, zumindest, was den deutschsprachigen Raum betrifft.

Insbesondere die Videoberatung wird von den Kunden noch in keinem der fünf untersuchten Länder eingefordert. Selbst in der Türkei, wo die Kunden in der Kommunikation mit Versicherungsunternehmen mit Abstand am stärksten auf Messenger und Soziale Medien (16,6 Prozent) setzen, liegt die Nachfrage nach der Videoberatung bei lediglich 3,4 Prozent. In Deutschland und der Schweiz wünschen sich dies weniger als ein Prozent der Befragten, in Österreich und Italien sind es nur wenig mehr.

Online-Abschlussprozesse verbessern

Natürlich ist es nicht falsch, wenn die Branche künftige Entwicklungen antizipiert. Die gegenwärtigen Bedürfnisse der Kunden liegen indessen offenbar an anderer Stelle. Vordringlich wäre es der Studie zufolge, erst einmal die bestehenden Online-Abschlussprozesse zu verbessern. Dass nur 20,9 Prozent der deutschen Kunden angeben, beim nächsten Abschluss wieder den Online-Self-Service nutzen zu wollen, ist ein Indiz dafür, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Als ziemlich gut bewerten die Kunden, die Möglichkeiten, vor der Annahme des Angebots Fragen zu stellen, auch mit Blick auf den Komfort beim Online-Abschluss ist die Bewertung noch ordentlich. Nur als mittelmäßig erleben die Kunden jedoch die angebotenen Kontaktmöglichkeiten während des Online-Abschlusses und die verständliche Darstellung der Produkte.

Die größten Defizite machen sie jedoch bei der Transparenz über den Ablauf bis zum Online-Abschluss aus, die immerhin 17,2 Prozent der befragten Manager als gut realisiert bewerten.

Mehr Informationen in digitalen Kanälen

Insgesamt müssen sich die Assekuranz und ihre Vertriebspartner aus Sicht ihrer Kunden somit ein Beispiel an anderen Branchen nehmen: Die einfache Darstellung ihrer bestehenden Versicherungen und die persönliche Wertschätzung als Kunde, die durchaus wahrgenommen werden, reichen den Kunden nicht. Sondern sie wünschen sich mehr personalisierte und auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Angebote, vor allem aber besserer Bereitstellung von Informationen über die digitalen Kanäle. Die derzeitige Versorgung damit reicht den Kunden nicht. Den größten Verbesserungsbedarf sehen die Kunden somit ausgerechnet an der Stelle, an dem sich die Defizite am leichtesten beheben lassen sollten.

Drei Handlungsfelder

Um die Beziehung zum Endkunden zu festigen, macht die Studie als Fazit drei primäre Handlungsfelder aus:

Nummer eins ist die Optimierung des Zusammenspiels aller Kontaktkanäle in der Kundenkommunikation - was vermutlich leichter gesagt als getan ist. Schließlich sprechen Banken schon lange von der "Kanalintegration", ohne dass diese wirklich überall durchgehend realisiert wäre. Beim Versicherungsangebot wird das nicht einfacher werden.

Punkt zwei ist die Bereitstellung personalisierter Angebote und Informationen. Auch dies ist nicht ganz trivial. Schließlich muss an dieser Stelle immer auch der Datenschutz im Blick gehalten werden, der bei Finanzdienstleistungen nun einmal einen anderen Stellenwert hat als bei anderen Branchen. Die Herausforderung wird - im Bank- wie im Versicherungsbereich - darin bestehen, mehr Personalisierung zu erreichen, ohne gleichzeitig das hohe Kundenvertrauen in Sachen Datenschutz aufs Spiel zu setzen.

Der einfachste Ansatzpunkt ist möglicherweise die Erhöhung der Kontaktfrequenz und Nähe zum Kunden durch ein erweitertes Serviceangebot - dies aber mit Augenmaß. Sonst könnte der Effekt leicht ins Gegenteil umschlagen und die Kundenzufriedenheit nachhaltig beschädigen.

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