Vertriebspolitik

Klares Bekenntnis zur Filiale

Dass die traditionellen Filialbanken sich in Zeiten der Digitalisierung etwas einfallen lassen müssen, ihren stationären Vertrieb von der Kostenseite her bewältigen zu können, ist keine neue Erkenntnis, sondern gehört in allen Bankengruppen seit Jahren zur mühevollen Tagesarbeit jedes Privat- und auch Firmenkundenvorstands. Im Kalkül haben die Verantwortlichen dabei nicht nur die nachwachsenden Kundenschichten mit einer wesentlich höheren Affinität zum Online-Banking, sondern auch die Bestandskunden aller Altersgruppen mit neu entdeckter Vorliebe für bequeme Online-Geschäfte. Beides führt der Tendenz nach im Ergebnis zu einer geringeren Frequenz an Kundenbesuchen in den Filialen.

Wie sich damit die Rentabilität ihrer Filialen entwickelt, gehört deshalb in jedem gut geführten Institut zu den üblichen Instrumenten der Ergebnisrechnung. Filialen zu schließen, zu SB-Zweigstellen umzuwidmen oder größere stationäre Einheiten mit qualifizierter Beratung zu schaffen sind in allen Bankengruppen gängige Maßnahmen. Für die Banken und Bankengruppen mit einem klaren Bekenntnis zum Filialbankkonzept geht es darum, die Anzahl, die Standorte und/oder das Leistungsangebot zu optimieren.

Die beiden Verbundgruppen haben es bei der Suche nach dem Optimum ein wenig schwerer, weil sie sich als Nebenbedingung dem Regionalprinzip verpflichtet fühlen. Die Commerzbank tut sich leichter. Sie kann ihre Standortentscheidungen ausschließlich unter Kosten-Nutzenerwägungen fällen und dabei auch einen Rückzug aus weniger lohnenden Regionen ins Auge fassen. Die Frankfurter Großbank will ihre Filialen ganz losgelöst vom Regionalprinzip auf Ertrag trimmen. Eine kluge Kombination aus Online-Angeboten und einem wie auch immer praktizierten flächendeckenden Angebot hält sie damit ebenso wie die Verbundbanken für ein zukunftsweisendes Konzept und demzufolge Filialen ganz und gar nicht für ein Auslaufmodell.

In umfangreichen Erhebungen hat die Bank ausdrücklich eine besondere Vorliebe ihrer Kunden für die Nutzung von digitalen Angeboten sowie dem stationären Vertrieb festgestellt. Von den rund 500000 Netto-Neukunden, die sie allein im Berichtsjahr 2017 für sich reklamiert, wurden rund 60 Prozent in der Filialbank gewonnen. Folglich setzt die Bank ausdrücklich auf ein bundesweites Filialnetz und forciert den Ausbau der gut 1 000 Filialen, einschließlich ihrer besonderen Ausprägungen aus sogenannten Flagship- und City-Filialen sowie deren Mischformen je nach Marktsituation. Vor diesem Hintergrund hat Michael Mandel als zuständiger Vorstand für Privat- und Unternehmerkunden bei allem öffentlichkeitswirksamen Bekenntnis seines Hauses zu einer umfassenden Digitalisierung der Prozesse kürzlich noch einmal ausdrücklich betont, den persönlichen Kundenkontakt keineswegs durch den digitalen ersetzen zu wollen.

Für einige Standorte, aus denen sich andere Institute zurückgezogen und damit die Marktbearbeitung erleichtert haben, hat er dabei exemplarisch die Entwicklung der dortigen Commerzbank-Filialen im Vergleich zu deren sonstigem Filialnetz in Deutschland aufgezeigt. So verzeichnete die Bank in Neustadt (Holstein) mit seinen rund 15 000 Einwohnern 61 Prozent mehr Netto-Neukunden, 15 Prozent mehr Neugeschäft und 7 Prozent mehr Gesamtertrag. Für Kaltenkirchen mit seinen zirka 21 000 Einwohnern wird ein Plus von 80 Prozent bei den Netto-Neukunden, plus 14 Prozent beim Neugeschäft und 14 Prozent mehr an Gesamtertrag registriert. Besonders hoch ist der Zuwachs an Gesamtertrag mit 45 Prozent in Bad Reichenhall mit seinen rund 18 000 Einwohnern ausgefallen, der mit 28 Prozent mehr Netto-Neukunden und 77 Prozent mehr Neugeschäft generiert werden konnte. Und schließlich wird Stadthagen mit seinen rund 20000 Einwohnern genannt. Hier betrugen der Zuwachs an Netto-Neukunden 30 Prozent, das Plus im Neugeschäft 35 Prozent und die Steigerung des Gesamtertrages 11 Prozent. Mo.

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