Autokredit

Nutzungsentgelte beim Widerruf vor dem BGH?

Bundesgerichtshof

Das Landgericht Arnsberg hat als bundesweit erstes Landgericht einer Widerrufsklage gegen die VW Bank stattgegeben, bei dem es in der Folge des Abgasskandals um den Widerruf eines Autokredits ging (Aktenzeichen I-2 O 45/17). Das hat die Anwaltskanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr mitgeteilt, die das Urteil erstritten hat.

In dem Fall ging es um die Finanzierung eines gebrauchten VW Passat bei der VW Bank im Jahr 2014. Nachdem der Kunde feststellte, dass sein Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, ließ er den Kreditvertrag überprüfen. Da die Juristen zu dem Ergebnis kamen, dass der Kunde nicht ausreichend informiert worden war, widerrief der Kläger knapp zwei Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages im Juli 2016 seinen Darlehensvertrag und forderte die Bank auf, den Darlehensvertrag und den Kaufvertrag für das Fahrzeug rückabzuwickeln, die Anzahlung zurückzubezahlen und anzuerkennen, dass künftig keine Tilgungs- und Zinsleistungen mehr geschuldet sind. Im Gegenzug sollte das Fahrzeug an die Bank übergeben werden. Weil die Bank dies ablehnte, hatte der Kunde Klage erhoben und nun vor Gericht Recht bekommen.

Begründet hat das Landgericht Arnsberg seine Entscheidung damit, dass die Widerrufsfrist zwar grundsätzlich zwar 14 Tage ab Vertragsschluss beträgt - allerdings nur dann, wem die dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Vertragsurkunde alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthält. Ansonsten beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben zu laufen. Und genau dies traf nach Ansicht des Landgerichts Arnsberg im konkreten Fall zu. Weil der Kunde nicht hinreichend über sein Kündigungsrecht aufgeklärt worden sei, sei der Vertrag auch nach rund zwei Jahren noch widerrufbar. Die Bank könne deshalb keine Rechte mehr aus dem Darlehensvertrag herleiten. Nach Ansicht der Rechtsanwaltskanzlei lässt sich diese Argumentation auf Tausende von Kreditverträgen der Autobanken übertragen, die damit heute noch widerrufbar seien.

Der perfekte Weg, sich durch die Hintertür für den Wertverlust eines finanzierten Urteils schadlos zu halten, ist der Widerruf aber zumindest diesem offenbar ersten Urteil zufolge nicht. Denn auf eine Widerklage der Bank hin wurde der Kläger dazu verurteilt, Wertersatz für die Ingebrauchnahme des Fahrzeugs zu bezahlen - eine Entscheidung, die zwar Betroffenen nicht gefallen mag, die aber vermutlich gängigem Rechtsempfinden entspricht. Schließlich ist nicht ersichtlich, warum ein Kunde ein erworbenes Fahrzeug völlig unentgeltlich sollte nutzen können.

Die Anwälte sehen das naturgemäß anders. Sie argumentieren, dass ein Kläger, der seinen Vertrag ordnungsgemäß widerrufen hat, weder Nutzungsersatz noch Wertersatz sollte bezahlen müssen. Sie rechnen deshalb in der Revision damit, dass das zuständige Oberlandesgericht Hamm insoweit das Urteil aufheben wird. Auch das wäre aber sicher nicht das letzte Wort in der Angelegenheit. Angesichts der Dimensionen, die dieser neue "Widerrufsjoker" im Kontext des Dieselskandals haben könnte, ist es gut möglich, dass die Frage nach Widerrufbarkeit und Nutzungsentgelt letztlich höchstrichterlich wird geklärt werden müssen. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X