Preispolitik

Weckruf aus Potsdam

Welche Auswirkungen Finanzprofis in den kommenden fünf Jahren durch neue Gebührenstrukturen erwarten (Skala von 0 [kein Effekt] bis 3 [starker Effekt]) Quelle: CFA Society Germany

Die Diskussion um neue Bankgebühren reißt nicht ab. Und die Kritik kommt nicht nur von Verbraucherschützern, sondern auch aus der Branche selbst. Das zeigt das Ergebnis einer Online-Mitgliederbefragung der CFA Society Germany vom 2. bis 22. Mai 2017. Hier wurden die Teilnehmer gefragt, wie sich die derzeit diskutierten neuen Gebühren auf das Kundenvertrauen auswirken. Bei einer Skala von -2 ("sinkt stark") bis +2 ("steigt stark") ergab sich dabei für das Vertrauen in Kreditinstitute ein Wert von -1,12, für die Finanzbranche insgesamt von -0,89.

Die Befragten rechnen zudem eher mit einer weiteren Differenzierung von Gebührenmodellen als mit einer Angleichung. Eine solchermaßen fragmentierte Gebührenlandschaft erschwert jedoch nicht nur Verbrauchern den Konditionenvergleich. Sondern die Branche läuft Gefahr, einmal mehr als intransparent wahrgenommen zu werden. Es droht also schon wieder ein neuerlicher Imageverlust, von dem letztlich vermutlich nur die Vergleichsportale profitieren dürften, die ihren Nutzern Orientierung bieten.

Eben diese Gefahr sprach auch Dr. Michael Ermrich, der Geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands auf dem Ostdeutschen Sparkassentag in Potsdam an, der diesmal unter dem Schlagwort "Vertrauen" stand.

Um Vertrauen zu verspielen, so Ermrich, reicht es schon aus "in den Verdacht zu geraten, sein Wort nicht zu halten oder dem Kunden nicht mehr auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Es reicht auch, Leistungen nicht nachvollziehbar zu bepreisen". In diesem Zusammenhang warf er die Frage auf, ob es klug sei, Gebühren für Sparkassenkunden an eigenen Automaten zu diskutieren, und ob der so generierte Mehrertrag wirklich entscheidend ist oder nicht doch der Image- und Vertrauensverlust überwiegt. Schließlich sei das Argument der bundesweiten kostenlosen Automatennutzung immer eines der Argumente pro Sparkasse gewesen.

Bei der Gebührendiskussion, die Ermrich so erregt, geht es aus seiner Sicht "vor allem um Psychologie, weniger um Betriebswirtschaft".

Aber selbst wenn sich nennenswerte Erträge damit erzielen lassen, drohen die Sparkassen unglaubwürdig zu werden, wenn sie "die Nullzinsen so vehement und vordergründig beklagen und zugleich Betriebsergebnisse erzielen, die besser als die von vor 15 bis 17 Jahren sind, als die Leitzinsen zwischen 4,75 und 2,75 lagen", so Ermrich. "Im Sinne der Marke Sparkasse" müssten deshalb vielleicht in schwieriger Zeit vorübergehend niedrigere Ergebnisse tolerabel sein, als es in der Vergangenheit üblich war. Schließlich gehe es darum, dass Kunden erleben, was eine Sparkasse ausmacht und von anderen Finanzinstituten unterscheidet. Wenn das bei einem von vielen Kunden ohnehin als austauschbar empfundenen Produkt vor allem die Einführung von "Nebenkosten" ist, dann ist Gefahr im Verzug.

Ob der Weckruf aus Potsdam nicht schon zu spät kommt, sei einmal dahingestellt - schließlich ist der Schaden bereits angerichtet. Denn selbst dort, wo Institute die auf Widerstand gestoßenen neuen Entgelte wieder abgeschafft haben, bleibt doch ein negativer Eindruck zurück. Wenn Kunden den Eindruck haben, von den Sparkassen im Zahlungsverkehr "abgezockt" zu werden, dann wird damit auch das Vertrauen in die Beratung nicht steigen. Damit wird der Trend ins Internet auch bei den klassischen Beratungsprodukten eher noch beschleunigt. Red.

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