Girokonto

Was darf ein Basiskonto kosten?

Carola Ritterbach, Rechts- und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Brennecke & Partner mbB, Karlsruhe

Um den Kreditinstituten noch Gestaltungsspielräume zu belassen, hat der europäische Gesetzgeber bewusst auf eine Festlegung der Preise für das Basiskonto verzichtet. Im deutschen Zahlungskontengesetz ist deshalb nur von "angemessenen Entgelten" die Rede. Was genau das heißt, ist einstweilen relativ unklar. Es gilt zwar nicht das Meistbegünstigungsprinzip. Aber der Preis muss den Vergleich mit dem Wettbewerb aushalten, meinen die Autoren. Über eine vertretbare Preisspanne werden wohl schon bald Gerichte entscheiden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat bereits gegen mehrere Banken Klage erhoben. Red.

Der bargeldlose Zahlungsverkehr hat in weiten Teilen die Zahlung mit Bargeld restlos ersetzt. Beginnend bei der Zahlung von größeren Beträgen bis hin zu regelmäßigen Zahlungen (vor allem Miete und Arbeitslohn) ist das "Geld auf der Bank" (Buchgeld) sehr viel praktischer.

Dieser technische Fortschritt schließt allerdings gleichzeitig die Menschen aus, die - aus welchem Grund auch immer - keinen Zugriff auf ein Bankkonto haben. Vor diesem Hintergrund führte die EU im Jahr 2014 mit Art. 16 der Richtlinie 2014/92/EU einen Anspruch auf ein sogenanntes "Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen" ein. Zu den grundlegenden Funktionen eines solchen Zahlungskontos gehören nach Art. 17 der Richtlinie 2014/92/EU:

- Eröffnung, Führung und Schließung eines Zahlungskontos,

- Einzahlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto,

- Barabhebungen von einem Zahlungskonto und

- Ausführung folgender Zahlungsvorgänge innerhalb der Union: Lastschriften, Zahlungsvorgänge mit Zahlungskarten, einschließlich Online-Zahlungen sowie Überweisungen einschließlich Daueraufträgen.

Diesen von der EU normierten Anspruch hat der Bundesgesetzgeber mit dem Zahlungskontengesetz (ZKG) vom 11. April 2016 in nationales Recht umgesetzt. Das Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen nannte der Gesetzgeber "Basiskonto".

Seither kann jeder Verbraucher, auch Obdachlose, die Einrichtung eines Basiskontos von Kreditinstituten verlangen. Ausgenommen vom Anspruch auf ein Basiskonto sind nur ausreisepflichtige Personen, die auch abgeschoben werden können.

Der Bundesgesetzgeber übernahm dabei den Leistungsumfang der Richtlinie. Weitere verbindliche Leistungen legte der Gesetzgeber nicht fest. Insbesondere begründet das Basiskonto keine Pflicht zur Gewährung von (Überziehungs-) Krediten.

"Halbzwingendes Recht"

Den Kreditinstituten ist es nach Entscheidung des Bundesgesetzgebers freigestellt, ob sie ein solches Basiskonto kostenfrei führen oder für ihre Dienstleistungen ein "angemessenes Entgelt" verlangen. Dies hat der Bundesgesetzgeber in § 41 Abs. 2 ZKG geregelt, wonach das Entgelt für die Dienste des Basiskontos angemessen sein muss. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind nach dieser Norm insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen.

Insoweit stellt das Zahlungskontogesetz und das Recht der Banken, für ein Basiskonto ein angemessenes Entgelt verlangen zu können, sogenanntes halbzwingendes Recht dar. Das heißt Banken dürfen nicht zulasten des Verbrauchers von den Bestimmungen des ZKG abweichende Regelungen treffen und zum Beispiel unangemessene Entgelte für ein Basiskonto verlangen. Sie dürfen aber für den Verbraucher günstigere Vereinbarungen treffen und beispielsweise das Basiskonto kostenlos anbieten.

Angemessenheit des Entgelts

Das Gebot für Banken, nur ein angemessenes Entgelt zu verlangen, gilt gemäß § 41 Abs. 2 ZKG nur für die grundlegenden Funktionen des Basiskontos. Vereinbaren Verbraucher und Kreditinstitut weitere Leistungspflichten des Kreditinstituts bleibt das Konto zwar weiter ein "Basiskonto". Die Preisgestaltung ist in diesen Punkten aber nicht auf ein angemessenes Entgelt beschränkt.

Das heißt aber nicht, dass die Bank für die weiteren - über die Grundfunktionen des Basiskontos hinausgehenden - Dienstleistungen unangemessene Gebühren verlangen kann und so zum Beispiel die finanziellen Einbußen wegen des günstigen Basiskontos wieder wettmachen können.

Die Entgelte für die zusätzlichen Dienstleistungen können als Allgemeine Geschäftsbedingungen gerichtlich auf ihre Transparenz- und Überraschungseffekte überprüft werden. Für eine volle Inhaltskontrolle müsste gemäß § 307 III 1 BGB von gesetzlichen Vorschriften abgewichen werden. Einen gesetzlichen Kostenkatalog gibt es aber nicht.

Darüber hinaus sind die verpflichtenden Inhalte des Basiskontos schon so weitreichend, dass sie nach Ansicht des Regierungsentwurfs "kaum hinter demjenigen für "normale" Zahlungskonten zurückbleiben". Zusätzliche - über die Grundfunktionen hinausgehende - Dienstleistungen werden deshalb wohl eine Ausnahme bleiben.

Wenn im Folgenden von einem angemessenen Entgelt die Rede ist, meint das also nur Entgelte für die oben bezeichneten Leistungen (Ein- und Auszahlung von Bargeld sowie Teilnahme am Lastschrift-, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäft).

Der Gesetzgeber bleibt mit der Wortwahl "angemessenes Entgelt" bewusst vage. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, als angemessen erscheine ein Entgelt, das im Durchschnitt die Kosten der Kreditinstitute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert. Der Gesetzgeber verweist lediglich noch darauf, dass für die Beurteilung der Angemessenheit insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen sind.

"Versteinerung" der Preispolitik ist politisch nicht gewollt

Versucht man die Angemessenheit europarechtlich auszulegen, kommt man nicht weiter. Ein Blick in die Richtlinie zeigt, dass Europa die Frage des angemessenen Entgelts für das Konto mit grundlegenden Funktionen offen gelassen hat. Als Kriterien, die mindestens zu berücksichtigen sind, nennt sie in Art. 18 Abs. 3 der Richtlinie 2014/92/EU lediglich das jeweilige nationale Einkommensniveau und die durchschnittlichen Entgelte, die in dem betreffenden Mitgliedstaat für Dienste im Zusammenhang mit Zahlungskonten üblicherweise verlangt werden.

Trennscharf sind diese Kriterien nicht. Sie sollen den Kreditinstituten nicht jegliche Möglichkeit zur Preisvariation nehmen. Eine Versteinerung der Preispolitik durch Fixierung bestimmter Entgelte ist nicht gewollt. So tief wollten der europäische und der Bundesgesetzgeber nicht in die Vertragsfreiheit der Kreditinstitute eingreifen. Die Kosten eines Basiskontos werden also in gewissem Umfang schwanken.

Unangemessen sind jedenfalls solche Entgelte, die den einkommensschwächeren Verbraucher von einem Vertragsschluss abhalten. Es ist das erklärte Ziel der Richtlinie und des Zahlungskontengesetzes, jedermann Zugang zu einem Basiskonto zu verschaffen. Dieses Ziel darf nicht durch überhöhte Entgelte ausgehöhlt werden.

Vergleich mit anderen Anbietern

Welche weiteren Kriterien die Rechtsprechung entwickeln wird, um festzustellen, ob die Entgelte bei einem Basiskonto nicht mehr marktüblich und deshalb unangemessen sind, bleibt abzuwarten. Bis dahin muss in jedem Falle ein Vergleich der Entgelte mit denen anderer Institute vorgenommen werden, denn für das Basiskonto ist kein Pauschalbetrag vorgesehen. Für jede der Leistungen kann ein eigenes Entgelt vereinbart werden.

Je weiter ein Entgelt vom marktüblichen Entgelt abweicht, desto eher wird eine Unangemessenheit anzunehmen sein. Bis zu einem gewissen Grad können Abweichungen aber erklärt werden und deshalb noch immer angemessen sein. Beispielsweise kann eine teure Zahlungskarte damit erklärt werden, dass die Überweisungen und Lastschriften günstiger angeboten werden als bei der Konkurrenz.

Keine Meistbegünstigung des Basiskontos

Allein der Umstand, dass ein Kreditinstitut weitere Kontomodelle vertreibt und in diesen für bestimmte Dienstleistungen günstigere Konditionen als bei dem Basiskonto bietet, begründet keine Unangemessenheit der Entgeltklauseln in einem Basiskontovertrag. Der Gesetzgeber nahm bewusst von einem Modell der "Meistbegünstigung" des Basiskontos Abstand.

Die Kreditinstitute sollen mit Besonderheiten verschiedener Kontomodelle werben können. Diese Möglichkeit würde ihnen abgeschnitten werden, wenn sie in einem Basiskontovertrag alle besonders günstigen Konditionen der anderen angebotenen Verträge zusammenfassen müssten. Das bedeutet, dass beispielsweise das Angebot eines komplett kostenlosen Girokontos für Auszubildende und Studenten als Werbemaßnahme nicht dazu zwingt, auch das Basiskonto kostenfrei anzubieten.

Die Entwurfsbegründung geht davon aus, dass für jede einzelne Leistung unterschiedliche, aber angemessene Entgelte verlangt werden können. Eine Überweisung muss also nicht so viel kosten wie eine Lastschrift. Noch weniger müssen alle Leistungen mit einem monatlichen Pauschalbetrag abgegolten werden.

Rechtsfolgen eines unangemessenen Entgelts

Liegt ein unangemessenes Entgelt für ein Basiskonto vor, stellt dies einen Verstoß gegen zwingendes Recht dar, der zur Unwirksamkeit dieser Entgeltabrede führt. Diese teilweise Unwirksamkeit des Basiskontovertrages lässt gemäß § 41 Abs. 4 ZKG den übrigen Teil des Vertrages unberührt. Der Kontoinhaber kann das Konto sowohl weiterführen als auch die Unwirksamkeit der Klausel geltend machen, ohne sich dem Vorwurf widersprüchlichen Handelns auszusetzen. Bei der Rückforderung von bereits gezahltem Entgelt ist sodann folgende Unterscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen:

- Betrifft die unwirksame Klausel einen Kostenerstattungsanspruch (etwa für Auslagen) führt dies dazu, dass die gesetzliche Regelung des BGB zur Kostenerstattung angewendet wird. Das Kreditinstitut hat also nur den Teil der Kostenerstattung zurück zu ersetzen, der unangemessen hoch war. Hierzu folgendes Beispiel: Das Kreditinstitut macht pauschal eine Einrichtungsgebühr für ein Basiskonto in Höhe von 25 EUR geltend, mit denen die verauslagten Kosten für eine Kontenabfrage des Verbrauchers ersetzt werden sollen. Hintergrund der Kontenabfrage: Ist bereits ein nutzbares Konto vorhanden, besteht kein Anspruch auf ein Basiskonto. Tatsächlich fallen hierfür jedoch regelmäßig nur Kosten in Höhe von 10 Euro an. Der überschießende Betrag in Höhe von 15 Euro ist unangemessen und deshalb von dem Kreditinstitut zurückzuerstatten.

- Eine unangemessene "echte" Entgeltklausel entfällt dagegen komplett. Der Vertrag wird insoweit kostenlos. Das Kreditinstitut hat demnach das komplette "echte" Entgelt zurückzuzahlen. Hierzu folgendes Beispiel: Das Kreditinstitut verlangt für die Kontoführung des Basiskontos ein monatliches Entgelt in Höhe von 20 Euro. Angemessen sind aber maximal Kontoführungsgebühren in Höhe von 10 Euro monatlich. In solch einem Fall können die gesamten bereits gezahlten Kontoführungsgebühren in Höhe von monatlich 20 Euro von der Bank zurückverlangt werden.

Basiskonto mit höherem Aufwand verbunden?

Zusammenfassend lässt sich festhalte: Seit Inkrafttreten des Zahlungskontengesetzes hat jeder Verbraucher einen Anspruch auf ein Basiskonto. Einem möglichen Versuch der Banken, die Nutzung dieses Rechts unattraktiv zu machen, hat der Gesetzgeber mit der Begrenzung der Kosten für ein Basiskonto auf ein angemessenes Entgelt einen Riegel vorgeschoben. Wie stark dieser Riegel sein wird, hängt davon ab, wie streng die Gerichte die Angemessenheitskontrolle handhaben werden.

Einige Banken versuchen höhere Entgelte als bei vergleichbaren Konten damit zu erklären, dass der Aufwand zum Betrieb eines Basiskontos höher sei. Die Inhaber von Basiskonten seien oftmals schlechter erreichbar. Diese Begründung will der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht gelten lassen. Er hat bereits Klage gegen verschiedene Banken erhoben, weil er die von ihnen verwendeten Entgelte für unangemessen hält. Bei der Deutschen Bank werden monatliche Grundpreise von neun Euro moniert. Erste Entscheidungen, die der Grenze der Angemessenheit genauere Konturen verleihen, werden also schon bald mehr Rechtssicherheit und Klarheit verschaffen.

Zu den Autoren Carola Ritterbach, Rechts- und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Brennecke & Partner mbB, Karlsruhe, und Stefan Leibold, Stud. jur.
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