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Frauen im Banking - die Quote kommt

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In der Kreditwirtschaft ist der Frauenanteil mit 57 Prozent der Mitarbeiter beachtlich. Auf dem Weg in die Vorstände, Aufsichts- und Verwaltungsräte, so konstatiert Jörg Wittenberg, gehen den Banken und Sparkassen die Frauen jedoch verloren. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen in den Genossenschaftsbanken. Die freiwillige Selbstverpflichtung auf eine Zielgröße könnte insbesondere für kleine Institute zu einer Herausforderung werden. Wo es nur zwei Vorstände gibt, wäre das in vielen Fällen eine Erhöhung von 0 auf 50 Prozent. Red.

Eigenkapital-, Kernkapital-, Fremdkapital- oder Konsortialquote. Der Umgang mit Quoten gehört im Banking zum Alltagsgeschäft. Und wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, kommt ab 2016 eine neue Quote hinzu: die Frauenquote. Über viele Jahre wurde um dieses Thema in verschiedenen Regierungskonstellationen hart gerungen. Zuletzt wurde im aktuellen Koalitionsvertrag der Großen Koalition der zu erwartende gesetzliche Rahmen abgesteckt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wollte zusammen mit Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) innerhalb der ersten hundert Tage der neuen Regierung einen Gesetzentwurf für eine Frauenquote in Aufsichtsräten vorlegen. Dies hatte nach seinen Worten "absolute Priorität".1) Am Ende dauerte es dann noch ein Jahr, bis sich die Parteien auf eine mehrheitsfähige Version einigen konnten und das Bundeskabinett am 11. Dezember 2014 den Entwurf für ein Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst beschlossen hat.

Ein politischer Kompromiss

Noch auf der Zielgerade kam es zu einem Eklat, weil der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) in einem Interview die Familienministerin in dem Kontext als "weinerlich" bezeichnete. Das soll wiederum die Bundeskanzlerin Frau Merkel veranlasst haben, sich bei Frau Schwesig persönlich zu entschuldigen. Diese politische Anekdote unterstreicht die Emotionalität, mit der das Thema diskutiert wurde und mit Sicherheit auch in Zukunft noch diskutiert wird.

Wer den Gesetzentwurf unter die Lupe nimmt, wird schnell feststellen, wie eng der Anwendungsrahmen und wie weich das Anspruchsniveau definiert sind. Die hart erkämpfte Formulierung ist ein schönes Beispiel für einen politischen Kompromiss zwischen gesetzlicher Vorgabe und freiwilliger Selbstverpflichtung.

Die öffentlich laut proklamierten 30 Prozent sollen danach ab 2016 nur für neue Aufsichtsratsposten in börsennotierten Unternehmen mit paritätischer Mitbestimmung gesetzlich festgeschrieben werden. Ganze 108 Unternehmen werden von der verbindlichen Quote für Aufsichtsräte betroffen sein.

Den 3 500 Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, wird längstens bis 2017 Zeit gegeben, ihre sich selbst aufzuerlegenden Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsrat, Vorstand und den obersten Managementebenen zu erreichen. In diesem Punkt wird man abwarten müssen, wie hoch die Betroffenen selbst springen wollen.

Derzeit 108 Unternehmen direkt betroffen

Ein Indikator dafür sind die schon bekannten Selbstverpflichtungen einzelner Branchenvertreter. So hat sich beispielsweise die Deutsche Bank gegenüber der Bundesregierung schon vor einiger Zeit freiwillig verpflichtet, den Anteil an Frauen im Senior Management weltweit von heute 18 Prozent bis Ende 2018 auf 25 Prozent zu steigern.2)

Wesentliche Regelungen des Gesetzentwurfes für die Privatwirtschaft sind die folgenden:3)

- Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt künftig eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Die Quotenregelung greift damit bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmern sowie bei europäischen Aktiengesellschaften (SE), bei denen sich das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aus derselben Zahl von Anteils eigner- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Insgesamt betroffen sind derzeit 108 Unternehmen. Sie müssen die Quote ab 2016 sukzessive für die dann neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten. Bei Nichterfüllung ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt ("leerer Stuhl").

- Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen festzulegen. Über die Zielgrößen und deren Erreichung müssen sie öffentlich berichten. Der Kreis der betroffenen Unternehmen erfasst neben Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch GmbHs, eingetragene Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. In der Summe unterliegen etwa 3 500 Unternehmen der Zielgrößenverpflichtung.

Eine Mindestzielgröße ist nicht vorgesehen. Die Unternehmen können sie selbst setzen und sich an ihren Strukturen ausrichten. Dabei sind folgende Vorgaben zu beachten: Liegt der Frauenanteil in einer Führungsebene unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen nicht hinter dem tatsächlichen Status quo zurückbleiben. Die 2015 erstmals festzulegende Frist zur Erreichung der Zielgrößen darf nicht länger als zwei Jahre sein. Die folgenden Fristen dürfen nicht länger als fünf Jahre sein.

Auch Kreditinstitute betroffen

Trotz aller relativierenden Formulierungskünste ist es der erste harte Schritt einer Bundesregierung in Sachen gesetzlicher Frauenquote, durch die sichergestellt werden soll, dass bestimmte Funktionen (in Vorstand, Aufsichtsrat oder oberen Managementebenen) in Unternehmen nach einem definierten Verteilungsschlüssel vergeben werden. Dieser Schritt wird auch die Kreditinstitute treffen. Auch wenn auf den ersten Blick nur eine Handvoll Institute de jure in den Anwendungsbereich der Gesetzesinitiative fallen werden. De facto wird sich aber über die Zeit ein öffentlicher Druck aufbauen, dem sich Institute aller Sektoren unabhängig von der Rechtsform und Größe nur schwer entziehen können.

In Genossenschaftsbanken ist die gläserne Decke am dicksten

Für die Politik ist die Quote eine Ultima Ratio, weil sie der Meinung ist, dass durch die freie Verteilung der Ämter in der Vergangenheit ein ungewolltes Ungleichgewicht entstanden ist, das es zu korrigieren gilt. Diesem Eindruck kann man sich auch nicht erwehren, wenn man die Zahlen aus dem DIW Managerinnen-Barometer 2015 zur Präsenz von Frauen auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene in Augenschein nimmt.4)

Die auf den ersten Blick gute Nachricht für die Bankenvertreter ist, dass sie überraschenderweise in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den Top-100-Unternehmen aus der Nicht-Finanzbranche besser unterwegs waren.5) Aktuell liegt bei den 100 größten Kreditinstituten der Frauenanteil in Vorständen bei 6,7 Prozent, während bei den Top-100-Unternehmen (ohne Banken) nur ein Frauenanteil von 4,1 Prozent zu verzeichnen ist.

Diese absolut gesehen bescheidene Ausgangslage verwundert umso mehr, als der Frauenanteil in der Finanzbranche mit rund 57 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein stolzes Niveau aufweisen kann und zeigt, dass an Frauen im Banking nicht gerade ein Mangel herrscht. Zu finden sind die Frauen aber de facto mehr in den Schalterhalten und Callcentern in den Erdgeschossen der Institute als in den oberen Managementetagen. Irgendwo und irgendwie müssen die Kandidatinnen auf ihrem Weg nach oben verloren gehen. Die zahlreichen Diversity-Programme der Institute haben zwar in der Breite etwas bewegt, nicht aber an den Unternehmensspitzen. Was augenscheinlich fehlt, ist der Durchbruch durch die gläserne Decke der Vorstandsetagen.6)

Diese gläserne Decke scheint bei den Genossenschaftsbanken am dicksten zu sein. Während die öffentlich-rechtlichen Institute und die privaten Banken rund 7 Prozent Frauenpower in den Vorständen nutzen können, ist die Quote mit rund 6 Prozent bei den Genossen deutlich kleiner. Im Vergleich zum Vorjahr ist hier sogar ein Rückgang der Quote zu verzeichnen.

Ein weiter Weg

Es gibt aber auch eine gute Nachricht. Besser sind die Frauen in den Aufsichtsgremien repräsentiert, also in den Aufsichts- oder Verwaltungsräten der Kreditinstitute. Hier kommt die Branche auf einen Frauenanteil von 18 Prozent. Der positive Treiber ist hier auf der Seite der Arbeitnehmervertretung zu finden, die ihren Einfluss nutzt und relativ mehr Frauen ins Rennen schickt als die Eigentümerseite. Dies führt zu dem vergleichsweise hohen Frauenanteil in den Gremien.

Wenn man allerdings die gesetzliche Quote von 30 Prozent für Aufsichtsgremien als Maßstab nimmt, wird deutlich, dass die Herren hier noch einen weiten, einen sehr weiten Weg zu gehen haben. So wäre zum Beispiel bei den Genossenschaftsbanken eine Verdoppelung des Frauenanteils in Aufsichtsgremien angesagt, wenn die Institute in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen würden.

Was die freiwillige Selbstverpflichtung zu einer Frauenquote auf der Vorstandsebene betrifft, stehen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken vor einer besonderen Herausforderung. Der Großteil der kleineren Institute, die in der DIW-Analyse überhaupt nicht erfasst wurden, wird nur durch zwei Vorstände geführt. Will man hier in der Breite eine weibliche Veränderung, heißt es direkt: "Sekt oder Selters". Nach null Prozent kommt man hier im kleinsten Schritt direkt zu einer 50/50-Konstellation, und das gleich bei mehreren hundert Instituten in Deutschland. Entsprechend groß dürften die Wider stände gegen die Veränderung und die Herausforderungen in der Umsetzung für die kleineren Institute sein.

Spezielle Entwicklungsprogramme gefragt

Hier ist ein stringenter Entwicklungspfad erforderlich, der die Unternehmen, die Frauen und die Männer in die Lage versetzt, sich entsprechend darauf vorzubereiten und dann auch tatsächlich und nicht nur deklaratorisch zu wandeln. Es geht gleichermaßen um das Loslassen von alten Glaubenssätzen und das Ergreifen von neuen Chancen. Dies geht zumeist nicht nur von innen heraus, sondern bedarf oftmals der externen Unterstützung, um aufklärend, moderierend und überzeugend die geschlechterspezifische Migration in den Führungsetagen zu begleiten. Wer motiviert durch die gesetzliche Frauenquote mehr erreichen möchte, wird nicht umhin kommen, mehr in dieses Thema zu investieren. Dass sich dieser Aufwand auszahlt, ist nach den Worten der Befürworter der Frauenquote unter dem Strich daran abzulesen, dass Unternehmer mit stärker gemischten Managementteams rentabler arbeiten als die männerorientierten Firmen.7)

Vor diesem Hintergrund sind spezielle Entwicklungsprogramme, Trainings und Coachings mehr denn je gefragt. Dabei geht es sicher nicht darum, aus den Frauen die "besseren" Männer zu machen, denn das Ziel ist es ja, von der Diversity zu profitieren. Und das geht nur, wenn man die geschlechterspezifischen Unterschiede nutzt und nicht, wenn man sie nivelliert.

Internationaler Vergleich

Vorbilder in Sachen "Frauen im Management" findet man durchaus im Ausland.

- Nach einer Studie, bei der 150 internationale Finanzdienstleister untersucht wurden, finden sich Norwegen, Schweden und Kanada auf den ersten drei Plätzen mit realisierten Quoten von über 20 Prozent bis 30 Prozent der weiblichen Exco-Mitglieder.8)

- Der internationale Durchschnitt in den 19 untersuchten Ländern liegt allerdings auch nur bei 13 Prozent für die weiblichen Mitglieder in den Executive Committees und 20 Prozent in den Boards.

Ob wir für das Ziel einer adäquaten Repräsentanz weiblicher Führungskräfte auf den Vorstandsetagen dann am Ende auch die gesetzliche Frauenquote für Vorstände und andere Führungsebenen brauchen, so wie sie jetzt für die Aufsichtsräte kommt, ist eine berechtigte Frage. Vielleicht reicht auch schon der Aufsichtsrat als Vorbild und Treiber für den Vorstand.

Wer braucht die Quote?

Ein weiterer motivierender Treiber dürfte sein, dass es sich die Finanzbranche, die unter einem massiven Imageverlust leidet und bei der auch der Nachwuchsmangel immer deutlicher wird, nicht länger leisten kann, beim viel beschworenen "war for talent" auf die Hälfte des Rekrutierungspotenzials für ihr Management zu verzichten. Euleen Goh, Chairman of Singapore International Foundation, wird dazu in der genannten Studie mit den Worten zitiert: "In today's war for talent, any organization that misses out on 50 Prozent of the talent of the world needs a wake-up call".9)

Die Meinungen der Öffentlichkeit über das Thema "Frauenquote" liegen im Übrigen weit auseinander.10)

- Eine gesetzlich festgelegte Quote findet bei den Frauen mit 28 Prozent mehr Zustimmung als bei den Männern mit 19 Prozent.11)

- Eine freiwillige flexible Quote ist bei Frauen (46 Prozent) wie auch Männern (44 Prozent) gleichermaßen favorisiert. Generell gegen eine Frauenquote sprechen sich 35 Prozent der Männer, aber nur 24 Prozent der Frauen aus.

Das Bild ist also alles andere als einheitlich. Vielleicht muss man auch die Perspektive wechseln, um die richtige Antwort auf die Frage zu bekommen, ob wir die gesetzliche Frauenquote brauchen oder nicht. Die Antwort darauf könnte ja auch lauten: Die Frauen brauchen keine gesetzliche Frauenquote, vielleicht brauchen aber die Männer eine Quote.

Fußnoten

1) Interview mit Heiko Maas, Hier kommt der Quoten-Kavalier, in: Bild am Sonntag, 19. Januar 2014.

2) Interview mit Kerstin Pramberger, Head of Diversity Germany, Deutsche Bank, "Aus der Komfortzone wagen", 10/13, in: http://www.staufenbiel.de/banking-finance/banking/dossierfrauen-im-banking/interview-kerstin-pramberger-deutschebank.html (Seitenaufruf: 6. Januar 2015).

3) http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Presse/pressemitteilungen,did=212326.html (Seitenaufruf: 5. Januar 2015), Für den öffentlichen Dienst wird 2016 mit einer 30-Prozent-Quote gestartet, die bis 2018 auf 50 Prozent erhöht wird.

4) vgl. im Folgenden: Holst, Elke / Kirsch, Anja, Weiterhin kaum Frauen in den Vorständen großer Unternehmen - auch Aufsichtsräte bleiben Männerdomänen, in: DIW Wochenbericht Managerinnen-Barometer 2015, S. 47-59.

5) vgl. Holst, Elke / Kirsch, Anja, Finanzsektor: Frauenanteile in Spitzengremien bleiben gering, in: DIW Managerinnen-Barometer 2015, S. 62-71.

6) siehe dazu auch: http://www.Der-Wegberater.de/frauenquote-im-schneckentempo/, (Seitenaufruf: 6. Januar 2015).

7) Vgl. Seng, Anja, Fiesel, Laura, Rüttgers, Christian, Akzeptanz der Frauenquote, KCS Schriftenreihe, Band 6, Essen 2013, S. 21.

8) Vgl. dazu im Folgenden: Oliver Wyman (Hrsg.), Women in financial services, London, Dec. 2014., S. 2-9.

9) ebenda, S. 22.

10) Mehr dazu unter: http://www.Der-Wegberater.de/im-fokus/frauen-karriere/frauenquote/

11) vgl. dazu im Folgenden: http://www.presseportal.de/pm/ 13399/2453788/n24-emnid-umfrage-zur-frauenquotemehrheit-der-deutschen-gegen-gesetzliche-frauenquote-auchfrauen (Seitenaufruf: 6. Januar 2015).

Zum Autor

Dr. Jörg Wittenberg, Köln

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