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GAA-Outsourcing- Kostensteigerung durch EuGH?

Dr. Florian Holle, Abteilungsdirektor und Leiter Steuerrecht, Esther Dallmann, Steuerberaterin, Referentin Steuerrecht Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. (DSGV), Berlin

Sind Dienstleistungen im Rahmen der Auslagerungen des Geldautomatenbetriebs als technische Leistungen oder als Gesamtpaket zu bewerten? Diese Frage hat der Bundesfinanzhof zur Klärung an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Die Entscheidung kann von hoher wirtschaftlicher Tragweite sein, denn damit steht die Umsatzsteuerbefreiung dieser Dienstleistungen zur Debatte. Entstünde durch das EuGH-Urteil eine Umsatzsteuerpflicht, so die Autoren, dann würde das nicht nur das Outsourcing rund um die Geldautomaten erschweren, sondern auch Kooperationen mehrerer Kreditinstitute untereinander. Red.

Die Anwendung der umsatzsteuerlichen Befreiungen für Bank- und Finanzdienstleistungen nach § 4 Nr. 8d UStG bereitet gerade in Outsourcing-Fällen häufig Probleme. Jüngst wird dies anhand eines Verfahrens zum Outsourcing des Betriebs von Geldautomaten deutlich.

Die Dienstleistungen gegenüber einer Bank im Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldautomaten durch einen Dienstleister können umsatzsteuerfrei sein. So urteilte zumindest das Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Nun aber hat der Bundesfinanzhof offenbar Zweifel an der Befreiung und legt die zugrunde liegende Frage dem Europäischen Gerichtshof vor (vgl. BFH-Beschlusses vom 28.09.2017, Az. V R 6/15).

Bankkunden können am Geldautomaten ihres Instituts oder bei einem fremden Kreditinstituten Bargeld abheben. Die Vergütung dafür im Rahmen des Kontoführungsentgeltes oder einer separat erhobenen Gebühr ist Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und ist damit grundsätzlich umsatzsteuerbar.

Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr

Allerdings sieht das Umsatzsteuergesetz eine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr vor (§ 4 Nr. 8d UStG). Damit wird die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Um in Europa eine einheitliche Anwendung zu garantieren, ist die Umsatzsteuer über diese Richtlinie europaweit harmonisiert.

Hintergrund der Befreiung ist, dass ein funktionierendes Zahlungssystem eine notwendige Bedingung dafür ist, dass Geld (Bargeld, Buchgeld oder Geldsurrogate) seine Tauschmittelfunktion in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft erfüllen kann.

Ausgangspunkt für den bargeldlosen Zahlungsverkehr ist beispielsweise ein Giro- oder Einlagenkonto, von dem unter anderem mittels Geldkarte über Geldautomaten verfügt oder eingezahlt werden kann.

Wenn wie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr Umsätze von der Umsatzsteuer befreit sind, kann im Gegenzug allerdings die in Kostenrechnungen enthaltene Umsatzsteuer (sogenannte Vorsteuer), die mit diesen Umsätzen zusammenhängen (zum Beispiel bei Anschaffung von PoS-Terminals; Miete beziehungsweise Anschaffung von Geldautomaten oder Kommunikationshardware oder auch für Kosten des Datentransfers), nicht abgezogen werden. Dies führt bei den Kreditinstituten zu einer definitiven Kostenbelastung.

Nur wenn diese Kosten umsatzsteuerfreien und umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen zuzurechnen sind (zum Beispiel Miete für Geschäftsräume, Mobiliar und Betriebsvorrichtungen), ist die in den Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer anteilig zu einer im Verhältnis der Ausgangsumsätze errechneten Quote (sogenannter Vorsteuerschlüssel) abzugsfähig.

Kostensenkung durch Outsourcing im Zahlungs- und Überweisungsverkehrs

Aus Kostengründen ist der Trend zu beobachten, dass immer mehr Filialen geschlossen und sogenannte SB-Center mit Geldautomaten eingerichtet werden. Diese werden heutzutage aber immer häufiger nicht mehr von den Kreditinstituten selbst betrieben, sondern diese bedienen sich externer Dienstleister.

Dienstleister, die für Banken tätig sind, können ebenfalls die Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen, wenn ihre Leistungen für den Bankbereich wesentlich und spezifisch sind. Das Umsatzsteuergesetz sieht keine persönlichen Befreiungen nur für Banken oder Sparkassen vor, sondern befreit immer den Umsatz, ganz gleich welcher Unternehmer ihn ausführt.

Umsatzsteuerpflichtig sind demgegenüber Leistungen mit rein technischem und administrativem Charakter. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, soll nunmehr in einem Verfahren zum Outsourcing des Betriebs von Geldautomaten vor dem Europäischen Gerichtshof geklärt werden.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz für Umsatzsteuerbefreiung

In dem zu entscheidenden Sachverhalt hatte eine Bank den Betrieb von Geldautomaten weitgehend auf einen Dienstleister ausgelagert (Versorgung mit Geldautomaten, Wartung und Instandhaltung von Geldautomaten, Übernahme der mit dem Betrieb der Automaten verbundenen Datenverarbeitung.) Diese Leistungen erfüllen nach Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG-Urteil vom 23.Oktober 2014, Aktenzeichen 6 K 1465/12) die nach der Rechtsprechung geforderten charakteristischen Merkmale, das heißt die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines Umsatzes im Zahlungsverkehr. Sie bestehen darin, dass unter entsprechender Verbuchung eine Übertragung der Gelder und damit eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Änderung bewirkt werden.

Das Finanzgericht hatte entschieden, dass im zugrunde liegenden Sachverhalt eine Steuerbefreiung zu gewähren war, weil ein einheitliches Leistungspaket vorgelegen hat. Diese Sichtweise ist zu begrüßen, denn es darf keinen Unterschied machen, ob die Bank die Geldautomaten betreibt oder sich eines Dienstleisters bedient, wenn dieselben Tätigkeiten durchgeführt beziehungsweise Leistungen erbracht werden.

Bundesfinanzhof verweist an EuGH

Demgegenüber zweifelt der BFH scheinbar an der Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen und hält eine Klärung durch den EuGH für erforderlich. Mit dem genannten Beschluss legt er die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, da sich das nationale Umsatzsteuerrecht an den Vorgaben der geltenden Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu orientieren hat. Bei ernsthaften Zweifeln an der Auslegung der Richtlinie ist der BFH zur Einleitung von Vorabentscheidungsersuchen verpflichtet.

Der EuGH hat nunmehr zu entscheiden, welche Reichweite seiner Rechtsprechung zum umsatzsteuerfreien Outsourcing im Bankbereich zukommt.

Konkret soll geklärt werden, ob technische und administrative Schritte, die ein Dienstleister für eine einen Geldautomaten betreibende Bank und deren Bargeldauszahlungen mit Geldautomaten erbringt, nach Art. 135 Abs.1 Buchst. d der Mehrwertsteuersystemrichtlinie umsatzsteuerfrei sein können. Gleichartige technische und administrative Schritte, die ein Dienstleister für Kartenzahlungen beim Verkauf von Kinokarten erbringt, sind gemäß dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Bookit vom 26. Mai 2016 (C-607/14) nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Vergleich mit dem EuGH-Verfahren "Bookit"

In dem EuGH-Verfahren, Rechtssache Bookit, hat die Gesellschaft Bookit (Tochtergesellschaft einer Kinokette) verschiedene Leistungen in der Abwicklung von Debit- und Kreditkartenzahlungen beim Kauf von Kinokarten erbracht. Bookit übermittelte die Daten von Kinokunden an die Händlerbank und erhielt im Akzeptanzfall eine Bestätigung, dass die Kinokarten verkauft werden können.

Im Streitfall der Geldautomaten erhob der Dienstleister ebenso wie in der Rechtssache Bookit Daten von der Geldkarte des jeweiligen Benutzers der Geldausgabeautomaten als Kunde und veranlasste die Weiterleitung dieser Daten an die Bank, die die Geldkarte ausgegeben hat. Ebenso wie in der Rechtssache Bookit führte der Dienstleister die vom jeweiligen Benutzer angestrebte Transaktion nur dann durch, wenn sie einen von der ausgebenden Bank erteilten Autorisierungscode erhielt.

BFH vermisst Auftragsfreigabe durch den Dienstleister selbst

Damit fehlt es nach Auffassung des BFH an der erforderlichen Prüfung und Freigabe einzelner Aufträge durch den Dienstleister selbst. Die Tätigkeit der Klägerin unterscheidet sich nur insoweit von der, die Bookit ausübte, als bei Bookit die angestrebte Transaktion im Erwerb einer Kinokarte bestand, während im Streitfall Geldauszahlungen über Geldausgabeautomaten vorgenommen wurden.

Dieser Unterschied im Hinblick auf die Verwendung der bezogenen Leistung durch den jeweiligen Auftraggeber, bei dem es sich wie bei Bookit um einen Kinobetreiber oder wie im Streitfall um eine Bank handeln kann, rechtfertigt nach Auffassung des BFH aber möglicherweise keine unterschiedliche Beurteilung der Leistung (casus knaxus). Der Gegenstand der Leistung bestand in beiden Fällen "im Wesentlichen aus einem Austausch von Informationen" und genüge damit nicht den Voraussetzungen, die für eine Steuerfreiheit zu erfüllen sind.

Nur technische Leistungen oder Leistungspaket?

Fraglich ist daher, ob sich ein wesentlicher Unterschied daraus ergibt, dass in der Rechtssache Bookit ein gesonderter Kinokartenkaufvertrag vorliegt, an dem es hier fehlt. Allerdings stellt der EuGH in seinem Urteil Bookit nicht darauf ab, ob die technischen Unterstützungsdienstleistungen für den Verkauf einer Sachleistung (Kinobesuch) oder für eine steuerfreie Leistung durch eine Bank verwendet werden.

Neben dem wesentlichen Unterschied zum Kauf einer Kinokarte (Verfahren Bookit) be steht der Unterschied darin, dass in dem zugrunde liegenden Sachverhalt ein einheitliches Leistungspaket ("Rund-um-sorglos-Paket") vorgelegen hat. Aus diesem Grund gewährte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in der Vorinstanz auch die Umsatzsteuerbefreiung. Es handele sich nicht lediglich um technische und administrative Tätigkeiten, sondern um ein Leistungspaket, im Rahmen dessen die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines Umsatzes im Zahlungsverkehr von dem externen Dienstleister ausgeführt wurden.

Umsatzsteuerpflicht erschwert Auslagerung und Kooperationen

Die Entscheidung des EuGH bleibt zunächst abzuwarten. Beurteilt der EuGH den Sachverhalt umsatzsteuerpflichtig, hätte diese Entscheidung große wirtschaftliche Bedeutung.

Die dann entstehende Umsatzsteuerpflicht würde bei den Kreditinstituten - sofern sie derzeit von der Umsatzsteuerbefreiung Gebrauch machen - zu zusätzlichen Aufwendungen führen, da die Umsatzsteuer nicht vollständig als Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Die zusätzliche Umsatzsteuer als "Kostenblock" wirkt oftmals als Hemmnis und erschwert betriebswirtschaftlich sinnvolle Auslagerungen, aber auch die Zusammenfassung von Aktivitäten (zum Beispiel gemeinsame SB-Center mehrerer Kreditinstitute).

Zu den Autoren Dr. Florian Holle, Abteilungsdirektor und Leiter Steuerrecht, Esther Dallmann, Steuerberaterin, Referentin Steuerrecht Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. (DSGV), Berlin
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