Rechtsfragen

Juristisches Outsourcing als Antwort auf die Regulierung

Rudolf Geyer, Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase)

Immer mehr wird die Regulierung zur zentralen Herausforderung für den wirtschaftlichen Erfolg von Banken. Schließlich blockiert sie Ressourcen, die beispielsweise für die Digitalisierung dringend benötig werden. Die Antwort auf diese Problematik sieht Rudolf Geyer im Wertpapiergeschäft im juristischen Outsourcing, bei dem eine Servicebank nicht nur die Abwicklung, sondern auch die juristische Depotführung übernimmt - einschließlich aller rechtlichen und regulatorischen Pflichten wie etwa dem Reporting. Red.

Die deutsche Bankenbranche steht unter Druck. Es sind gleich vier Treiber, die die Bankvorstände zum Handeln zwingen: die zunehmende Regulierung seitens der Aufsichtsbehörden, die Digitalisierung, die umfangreiche Investitionen in Technik und Service erfordert, die wachsende Zahl an Fintech-Unternehmen, die zusehends Nischen des Bankgeschäfts besetzen, und nicht zuletzt das veränderte Kundenverhalten, das ein Mehr an Service und Flexibilität einfordert.

Regulierung als zentrale Herausforderung für den Erfolg

In der Bankenbranche ist es ein offenes Geheimnis: Die Auswirkungen der Regulierung sind zumindest auf mittlere Sicht die zentrale Herausforderung für den wirtschaftlichen Erfolg von Bankhäusern. Mit zunehmender Tendenz. Sowohl die Häufigkeit als auch die Geschwindigkeit, mit der neue regulatorische Anforderungen anstehen und umgesetzt werden müssen, nehmen stetig zu.

Der entsprechende Gesamtaufwand den Umsetzung und Anwendung neuer Regeln erfordern, wird vom Bundesverband deutscher Banken branchenweit auf rund neun Milliarden Euro geschätzt. Während die direkten Kosten bei etwa zwei Milliarden Euro liegen, werden die indirekten Kosten beispielsweise einer verbesserten Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung mit rund sieben Milliarden Euro beziffert.

Dabei könnten diese Mittel sehr viel besser investiert werden, in den Ausbau des eigenen Geschäfts. Denn hier sieht sich jedes Bankhaus vor allem der zunehmenden Digitalisierung gegenüber, die beispielsweise weitergehende Angebote, neuartige Services, mehr Transparenz und eine schnellere und präzisere Abwicklung erlaubt. Diese Möglichkeiten zu nutzen, setzt allerdings erhebliche Investitionen in die Technik wie auch in die Mitarbeiter voraus.

Zumal die Digitalisierung kein Wunschkonzert ist, sondern ein Sachzwang. Selbstverständlich kann jeder Bankvorstand für sein Haus entscheiden, ob und wie weit er mit der Digitalisierung mitgeht oder ob die zwar funktionierenden, aber möglicherweise veralteten Leistungsstandards beibehalten werden. Aber niemand wird verhindern können, dass seine Wettbewerber schneller und umfangreicher modernisieren und sich damit einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten.

Konkurrenz durch Fintechs und Bigtechs

Fintech-Unternehmen haben dies vorgemacht. Sie nutzen die digitalen Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, um einzelne Teilbereiche des Bankgeschäfts aufzugreifen, zu verbessern und ihre Leistungen am Markt anzubieten. Lange Zeit belächelt und nicht erst genommen, agieren erste Fintechs inzwischen durchaus erfolgreich - und nehmen etablierten Banken in Teilbereichen mehr und mehr Marktanteile ab. Noch sind diese Tech-basierten Anbieter auf bestimmte Teilbereiche konzentriert. Aber weder ist damit zu rechnen, dass sie ihre Bemühungen einstellen werden, noch dass sie sich auf Dauer mit Teilbereichen begnügen werden.

Überdies droht mit den sogenannten Bigtechs eine überaus ernst zu nehmende Konkurrenz. Unter Bigtechs werden Unternehmen wie Google, Apple, Amazon oder Ebay verstanden, die aufgrund ihrer Bekanntheit, ihren Kundenbeziehungen sowie ihrer finanziellen Potenz in der Lage sind, sehr schnell eine prägende Rolle im Markt für Finanzdienstleistungen, Zahlungsverkehr oder Unternehmensfinanzierung einzunehmen. Auch dessen müssen sich Banken bewusst sein, die in Anbetracht der derzeitigen Herausforderungen den Kopf lieber in den Sand stecken.

Dies gilt nicht zuletzt, weil wir auch dramatische Veränderungen auf der Kundenseite feststellen. Wer auch in der nachwachsenden, zahlungskräftigen Zielgruppe Kunden gewinnen möchte, muss mit der Zeit gehen und attraktive Produkte und Services anbieten. Dass jüngere Menschen eine Bankfiliale betreten, um sich dort beraten zu lassen, hat heute Seltenheitswert. Sie wollen über alle möglichen Kanäle wie Desktop-PC, Smartphone oder Tablet auf ihre Konten und Depots zugreifen können und ihre Bankgeschäfte online erledigen.

Regulierung blockiert Ressourcen

Einerseits nimmt mit jedem technischen Innovationszyklus die Zahl der Interaktionskanäle zu, andererseits steigt damit die Anspruchshaltung der Kunden. Technik, Prozesse, Produkte und auch der Dialog mit dem Kunden müssen in immer kürzeren Abständen weiterentwickelt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es auch einer digitalen Ansprache bedarf, um diese Generation zu erreichen. So wird einerseits der Bankberater gefragt bleiben, aber eben immer weniger persönlich in einer Filiale. Damit nicht genug, greifen auch immer mehr der traditionellen Bankkunden - nicht zuletzt aufgrund der Gebührenpolitik der Geldinstitute - auf Online-Angebote zurück und sind damit ebenfalls physisch immer schwerer zu erreichen.

Damit sind wir wieder bei der Kernfrage: Banken müssten sehr viel mehr in den Ausbau und die Modernisierung ihres Geschäftsbetriebs investieren - in Technik ebenso wie in Menschen. Doch die zunehmende Regulierung blockiert die dafür notwendigen Ressourcen. Damit finden sich Bankvorstände immer öfter in einer Wettbewerbsklemme wieder. Zumal sich die Auflagen der Regulierer nicht umgehen lassen. Jedoch gibt es eine recht einfache und komfortable Lösung: Kooperationen!

Es ist nicht notwendig, dass jedes Bankhaus alle Dienstleistungen aus eigener Hand anbietet und sämtliche Abwicklungsschritte selbst erledigt. Es ist vielmehr ratsam, sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren, zu schauen, an welcher Stelle ein unmittelbarer Kundenkontakt notwendig ist und welche Services selbst erstellt werden müssen. Dabei zeigt sich schnell, dass es viele Bereiche gibt, die gemeinsam mit Partnern erledigt oder outgesourct werden können.

Unterschiedliche Kooperationsmodelle

Bislang konzentrierten sich die Kooperationsmodelle in der Bankenbranche überwiegend auf branchenfremde oder nachgelagerte Aufgaben. Beispielshaft zu nennen wäre hier die IT oder etwa die Wertpapierabwicklung. Und auch der Grad der Kooperationstiefe ist höchst unterschiedlich. So ist festzustellen, dass insbesondere Privatbanken sich Koopera tionen noch immer verschließen und bevorzugt auf hauseigene Lösungswege setzen.

Kleinere und mittelgroße Bankinstitute mit Weitblick setzen sich indes verstärkt mit dem Gedanken auseinander, wie sie die regulierungs- und damit kostenintensiven Dienstleistungen im Wertpapiergeschäft mittels Kooperationen angehen und damit dauerhaft ökonomisch tragfähig anbieten können. Sie stellen ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand und entwickeln neue, digitale Konzepte, um Kunden beispielsweise für das Wertpapiergeschäft zu gewinnen. Hier erwarten Experten, dass die klassische Anlageberatung zumindest auf Dauer zu aufwendig wird, um sie jedem Kunden anbieten zu können. So gehe der Trend eindeutig in Richtung beratungsfreies Geschäft und standardisierter Lösungen in der Vermögensverwaltung. Denn nicht für jede Vermögensgröße lassen sich individuelle Betreuung und umfangreiche Beratung noch kostendeckend darstellen.

Als Alternative wäre hier an eine vollständige digitale Vermögensverwaltung auf ETF-Basis wie Fintego Managed Depot zu denken. Der Eröffnungsdialog und alle weiteren Schritte bis hin zur Geldüberweisung können online erfolgen. Auch die Anmeldung erfordert beispielsweise via Video-Ident keinen physischen Kontakt mehr. Inzwischen sind die Modelle zur Anmeldung so ausgereift, dass auch die nach MiFID beziehungsweise WpHG erforderlichen Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfungen online ausgeführt werden können. Der Einsatz von ETFs für die Asset Allocation erlaubt überdies eine flexible und kostengünstige Ausführung unterschiedlicher Anlagedepots, die in verschiedenen Risikostufen angeboten werden können, sodass sich jeder Anleger unkompliziert für eine für ihn passende Variante entscheiden kann.

Die Betreuung der Depots, die Dokumentation, die Überwachung und gegebenenfalls auch Umschichtungen lassen sich von einem Dienstleister wie Ebase aus einer Hand erledigen, bis hin zum Ausstellen der steuerlichen Dokumente. Dabei können Banken oder andere Kooperationspartner die digitale Vermögensverwalter als White-Label-Lösung auf ihrer eigenen Homepage in ihrem eigenen Erscheinungsbild anbieten, ohne dass der Dienstleister in Erscheinung tritt. Die Bank behält den Kontakt zum Kunden und Ebase erledigt sämtliche Aufgaben im Hintergrund. Das bringt überdies den Vorteil, dass die kooperationsbereite Bank Ressourcen freisetzt, die sie für die Kundenbetreuung, neue Produkte oder weitergehende Services einsetzen kann. Das betrifft sowohl finanzielle als auch menschliche Ressourcen.

Juristisches Outsourcing setzt Ressourcen frei

Das Gleiche ist durch das Outsourcing der Depotführung möglich. Die Modelle für ein erfolgreiches Wertschöpfungsnetzwerk müssen wegen der Komplexität des Themas individuell vereinbart werden.

- So kann etwa die juristische Depotführung bei der Bank bleiben und der Kooperationspartner übernimmt im Wege der Auslagerung die technische Abwicklung der Kundendepots.

- Es ist aber auch möglich - und bereits gelebte Praxis -, dass der Kooperationspartner alle rechtlichen- und regulatorischen Pflichten übernimmt. Hier haben sich die CVW Bank und zuletzt die Wüstenrot Bank AG Pfandbriefbank zu diesem Schritt einer weitreichenden Kooperation entschlossen.

Im Rahmen einer Kooperation hat Ebase die juristische Depotführung ihrer Kunden übernommen. Zugleich wurden beiden Häusern die Depots als White Labeling in ihrem gewohnten Erscheinungsbild zur Verfügung gestellt, was es ermöglicht, die Depotführung im gewohnten Stil der Privatbank weiterzuführen und in den Gesamtauftritt zu integrieren. Verbessert wurde dabei beispielsweise das Reporting, das nicht mehr über den Postversand erfolgt, sondern jedem Anleger digital über einen digitalen Online-Postkorb zugestellt wird. Der persönliche Kundenkontakt wiederum findet bei beiden Bankhäusern auch weiterhin ausschließlich über die eigenen Bankberater statt.

Insbesondere beim juristischen Outsourcing, bei dem eine Bank die Depotführung vollständig wie beschrieben auf eine Servicebank überträgt, reduziert sie signifikant die eigene Fertigungstiefe wie auch die rechtliche Verantwortung der Depotführung. Zugleich kann sie mit den freigesetzten Ressourcen das Angebot für die Kunden deutlich erweitern und die Kooperation mit Vermittlern sowie die Neukundengewinnung forcieren.

Noch zögern viele Banken vor dem Schritt zum juristischen Outsourcing, aus Furcht, den Kontakt zum Kunden zu verlieren. Doch die Erfahrungen aus erfolgreichen Übertragungen zeigen, dass diese Bedenken unnötig sind, die Depots wurden nahezu vollständig übertragen. Entscheidend ist für Kunden vielmehr, dass der Service stimmt, keine rechtlichen Probleme entstehen und die Beratung vor Ort oder online genauso gut - oder besser - ist wie zuvor. Banken mit einer exzellenten Kundenbindung müssen demnach keine Bedenken vor der juristischen Auslagerung haben. Sie sollten vielmehr die nächste Kundengeneration im Auge haben. Denn schon jetzt müssen Banken große Anstrengungen leisten, um insbesondere junge Kunden zu halten oder neu zu gewinnen.

Zum Autor Rudolf Geyer, Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase), Aschheim
Rudolf Geyer , Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase), Aschheim
Noch keine Bewertungen vorhanden


X