Wertpapiertgeschäft

Nicht nur Union: Das Dachfondskonzept der Volksbank Sprockhövel

Jörg Wenner, Wertpapierspezialist, Volksbank Sprockhövel eG, Sprockhövel

Seit 2013 setzt die Volksbank Sprockhövel im Fondsbereich eine Investmentstrategie im Fondsbereich um, bisher jeweils als Einzelanlage. Der regulatorische Aufwand für Beratung und Dokumentation wurde jedoch immer größer, weshalb sich die Bank dafür entschied, stattdessen einen Dachfonds aufzulegen. Neben der Entlastung für die Berater verspricht sich die Bank davon auch Neugeschäft in der Region und sogar bundesweit. Als Service-KVG entschied man sich dabei nicht für die Union, sondern für Hansainvest. Auch befreundete Volksbanken haben an dem Ansatz bereits Interesse gezeigt, berichtet Jörg Wenner. Red.

Dass sowohl Volks- und Raiffeisenbanken als auch Sparkassen Fonds aus dem jeweiligen Verbund anbieten, ist erst einmal nichts Ungewöhnliches. Ebenso kommt es vor, dass die eigenständigen regionalen und lokalen Vertretungen eigene Fonds auflegen und ihren Kunden als Alternative für die Geldanlage offerieren.

Wenn nun aber eine Volksbank einen Fonds auflegt und sich bei der Partnerwahl zur Fondsauflage für ein Unternehmen außerhalb des Bankenverbundes entscheidet, hat dieser Fall doch Seltenheitswert.

Mit der Volksbank Sprockhövel ist ein Institut aus dem Genossenschaftsverbund im Sommer dieses Jahres genau diesen Weg gegangen. Zur Jahresmitte hat sie mit dem Vis Bonum Defensus und dem Vis Bonum Ratio zwei Dachfonds mit der Hansainvest aufgelegt.

Der Prozess zur Auflage eines Fonds beginnt typischerweise mit einem Initiator, der ein nicht existentes oder nicht ausreichendes Angebot am Markt bemerkt und dieses Angebotsdefizit durch ein entsprechendes Produkt ausgleichen möchte - da er davon ausgeht, dass der Markt dieses Produkt nachfragen wird.

Um aber Anlegern überhaupt ein auf seiner Investmentidee basierendes Produkt auf dem Markt anbieten zu können, muss er sich für ein adäquates Vehikel entscheiden. Oftmals wird hier ein Investmentfonds gewählt, da dieser verschiedene Vorteile für den Anleger, aber auch für den Initiator mit sich bringt. Nach der Entscheidung, einen eigenen Fonds aufzulegen, stehen dem Initiator jedoch noch zahlreiche Herausforderungen - sowohl regulatorischer als auch organisatorischer Natur - bevor.

Neuer Vermögensmanagementbereich seit 2013

Bei der Volksbank Sprockhövel gestaltete sich dieser Weg ein wenig anders. Im Jahr 2013 wurde mit dem Vermögensmanagement ein Bereich aufgestellt, der komplett anders "laufen" und sich somit auch klar von den Mitbewerbern unterscheiden soll.

Neben der Spezialisierung auf Anlagen in Einzeltitel im Renten- und Aktienbereich, der Möglichkeit, Optionsgeschäfte über die Eurex zu tätigen oder eigene Aktienanleihen mit verschiedenen Emittenten aufzulegen, wurde auch eine Investmentstrategie im Fondsbereich entwickelt. Diese wird seit dieser Zeit in den Depots der Kunden jeweils als Einzelanlage umgesetzt. Dieses ist sowohl in einem klassischen Depot als auch in einem Servicedepot mit All-in-Fee möglich.

Aufwendiger Beratungsprozess

Die einzelnen Fonds wurden bislang, je nach Marktentwicklung, auf die aktuell bestehende Situation angepasst. Sowohl das Angebot als auch die Nachfrage bestanden also bereits.

Da der Aufwand, die Strategie in den Kundendepots jeweils als Einzelanlage umzusetzen, mit jeder Erweiterung um ein zusätzliches Produkt wuchs, wurde Ende 2015 intern das erste Mal darüber gesprochen, die Anlagestrategie in einem eigenen Dachfonds selbst zu bündeln.

Die Vorteile sind offensichtlich: Da die Strategie, die unterschiedliche Anlagethemen gleichgewichtet miteinander kombiniert, acht Einzelfonds umfasst, muss die Beratung der Kunden zu den einzelnen acht Fonds separat dokumentiert und umgesetzt werden. Im Rahmen einer weiteren Strategieerweiterung stellte sich heraus, dass der regulatorisch bedingte Organisationsaufwand Ausmaße erreicht hatte, den das Haus alleine kaum zu leisten im Stande war.

Das Modell der Einzelanlage hat sich überholt

Um die Anlagestrategie aber auch zukünftig wirtschaftlich und im Sinne des Kunden umsetzen zu können, bedurfte es einer Anpassung - das Modell der Einzelanlage hatte sich im Hause überholt. Die hieraus ableitbare Fragestellung lautete demnach: Wie lässt sich die Idee möglichst gut umsetzen? Durch eine externe Stelle, durch die Bank selbst oder durch die Auflage eines Dachfonds?

- Die Bevollmächtigung der Berater für die Depots der Kunden wurde sofort ausgeschlossen, da diese Lösung rein rechtlich äußerst bedenklich schien. Denn damit wäre zum einen die Beziehung zwischen Berater und Kunden belastet und zum anderen auch die Verantwortlichkeit der Berater als angestellte Mitarbeiter überstrapaziert worden.

- Der Aufbau einer eigenen Vermögensverwaltung wäre dagegen mit einem personellen Aufwand verbunden gewesen, den eine kleinere Volksbank nicht leisten kann.

- Somit erschien die Auflage eines Dachfonds als die attraktivste aller Varianten.

Aus acht mach eins

Gründe für die Entscheidung zur Auflage eines Dachfonds existieren mehrere. Grundsätzlich gibt ein Dachfonds der Bank die Möglichkeit, auch weiterhin die Kontrolle über die Zielfonds zu haben. Der Fokus der tagtäglichen Arbeit im Portfoliomanagement liegt in der Fondsselektion kleinerer, inhabergeführter Fondsboutiquen. Dabei geht es darum, die Perlen unter dem gesamten Fondsuniversum zu finden und die Kompetenz der Bank in diesem Bereich darzustellen. Diese Kompetenz ist auch ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal zu Mitbewerbern im Wertpapiergeschäft.

Der wachsende regulatorische und organisatorische Aufwand, die Einzelanlage in den Kundendepots entsprechend zu verwalten, hatte das Haus in dieser Kompetenz jedoch gehemmt. Die Fondsauflage gibt ihm somit wieder Freiheiten zurück. Eine jährliche Reallokation der Einzelfonds findet nun auf Fondsebene und nicht mehr auf Kundenebene statt. Dadurch können die Fonds am gleichen Tag reallokiert werden. Eine Gleichgewichtung der Einzelfonds war im Bankdepot aufgrund der fehlenden Möglichkeit von Bruchstücken nicht darzustellen.

Administrative Erleichterung für die Berater

Zudem stellt der Dachfonds auch eine administrative Erleichterung für die Berater da. Anstatt ihre Kunden zu allen acht Fonds einzeln zu beraten, können sie anhand eines Produkts die Philosophie der Fondsstrategie beschreiben und erklären. Dies spielt auch mit Blick auf die Regulierung eine Rolle. Unter dem Aspekt von MiFID II können den Kunden unterschiedliche Anlagethemen und Assetklassen in einem Produkt angeboten werden. Auch die Verlustdokumentation findet nur noch bei einem einzigen Fonds statt. Davon profitieren auch die Kunden, das Angebot ist übersichtlicher, die Inhalte und Strategien sind transparenter.

Alleinstellungsmerkmal in der Region

Darüber hinaus weisen die Berater eine hohe Identifikation mit den Fonds und deren Anlagestrategie auf. Dies hat den positiven Effekt, dass die Beratungskompetenz auf einem besonders hohen Niveau ausgebaut wird.

Dem entsprechend verschafft sich die Volksbank Sprockhövel ein Alleinstellungsmerkmal in ihrer Region, sodass auch Kunden anderer Institute an der Strategie partizipieren können. Schließlich kann die Anlageidee als Dachfonds deutschlandweit vertrieben werden.

Die ersten Schritte

Wie auch jedem anderen Fondsinitiator standen der Bank in den kommenden Wochen und Monaten nach dem Entschluss, einen Fonds aufzulegen, zahlreiche Aufgaben und Herausforderungen bevor. Eine wichtige Entscheidung zu Beginn war, die richtigen Partner auszuwählen. Während die Portfolioverwaltung im Haus verbleiben sollte, wurden eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) für die Administration des Investmentvermögens sowie eine Verwahrstelle benötigt. Bei der Suche nach der richtigen KVG wurden viele Gespräche geführt - sowohl im genossenschaftlichen Verbund als auch mit unterschiedlichen externen Anbietern.

Folgende Punkte waren dabei die grundlegenden Selektionskriterien:

- persönliche Kundenbetreuung rund um den Prozess der Fondsauflage und der Lebensphase des Fonds,

- Umfang der Erlaubnis zur Administration von Investmentvermögen hinsichtlich Fondsarten und Assetklassen,

- Prozesssicherheit und -transparenz,

- Dauer der Fondsauflage,

- faire Ausgestaltung der Gebührenmodelle,

- Eigenmittelausstattung und Gesellschafterstruktur der KVG sowie

- Flexibilität und Individualität.

Die Wahl fiel in diesem Zuge auf die Hansainvest, denn die handelnden Personen vermittelten nicht nur einen vertrauensvollen Eindruck, sondern konnten darüber hinaus glaubhaft deutlich machen, als Partner auf Augenhöhe zu fungieren. Da sich in den kommenden Wochen und Monaten genügend Anlässe ergaben, mit dem neuen Partner zu kommunizieren, ist dies ein Kriterium, das jeder Initiator bei der Auswahl einer KVG auf jeden Fall berücksichtigen sollte. Mit der Entscheidung für eine KVG und der Hansainvest an der Seite der Bank war ein weiterer entscheidender Schritt zur Auflage des Fonds vollzogen.

Hansainvest als Service-KVG

Die Hansainvest handelt im Auftrag der Volksbank Sprockhövel als eine sogenannte Service-KVG. Als solche übernimmt sie die Fondsauflage und die Administration des Investmentvermögens sowie darüber hinaus auch das Risikomanagement, die Compliance-Funktion, die Fondsadministration und das Reporting. Die KVG achtet also beispielsweise auf die Einhaltung der Anlagerichtlinien, in denen die Anlagegrenzen festgelegt sind.

Auch die tägliche Bewertung des Fondsvermögens obliegt der KVG, sodass der Anleger immer über die Wertentwicklung des Fonds sowie über die genauen Positionen im Fonds informiert ist. So kann die Bank sich auf ihre Kernkompetenz, das Portfoliomanagement des Fonds, konzentrieren. Neben der Erfüllung der bestehenden rechtlichen Verpflichtung bedeuten die Dienstleistungen der Service-KVG aus Sicht der Bank auch eine externe Erweiterung ihrer Expertise und ihrer Ressourcen.

Als weiterer gesetzlicher Partner wurde Donner & Reuschel als Verwahrstelle ausgewählt. Neben anderen Verwahrstellen ist auch Donner & Reuschel als Schwestergesellschaft bereits an die Hansainvest angebunden. Auch wenn die Bank bei der Wahl der Verwahrstelle frei und keineswegs verpflichtet war, die Schwestergesellschaft oder andere Referenzpartner der Hansainvest auszuwählen, war es eben diese Kombination, die überzeugte, ein gutes Partnernetzwerk für die erste eigene Fondsauflage ausgewählt zu haben.

Dieses Netzwerk schien letztendlich der Garant für eine erfolgreiche und unkomplizierte Fondsauflage. Während des gesamten Projektes konnte sich die Bank darauf fokussieren, die Anlagestrategie weiterzuentwickeln, interne Prozesse entsprechend an die neue Situation anzupassen und die Kunden zu informieren.

Befreundete Volksbanken zeigen Interesse

Obgleich wir mit diesem Weg sicherlich noch unausgetretene Pfade betreten haben, ist die Volksbank Sprockhövel nicht die erste Volksbank, die einen eigenen Fonds außerhalb des Verbundes aufgelegt hat. Und es ist zu berichten, dass einige befreundete Volksbanken den Prozess als positiv erachten und sich regelmäßig über den aktuellen Stand informieren ließen.

Fazit: Es war ein entscheidender Schritt, die Anlagestrategie, von der die Bank voll und ganz überzeugt ist, weiter fortführen und darüber hinaus auch weiterentwickeln zu können. Im Sinne des Kunden war dieser Schritt wichtig und der einzig richtige.

Zum Autor Jörg Wenner, Wertpapierspezialist, Volksbank Sprockhövel eG, Sprockhövel
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