Portale

Rechtliche Anforderungen an Vergleichsportale

Jürgen W. Fischer, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht, Kanzlei JW Fischer, Frankfurt am Main

Quelle: Kanzlei JW Fischer

 

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zu den Informationspflichten von Vergleichsportalen ist nur bedingt nachzuvollziehen, meint Jürgen W. Fischer. Den Verbrauchern müsse eigentlich bewusst sein, dass auch solche Portale sich irgendwie finanzieren müssen. Gleichwohl ist nun klar: Auf den Erhalt von Provisionen muss hingewiesen werden. Von größerer Brisanz ist nach Einschätzung des Autors das Urteil des OLG München zu Check 24. Denn wenn Vergleichsportale, sofern sie Versicherungen vermitteln, als Makler einzustufen sind, ergeben sich daraus die gleichen Beratungspflichten wie für Versicherungskaufleute. Red.

Vergleichsportale werden intensiv beworben und erfreuen sich großer Beliebtheit. Dem Verbraucher soll die Möglichkeit geboten werden, unter mehreren Anbietern des von ihm gewünschten Produkts den passenden und preisgünstigsten zu finden. Wer zwischen mehreren Angeboten wählen will und soll, benötigt jedoch Informationen, um seine Entscheidung sachgerecht treffen zu können.

Mit der Frage, welche Informationen der Betreiber eines Vergleichsportals den Verbrauchern geben muss, damit diese sich sachgerecht entscheiden können, hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 27. April 2017 (Aktenzeichen I ZR 55/16) beschäftigt. Das Urteil betrifft ein "Bestatterportal", gilt aber grundsätzlich für alle Vergleichsportale.

Deutlich auf Provisionen hinweisen

Der Betreiber des Portals erzielte seine Einnahmen, wie wohl die meisten Betreiber, durch Provisionen, was zur Folge hatte oder jedenfalls haben konnte, dass in den Vergleichsergebnissen nur, oder jedenfalls mit besserer Platzierung, Anbieter auftauchen, die Provisionen an den Betreiber zahlen. Auf diesen Umstand hatte der Betreiber des Portals nicht ausdrücklich hingewiesen und dadurch nach der Auffassung des BGH durch irreführende Angaben unlauter gehandelt. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt, vereinfacht zusammengefasst, unlauter, wer dem Verbraucher wichtige Informationen vorenthält. Der Nutzer eines Vergleichsportals erwartet nach der Auffassung des BGH, einen sachgerechten Vergleich aller Anbieter zu erhalten, und rechne deswegen nicht damit, dass ihm nur eine begrenzte Auswahl genannt wird.

Diese Auffassung des BGH von der Erwartungshaltung eines Verbrauchers muss man nicht teilen. Denn einem durchschnittlich aufgeklärten Verbraucher dürfte klar sein, dass sich ein Vergleichsportal nicht von selbst finanziert. Zuzugeben ist dem BGH jedoch, dass ein Verbraucher trotz dieser Kenntnis nicht sicher wissen kann, ob und gegebenenfalls wie sich die Finanzierung des Portals auf die Liste der im Suchergebnis genannten Anbieter auswirkt.

Als Fazit ist somit festzuhalten, dass Betreiber von Vergleichsportalen, die bei den Suchergebnissen nicht alle marktrelevanten Anbieter, sondern nur eine begrenzte Auswahl auflisten, die Nutzer beim ersten Aufruf der Seite deutlich auf diesen Umstand und den Erhalt von Provisionen hinweisen müssen.

Check-24-Urteil mit Brisanz

In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht München in einem Urteil vom 6. April 2017 (Aktenzeichen. 29 U 3139/16) geurteilt. Von Brisanz ist das Urteil deshalb, weil nach der Auffassung des Gerichts der Betreiber eines Vergleichsportals (hier: Check 24) als Makler auftritt, wenn er von den gelisteten Versicherern bei Abschluss eines Vertrages eine Provision erhält.

Brisant ist das deswegen, weil nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ein Makler Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten gegenüber dem potenziellen Versicherungsnehmer hat. Erfüllt er diese Pflichten nicht oder nur unzureichend, haftet er dem Versicherungsnehmer auf Schadensersatz. Das VVG verlangt, dass der Makler den Versicherungsnehmer nach dessen Wünschen und Bedürfnissen befragt, dementsprechend berät, eine passende Versicherung vorschlägt oder sogar vom Abschluss einer Versicherung abrät. Nach der Auffassung des OLG gelten somit im Online-Vertrieb die gleichen Grundsätze und Pflichten wie für Versicherungskaufleute.

Beratungspflichten nach VVG auch für Portale

Aus diesem Urteil folgt, dass Betreiber von Vergleichsportalen, die gegen Provision Versicherungen vermitteln, künftig beim ersten Aufruf ihrer Internetseite darauf hinweisen müssen, dass sie nicht nur ein Vergleichsportal anbieten, sondern auch als Vermittler von Versicherungen auftreten und dafür bei Abschluss eines Vertrages eine Provision von der Versicherung erhalten.

Schwerer wiegt jedoch, dass die Betreiber die oben genannten vom VVG verlangten Pflichten erfüllen, also den Versicherungsnehmer befragen und beraten müssen. Was dies im Einzelnen bedeutet, hängt von den konkreten Wünschen und Vorstellungen des jeweiligen Versicherungsnehmers ab und kann deswegen nicht allgemein beantwortet werden.

Die Rechtsprechung zu solchen Pflichten ist dementsprechend umfangreich. Generell lässt sich festhalten, dass der Versicherungsnehmer jedenfalls danach befragt werden muss, warum er welche Versicherung zu welchem Zweck abschließen möchte.

Fragebögen mit Dilemma

Es bietet sich an und ist sicher zu empfehlen, dazu einen Fragebogen zu verwenden. Wie umfangreich dieser sein muss und ob nach der Beantwortung der Fragen Rückfragen gestellt werden müssen, hängt von der Bedeutung der Versicherung für den Versicherungsnehmer ab und kann deswegen nicht allgemeingültig beantwortet werden. Es besteht jedoch das bekannte Dilemma, dass ein als zu umfangreich empfundener Fragebogen potenzielle Kunden abschrecken und ein zu kurzgefasster Schadensersatzansprüche begründen kann.

Lassen die Antworten erkennen, dass die Versicherung für die vom Versicherungsnehmer genannten Zwecke nicht geeignet ist, wird abzuraten sein.

- So benötigen bekanntlich Jugendliche und junge Erwachsene unter bestimmten Umständen keine eigene private Haftpflichtversicherung, wenn sie noch bei den Eltern mitversichert sind, oder dann eine eigene, wenn die Mitversicherung endet, etwa wenn sie ausziehen oder ein bestimmtes Alter erreicht haben.

- Dass man Menschen ab einem gewissen Alter grundsätzlich keine Lebensversicherung vermitteln sollte, versteht sich von selbst.

- Wird ein Autofahrer bei einem Unfall verletzt, könnte er den Makler auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser bei Abschluss des Vertrages nicht auf die Möglichkeit einer sogenannten Fahrerschutzversicherung hingewiesen hat, die inzwischen von vielen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungen angeboten wird und den Fahrer vergleichbar mit einer Kaskoversicherung unabhängig davon schützt, wer den Unfall verursacht und verschuldet hat, und sogar einen Anspruch auf Schmerzensgeld beinhaltet.

- Auch auf etwaige Deckungslücken wird der Portalbetreiber hinweisen müssen. So sind bei Haftpflichtversicherungen häufig ehrenamtliche Tätigkeiten und Risikosportarten nicht versichert. Zu Risikosportarten hat der österreichische oberste Gerichtshof (öOGH) in einem relativ aktuellen Urteil vom 09. November 2016 (7 Ob 191/16p) entschieden, dass der in einer Unfallversicherung vereinbarte Risikoausschluss für die Sportart Freeclimbing nach dem Verständnis eines Versicherungsnehmers nicht für das gesicherte Klettern in einer Kletterhalle gilt.

Dieser Sachverhalt würde in Deutschland wohl ebenso entschieden werden. Hätte sich der Unfall aber beim Freeclimbing im freien Gelände ereignet und hätte der Portalbetreiber das gewusst oder wissen müssen - durch etwa erforderliche Nachfragen -, hätte er den Versicherungsnehmer auf die Deckungslücke hinweisen müssen, auch mit dem Ziel, einen Versicherer zu finden, der das Risiko abdeckt.

Auf eine andere Deckungslücke in der privaten Haftpflichtversicherung soll der Vorsitzende Richter des OLG München anlässlich des oben genannten Urteils vom 6. April 2017 hingewiesen und beispielhaft den Hobbyjäger genannt haben, dessen Blattschuss nicht das anvisierte Reh trifft, sondern einen Jagdgenossen.

Zum Autor Jürgen W. Fischer, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht, Kanzlei JW Fischer, Frankfurt am Main
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