Familienunternehmen

Unternehmer setzen auf langfristige Bankbeziehungen

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Ihre Hausbanken spielen für Familienunternehmen angesichts ihres langfristigen Managementfokus eine große Rolle. Dennoch ist auch bei ihnen die Offenheit für andere Angebote gewachsen, wissen die Autoren - vor allem dort, wo die Hausbank bestimmte Anforderungen nicht erfüllen kann. Denn obwohl der Bankkredit für die Finanzierung der Familienunternehmen die wesentliche Rolle spielt, sind sie für eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten offen, die die Kontrolle und Entscheidungshoheit der Familie nicht infrage stellen. Red.

Geldangelegenheiten sind Vertrauenssache - dies gilt aufgrund ihrer besonderen Struktur insbesondere für Familienunternehmen. Das Bestreben, die geschaffenen Werte für künftige Generationen zu bewahren, und die damit einhergehende Ausrichtung auf nachhaltige Ziele und Kontrolle führen dazu, dass sie sich in der Regel langfristig an eine kleine Anzahl von vertrauten Bankpartnern binden. Andere Anbieter werden meist nur für Spezialgeschäfte hinzugezogen.

Familienunternehmen zählen zu den Haupttreibern der Weltwirtschaft: Nach Angaben des Family Firm Institute (FFI) generieren sie über 70 Prozent des globalen BIP. Auch in Deutschland kommt ihnen ein besonderer Stellenwert zu: Etwa 90 Prozent aller hiesigen Unternehmen sind Familienunternehmen. Die 4 500 größten von ihnen (Jahresumsatz ab 50 Millionen Euro) erwirtschafteten beispielsweise im Jahr 2012 ein Fünftel der Gesamtumsätze sämtlicher Unternehmen Deutschlands und beschäftigten ein Sechstel aller Arbeitnehmer - so das Ergebnis einer Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung.

Nachhaltigkeit als oberste Prämisse

Hinsichtlich ihrer Führungsgrundsätze und Ausrichtung unterscheiden sich Familienunternehmen deutlich von sonstigen Unternehmen. Die Einzelinteressen der Gesellschafter sind dem Wohl des

Unternehmens untergeordnet, der Schwerpunkt liegt klar auf langfristigen Zielen. Während börsennotierte Unternehmen bei Investitionsentscheidungen die quartalsmäßige Berichtspflicht immer mitberücksichtigen, beträgt der Betrachtungshorizont von unternehmerischen Entscheidungen bei inhabergeführten Familienunternehmen häufig mehrere Jahre bis Jahrzehnte. Um das Unternehmen für weitere Generationen erhalten zu können, entscheiden sie weniger nach Quartalszahlen und kurzfristigen Renditeüberlegungen, sondern richten ihren Managementfokus auf Nachhaltigkeit aus.

Entsprechend gilt Unabhängigkeit und eigene Entscheidungsgewalt Familienunternehmen als höchstes Gut. Laut dem aktuellen "European Family Business Barometer" von KPMG nannten 87 Prozent der befragten Familienunternehmen die Wahrung der Kontrolle als zentralen Erfolgsfaktor - ein Anstieg von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Parallel dazu kennzeichnet sie ein starkes Bestreben nach Diskretion, Geheimhaltung und Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsinformationen.

Das Hausbank-Prinzip

Bei der Wahl des Finanzpartners scheinen sich der Wunsch nach Unabhängigkeit und das gleichzeitige Bedürfnis nach einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis zunächst unvereinbar gegenüberzustehen - eine Gratwanderung für das Familienunternehmen. Dieses möchte zum einen nur die notwendigsten Informationen preisgeben, sich zum anderen aber auf seine Bank verlassen können und sicher sein, dass diese ihm auch in Krisenzeiten zur Seite steht.

Eine solche Basis entsteht nicht von heute auf morgen. Familienunternehmen setzen daher bei ihren Finanzangelegenheiten überwiegend auf langfristige Beziehungen. In der Regel haben sie für ihr Hauptgeschäft einen etablierten "Hausbank-Kreis"; aufgrund der regionalen Verbundenheit handelt es sich dabei häufig um Sparkassen oder Raiffeisenbanken, angereichert um eine überregionale Geschäftsbank.

Das Vertrauensverhältnis ist meist über Jahre gewachsen, und die Erfahrungen des Finanzierungspartners werden vom Familienunternehmer geschätzt. Von seiner Bank erwartet er Transparenz und kurze Wege sowie einen festen Ansprechpartner, der sich mit den spezifischen Besonderheiten des Familienunternehmens und dessen Geschäft seit vielen Jahren auskennt.

Störfaktoren vorbeugen

Eine potenzielle Gefährdung dieser starken Verbindung könnte beispielsweise im Zusammenhang mit Spezialthemen auftreten - etwa bei größeren Akquisitionen oder Restrukturierungen. In beiden Fällen wäre nicht mehr der Primärbetreuer alleiniger Ansprechpartner für das Familienunternehmen, sondern die Zuständigkeiten würden sich auf Spezialabteilungen der Bank verlagern.

Diese Spezialabteilungen haben einen neuen, teilweise anderen Blick und führen - ungeachtet der langjährigen Geschäftsverbindung - eine sehr umfangreiche und cashfloworientierte Bonitätsanalyse durch. Der Unternehmer erwartet wiederum, dass das Wissen aus der langjährigen Geschäftsbeziehung mit dem Kreditinstitut in Bezug auf die Analysetiefe und die Analysedauer der Kreditentscheidung berücksichtigt wird.

Um hier Unstimmigkeiten oder gar Zerwürfnissen vorzubeugen und einen kontinuierlichen Dialog sicherzustellen, sollte der Primärbetreuer daher frühzeitig andere Abteilungen mit einbinden und offen über Leistungen und Preise sprechen. Daneben ist aus Unternehmersicht die kontinuierliche Einbindung des Primärbetreuers auch während derartiger Spezialthemen sehr hilfreich.

Wachstum elementar für den Unternehmenserhalt

Trotz der spezifischen Merkmale von Familienunternehmen unterscheidet sich ihre Finanzierung nicht wesentlich von anderen Unternehmen. Die Suche nach alternativen Finanzierungsmitteln neben dem klassischen Bankkredit kann sich jedoch für Familienunternehmen aufgrund des Wunsches nach Diskretion, Geheimhaltung und Ablehnung der Handelbarkeit/Veräußerung von Kredittranchen durch Finanzierungspartner komplexer gestalten als für andere Unternehmen.

Dennoch: Familienunternehmen entwickeln sich kontinuierlich weiter, um den rasanten globalen Entwicklungen gerecht zu werden. Die Zukunft der Familienmitglieder und die Unabhängigkeit des Unternehmens hängen von dessen Fähigkeit ab, ausreichend Gewinn zu erwirtschaften. Dabei nimmt die Zahl derjenigen, die vom Ertrag des Unternehmens leben, mit jeder Generation zu. Diese besondere Verantwortung dürfte für Familienunternehmen zusätzlichen Wachstumsdruck bedeuten.

Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit

Laut einer Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung hat für Familienunternehmen die Innenfinanzierung hohe Bedeutung. Für neun von zehn der befragten Familienunternehmen stellte die Finanzierung aus dem laufenden Cashflow die wichtigste Finanzierungsquelle dar. Als bedeutendstes externes Finanzierungsmittel wurden Bankkredite genannt. Dagegen spielten alternative Formen wie Beteiligungskapital, Kapitalmarktinstrumente oder Mezzanin-Kapital zum Zeitpunkt der Umfrage eine eher untergeordnete Rolle.

Wie das aktuelle "European Family Business Barometer" von KPMG zeigt, sind zurzeit mehr als die Hälfte der Familienunternehmen auf der Suche nach externen Finanzierungsquellen. Um Wachstum zu finanzieren beziehungsweise verstärkt Investitionen im In- und Ausland tätigen zu können, setzen Familienunternehmen überwiegend auf eine breite Finanzierungsstruktur, da sie sich hiervon größere Stabilität versprechen.

Bei der Wahl der geeigneten Finanzierungspartner und -instrumente - etwa in Phasen der Refinanzierung - orientieren sie sich im Wesentlichen an drei Kriterien: Relevant sind für sie

- die Vergütungsansprüche der Banken,

- eine nachhaltige Partnerschaft sowie

- ein sinnvoller Produktmix der Finanzierungsinstrumente.

Diese Faktoren bilden für den Familienunternehmer ein Spannungsverhältnis; bei seiner Entscheidung misst er ihnen jedoch gleiche Gewichtung zu.

Offen für Alternativangebote jenseits der Hausbank

In der Regel besprechen Familienunternehmen ihre Finanzierungserfordernisse zunächst mit der Hausbank, die entsprechende Angebote einreicht. Immer häufiger erfolgt mittlerweile zudem ein Abgleich mit den Vorschlägen anderer Finanzierungsanbieter, um eine Objektivierung der Zinskonditionen zu erzielen.

Von der Ansprache alternativer Finanzierungspartner beziehungsweise teilweise auch Berater versprechen sich die Familienunternehmen eine Inspiration hinsichtlich neuer Finanzierungsprodukte, die sich ertragreich in die Unternehmensstrategie einbinden lassen, aber eventuell durch das Produktportfolio der Hausbank nicht abgedeckt werden. Bei Globalisierungsfragen werden eher international tätige Banken herangezogen.

Der Wunsch der Familienunternehmen, Kontrolle und Unabhängigkeit zu wahren, grenzt die Finanzierungsmöglichkeiten ein - etwa im Hinblick auf den Direktverkauf von Anteilen (Private Trade Sales), Börsengänge (IPOs) oder Private Equity (PE). Auch könnte das Kapital, das über traditionelle Fremdkapitalquellen wie Bankdarlehen verfügbar ist, unter Umständen nicht ausreichen, um vielversprechende Geschäftschancen wahrzunehmen.

Infolgedessen sondieren Familienunternehmen bei der Suche nach Finanzierungsoptionen eine große Bandbreite an Möglichkeiten - etwa das Familienvermögen oder eine Unterstützung durch andere Unternehmen. Teilweise rückt auch die Einbindung von sogenannten High-Net-Worth Individuals (HNWIs - Vermögende Privatpersonen) als Investitionsoption in den Fokus. Diese sind vielfach eher bereit, Minderheitsbeteiligungen ohne vollständige Kontrolle zu akzeptieren und haben in der Regel eine ähnliche Einstellung zum Investitionszeitraum und Risikoverhalten wie Familienunternehmen. Bei der Entscheidung für einen geeigneten Finanzierungspartner beziehungsweise die passenden Finanzierungsinstrumente sind für den Familienunternehmer insbesondere folgende Fragen wichtig:

- Welche Konsequenzen hat der geplante Finanzierungsabschluss auf die nächste anstehende Refinanzierung des Unternehmens?

- Sind die Finanzierungspartner dann noch in Deutschland aktiv?

- Bieten diese Finanzierungspartner dauerhaften Mehrwert bis zur Refinanzierung?

- Werden durch den Abschluss eines bestimmten Finanzierungsinstruments eventuell weitere Optionen in der Zukunft verbaut?

Diese Aspekte sollten daher von den Finanzierungspartnern im Rahmen der Beratung berücksichtigt werden.

Ganzheitliche Beratungsansätze gefragt

Häufig werden Banken von den Familienunternehmen als sehr starr empfunden. So wird beispielsweise bemängelt, dass den Kreditinstituten vor allem der Blick für menschliche Aspekte fehle, die aufgrund der besonderen Strukturen von Familienunternehmen oft entscheidend sind.

Insbesondere bei ebenso sensiblen wie zentralen Themen wie etwa der Unternehmensnachfolge, die unter Umständen sogar Einfluss auf das qualitative Ratingergebnis haben kann, schätzen Familienunternehmen eine breiter gefasste Herangehensweise, die auch weiche Faktoren berücksichtigt. Selbst wenn ein Unternehmen sehr solide aufgestellt ist, können durch die enge Verzahnung von Unternehmen und Familie systembedingt Konfliktpotenziale entstehen. Nicht selten wird dann aus dem Ziel der langfristigen Vermögenserhaltung ein familiärer Zankapfel. Hier bietet beispielsweise KPMG Unterstützung durch professionelle Mediatoren. Darüber hinaus verfügt das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen über gezielte Services für Family Offices sowie rund um Private Wealth.

Zu den Autoren Dr. Christoph Kneip, Bereichsvorstand Familienunternehmen, Till Karrer, Partner, beide KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main/Düsseldorf

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