Familienunternehmen

" Generationenübergreifende Themen sind entscheidend" Interview mit Peter Karst

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Der Wettbewerbsvorteil von Familienunternehmen liegt in ihrer Unternehmenskultur, weiß Peter Karst. Die emotionale Verhaltensweise in Familienunternehmen bedingt jedoch auch besonderes Fingerspitzengefühl bei der Beratung durch die Hausbank, die unter anderem ein Bewusstsein für familiäre und unternehmerische Rollen schaffen muss. Dann kann eine Dualbetreuung gegenwärtiger und zukünftiger Entscheidungsträger die Basis für einen erfolgreichen Generationswechsel schaffen. Red.

Welche Unterschiede sehen Sie zwischen einem Familienunternehmen und anderen Formen von Unternehmen?

Über Generationen etablierte Familienunternehmen haben einen ganz besonderen Charakter, eine unverwechselbare "Ausstrahlungskraft". Der bedeutendste Unterschied liegt somit im emotionalen Wert, den Familienunternehmen besitzen. Sie zeichnen sich meist durch ein Mehr an Nachhaltigkeit und längerfristige Unternehmensstrategien aus. In der Phase der Unternehmensübergabe ist zu beobachten, dass nicht nur Vermögenswerte, sondern vor allem Werthaltungen an die nächste Generation weitergegeben werden.

Der Wettbewerbsvorteil liegt ohne Zweifel in der Unternehmenskultur. Dass Familienunternehmen eine gemeinsame "DNA" haben, die auch ihren Erfolg ausmacht, zeigt auch eine qualitative Studie, welche die Bank Gutmann gemeinsam mit der Weissman Gruppe durchgeführt hat. Diese Unternehmen folgen ganz eigenen Gesetzen. Als wichtigste Werte werden Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Leistungsstreben, Freundlichkeit, Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Loyalität, Langfristigkeit, Respekt und Wertschätzung, Authentizität und Handschlagqualität genannt. Weitere Studienergebnisse belegen, dass Familienunternehmen unabhängig von der konjunkturellen Lage rentabler sind als managergeführte Unternehmen. Begründet wird dies in erster Linie durch weniger opportunistisches Verhalten im Hinblick auf gemeinsame Zielvorstellungen.

Was bedeutet das im Hinblick auf den Bedarf an Finanzdienstleistungen und die Anforderungen von Familienunternehmen an ihre Bank?

Bevor ich auf die Frage eingehe, möchte ich betonen, dass laut Weissman-Studie nur rund ein Drittel der Familienunternehmen den Übergang in die dritte Generation schafft. Das hat schon jede Menge Aussagekraft. Generationenübergreifende Themen und potenzielle Interessenkonflikte spielen hier eine sehr entscheidende Rolle. Sie können beispielsweise in der Unternehmensstrategie, im Innovationscharakter, der Investitionsfreudigkeit oder der Personalpolitik Ausdruck finden. Diese Parameter spiegeln sich in weiterer Folge auch im Bedarf beziehungsweise der Nachfrage dieser Zielgruppe an Dienstleistungen durch die Bank Gutmann wider. Wir beobachten hier im Vergleich zu anderen Kundengruppen vor allem Unterschiede in den Bereichen der Risikotoleranz, der Eigen- und Fremdkapitalquote, den Anforderungen an eine gesamtheitliche Finanzberatung sowie der Komplexität in der Ausarbeitung langfristiger Vermögensstrategien.

Neben der emotionalen Verhaltensweise in Familienunternehmen ist in der Regel eine ausgeprägtere Innenorientierung sowie stärkere Risikoaversität vorherrschend. Oftmals werden Veränderungen aus Sicht eines Familienunternehmens mehr als Gefahr denn als Chance gesehen. Dessen muss man sich in der Beratung und Betreuung dieser Kundengruppe bewusst sein. Daher definiert sich das Anforderungsprofil an das Betreuungsteam insbesondere durch das richtige Maß an Fingerspitzengefühl sowie verantwortungsvolles Risikomanagement im Hinblick auf soziale und fachliche Aspekte in der Beratung.

Eines der Kernthemen bei Familienunternehmen ist die Nachfolgeregelung. Wie sehen Sie hier die Rolle der Bank?

70 Prozent unserer Kunden sind Unternehmer beziehungsweise Unternehmen, davon der Großteil Familienunternehmen. Die Bank Gutmann kann auf einen jahrelangen Erfahrungsschatz in der Betreuung dieser Zielgruppe zurückgreifen. Immerhin ist unser Haus selbst ein Familienunternehmen, wir kennen die Bedürfnisse der Unternehmen genau. Darüber hinaus profitieren Familienunternehmen und deren Mitglieder vom Zugang zu unserem internationalen Berater- und Expertennetzwerk. Auch der regelmäßige Austausch von Erfahrungen und Strategien im Rahmen unserer Unternehmensplattform sowie exklusiven Veranstaltungen eröffnen Familienunternehmern neue Perspektiven und potenzielle Handlungsempfehlungen.

Die Aufgabe der Hausbank liegt in erster Linie im Erkennen von Bedürfnissen der Kunden, um in weiterer Folge die dafür maßgeschneiderten Strategien auszuarbeiten.

Laufende Schulungen in diesem Bereich umfassen auch den Umgang mit potenziellen Konfliktursachen in Familienunternehmen. Die größte Gefahr in diesem Zusammenhang sehen wir in der Verwechslung familiärer und unternehmerischer Rollen, fehlender gesamtheitlicher Planung im Hinblick auf Risikomanagement sowie der Korrelation beziehungsweise Abhängigkeit von Vermögenswerten.

Aufgrund unserer Erfahrungen und in Kooperation mit Experten aus dem Bereich der Unternehmensberatung können wir eine individuelle Begleitung in den unterschiedlichen Phasen des Übergabeprozesses geben: Das beginnt beim Schaffen von Bewusstsein und reicht über die Vereinbarung einer Parallelzeit bis hin zur strategischen Anpassung des Unternehmens.

Wie wichtig ist beim Thema Nachfolge eine Begleitung durch die Bank, nicht nur, um den Bestand des Unternehmens zu sichern, sondern auch, um die Geschäftsbeziehung über den Generationswechsel hinaus zu erhalten?

Häufig konzentriert sich der Unternehmer in erster Linie auf das Familienunternehmen. Es gilt jedoch auch, weitere Lebens- und Vermögensbereiche zu berücksichtigen - wie etwa die Persönlichkeit des Unternehmers, die Familie und das Familienvermögen. Die Aufgabe der Bank liegt nicht selten darin, beim Unternehmer das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Familie und Unternehmen zu schaffen.

Durch die beratende Rolle dürfen wir im Laufe der Geschäftsbeziehung in das Unternehmen und die Familie hineinwachsen. Der Kontakt mit der nächsten Generation intensiviert sich - das können einerseits die Kinder sein, anderseits aber auch die Nachfolger in der Geschäftsführung. In einzelnen Fällen nehmen Kunden auch unser Angebot in Kooperation mit universitären und wissenschaftlichen Einrichtungen in Anspruch, Mitglieder der Familie oder des zukünftigen Managements im Bereich der Finanzthemen aus- beziehungsweise weiterzubilden.

Erst wenn eine klare Zuordnung von Rollen und Verantwortungen im Unternehmen sichergestellt ist, sind die Familienmitglieder in der Lage, sich den Themen Eigentum und Erbe zu widmen. In dieser Phase lassen sich gemeinsam mit Netzwerkpartnern die gewonnen Informationen aus den laufenden "Maßnehmen"-Gesprächen analysieren und kann eine individuelle Beratung durchgeführt werden.

Eine persönliche Betreuung, die den Ansprüchen mehrerer Generationen gerecht wird, wird in der Bank durch eine Dualbetreuung sichergestellt, die sich in der Regel durch Unterschiede im Geschlecht und Alter der Betreuer manifestiert. Somit können die gegenwärtigen und zukünftigen Entscheidungsträger im Unternehmer die jeweils passende Beraterin oder den passenden Berater wählen.

Auch Erbschaftsfragen können Familienunternehmen belasten. Inwieweit kann eine Bank hier helfen?

Es ist wichtig, dass die nachfolgende Generation frühzeitig und gezielt an ihre Aufgaben herangeführt wird. Gutmann Vermögensstrategien können neben Aspekten der Unternehmensberatung - Entwurf einer Familienverfassung, Coaching und Mentoring, Konfliktmanagement - auch wesentliche rechtliche Meilensteine wie die Ausgestaltung von Testamenten oder Abfindung von Pflichtteilansprüchen umfassen.

Mit dem erfahrenen Auge eines Risikomanagers und der Sensibilität eines Vertrauensmanagers gelingt es, die Aufmerksamkeit der Generationen auf das gemeinsame strategische Unternehmensziel zu lenken, ohne dabei emotionalen Aspekten der Erbschaftsfragen zu viel Raum zu geben. Diese Vertrauensbasis gewinnen wir über den "Maß-nehmen-Prozess", regelmäßige Gespräche vor Ort in den Unternehmen sowie einen laufenden Austausch mit dem Beraterstab der Familie.

Wie hat sich die Nachfrage nach Dienstleistungen rund um das Thema Stiftungen entwickelt?

Nach mittlerweile rund 20 Jahren nach Gründung der ersten österreichischen Stiftung sind die Erfahrungen aus der Praxis ernüchternd. Seit dem Inkrafttreten des Privatstiftungsgesetzes 1993 haben sich die steuerlichen Rahmenbedingungen verschlechtert und die ursprünglichen Vorteile einer Stiftungskonstruktion abgeschwächt.

Der Boom ist vorbei, es werden nur noch vereinzelt neue Stiftungen gegründet. Gleichzeitig beobachten wir eine anhaltend hohe Nachfrage nach professionellen Dienstleistungen bestehender Stiftungen. Diese Zielgruppe - in Österreich bestehen derzeit rund 3 000 Stiftungen - hat natürlich ein besonderes Bedürfnis im aktuellen Marktumfeld: Werterhalt unter den meist konservativen Veranlagungsrichtlinien der Stiftungsurkunde. Unser Leitspruch "Geld. Und wie man es behält" spiegelt unsere Kerndienstleistung im Vermögensmanagement für Stiftungen am besten wider. Die Herausforderung für Vermögensmanager liegt darin, das richtige Maß an Risiko mit einem sich ändernden steuerlichen Umfeld sowie möglichen Zielkonflikten im Hinblick auf Ertrag und Haftung in Einklang zu bringen. Gemeinsam mit Netzwerkpartnern, den Stiftungsvorständen und Begünstigten werden die Chancen und Risiken im Zuge laufender Strategiegespräche über die individuelle unternehmerische und familiäre Situation analysiert und bei Bedarf adaptiert.

Eine Statistik des Verbands Österreichischer Privatstifter zeigt, dass Stiftungsbesitze zu rund 60 Prozent aus Unternehmensbeteiligungen bestehen, gefolgt von Immobilien und Privatvermögen. Wir beobachten, dass die Errichtung einer Privatstiftung meist aufgrund der durch eine Erbfolge drohenden Zersplittung und Teilung von Familienunternehmen erfolgte.

In der Praxis sind Berater und Vermögensmanager mit generationenübergreifenden Konflikten konfrontiert - beispielsweise aufgrund der Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten auf die Privatstiftung oder die über die Jahre entwickelte Unvereinbarkeit von Stiftungszweck und Unternehmensstrategie.

Unsere Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass es nach Ableben des Stifters vermehrt zu einer Liquidation kommt, da die ursprünglich verfolgten Ziele einer Stiftungskonstruktion nicht mehr bestehen beziehungsweise nicht mehr mit den aktuellen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen sind.

Der Unternehmer ist ja immer auch Privatkunde. Wie groß ist der Wunsch oder auch die Bereitschaft, das Privatvermögen von der gleichen Bank betreuen zu lassen, mit der auch das Unternehmen zusammenarbeitet?

Im Vergleich zu anderen Häusern hat sich die Bank Gutmann auf die reine Vermögensverwaltung spezialisiert. Trotz einer Vollbanklizenz bieten wir aufgrund geschäftspolitischer Entscheidungen kein klassisches Angebot an Krediten und Zahlungsverkehr. Somit besteht in der Regel eine weitere Bankverbindung, die den anderen Teil des Dienstleistungsspektrums abdeckt. In diesem Sinne diversifiziert der Unternehmer nicht nach Vermögenssphären, sondern nach Dienstleistungen.

Der früher oft praktizierte Gedanke, aus Gründen der Sicherheit, Diskretion und geringeren Abhängigkeit Vermögenswerte bei verschiedenen Banken zu halten, gehört der Vergangenheit an. Vielmehr erkennt die Mehrzahl unserer Kunden die Vorteile, die sich durch eine Konsolidierung des Vermögens ergeben. Ein einheitliches Berichtswesen, enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den persönlichen Beratern des Kunden, Vermeidung von Klumpenrisiken, Erarbeitung gesamtheitlicher und generationenübergreifender Vermögensstrategien um hier nur einige davon zu nennen.

Welche Vorteile ergeben sich aus einer Zusammenarbeit im privaten wie auch im geschäftlichen Bereich?

Durch eine ganzheitliche Beratungsdienstleistung, die als ein systematisch koordinierter Planungsprozess organisiert ist, werden die Ziele sowohl aus Sicht der Privatperson als auch des Unternehmers konkretisiert. Dadurch kann sichergestellt werden, die mittel- bis langfristigen Ziele unter Berücksichtigung der individuellen finanziellen, rechtlichen, persönlichen und familiären Umstände zukünftig optimal zu realisieren.

Ein guter Vermögensverwalter erarbeitet gesamtheitliche Vermögensstrategien, die immer auch Risiken aus anderen Lebensbereichen von jenen der Veranlagung trennt. Insbesondere in der Umfeldanalyse - darunter verstehen wir eine Markt- und Trendanalyse - und den davon abgeleiteten Szenarien und Handlungsempfehlungen profitiert der Kunde. In Abhängigkeit von den Analyseergebnissen werden Chancen und Risiken antizipiert, welche in weiterer Folge auch in die Konzeption der Unternehmensstrategie mit einfließen können.

Wie wird das in der Bank am besten organisiert?

Im Hinblick auf die organisatorische Umsetzung definieren wir für die interne Verwaltung Konzernschlüssel. Dadurch können die Konten und Depots aus dem Privat- wie auch Firmenvermögen IT-technisch zusammengefasst werden. Dies ermöglicht die konsolidierte Darstellung von Vermögensberichten und ein ganzheitliches Risikomanagement aus Sicht des Unternehmers. Das Betreuungsteam setzt sich aus internen und externen Experten zusammen, welche auf die besonderen Anforderungen dieser Zielgruppe ausgebildet und laufend weitergebildet werden.

Der Struktur der Gutmann-Gruppe ist es zu verdanken, dass Unabhängigkeit in der Entscheidungsfindung gewährleistet werden kann. Wir vertreten keine Eigeninteressen und streben keinen Produktvertrieb an. Für sämtliche Ergebnisse und Abläufe stehen objektive, nachvollziehbare Messmethoden zur Verfügung, die dem Kunden volle Transparenz über die Details seines Portfolios bieten. Sachlichkeit statt Ahnungen - gemäß diesem Motto steht bei jeglichen Entscheidungen stets der Kunde im Mittelpunkt.

Hilft es im Umgang mit den Familienunternehmen, wenn die Unternehmer durch Miteigentümer der Bank beraten werden? Fördert das das gegenseitige Verständnis von Unternehmer zu Unternehmer?

Die geschichtlichen Wurzeln der Bank reichen bis in erste Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts zurück und verbinden unser Haus mit zwei bedeutenden österreichischen Unternehmerfamilien: Der Familie Gutmann und der Familie Kahane. Auch heute noch steht die Familie Kahane als kapitalstarker Mehrheitsaktionär hinter der Bank. Daneben wurde der Kreis der Kapitalgeber durch eine partnerschaftliche Beteiligung ausgewählter leitender Mitarbeiter der Bank erweitert.

Diese Eigentümerstruktur ist eine Besonderheit unserer Bank. Sie sichert hohes Engagement und ausgewogene Entscheidungen in allen Führungsgremien, zuverlässige und unternehmerische Beratung sowie Kontinuität und Seniorität in der Betreuung. Zurzeit sind, neben den sechs Vorständen - vier in der Bank und zwei in der Kapitalanlagegesellschaft -, zehn weitere Partner an der Bank beteiligt, die sich persönlich in unterschiedlichen Bereichen der Kundenbetreuung engagieren. Die Partner sind über Jahre mit dem Unternehmen verbunden, handeln verantwortungsvoll zum Wohle der Kunden und Mitarbeiter und bereiten auch einen schrittweisen strategischen Generationenwechsel in der Unternehmensführung vor. Die Partner der Bank Gutmann als Miteigentümer beraten auf Augenhöhe - vom Unternehmer zum Unternehmer. Die Verantwortung für das Unternehmen, aber natürlich auch persönliches finanzielles Engagement und Haftungsthemen verbinden, gemeinsame Herausforderungen schaffen Vertrauen.

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