Im Gespräch

" Gewinnausschüttung ist nicht der richtige Weg" / Interview mit Ulrich Netzer

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Eine Bürgerinitiative aus Landsberg am Lech, das Bürgerforum Landsberg, hat in allen sieben Regierungsbezirken Bayerns Beschwerde gegen Sparkassen eingelegt. Begründung: Die Institute würden zu viele Rücklagen bilden und zu wenig ausschütten. Die Bezirksregierung Niederbayern hat diese Vorwürfe als erste zurückgewiesen - zu Recht, wie der bayerische Sparkassenpräsident meint. Zum einen hätten die Ausschüttungen seit 2007 deutlich zugenommen, so Netzer. Zum anderen sei die Eigenkapitalbildung dringend erforderlich. Sonst werde durch die Ausschüttungen die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen gefährdet. Red.

In welchem Umfang haben die bayerischen Sparkassen im vergangenen Jahr Gewinne ausgeschüttet oder zur Eigenkapitalbildung verwendet? Wie viele Sparkassen schütten aus beziehungsweise verzichten darauf?

2015 haben fünf von 69 bayerischen Sparkassen aus den Gewinnen des Geschäftsjahrs 2014 insgesamt 16,7 Millionen Euro ausgeschüttet. Das sind eher große Häuser.

Wie hat sich die Ausschüttungspraxis der bayerischen Sparkassen in den letzten Jahren verändert? Und wie sieht das im Vergleich zu der bundesweiten Entwicklung aus?

Vor 15 Jahren hat erst eine bayerische Sparkasse Gewinne ausgeschüttet, 2015 waren es fünf. Auch die ausgeschüttete Summe hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen: Sie hat sich seit 2007 mehr als verdreifacht.

Der Spielraum für Ausschüttungen wird aber mit den spürbaren Auswirkungen der Niedrig-, Null- und Negativzinsen und steigenden Regulierungskosten immer enger. Die Ergebnisse der Sparkassen werden in den nächsten Jahren stark darunter leiden. Deshalb ermahnt uns auch die Bankenaufsicht, die Eigenkapitalausstattung für die Zukunft weiter zu stärken. Gewinnausschüttung ist für uns also nicht der richtige Weg.

Das Bürgerforum Landsberg stellt diese Praxis infrage. Das ist angesichts finanzklammer Gemeinden, die sich über Ausschüttungen freuen, zwar verständlich. Aber wie ist die Initiative aus Sicht des Sparkassenverbands Bayern zu bewerten?

Die Diskussion geht von einem ganz falschen Grundverständnis einer kommunalen Sparkasse aus. Eine Sparkasse ist kein privates Wirtschaftsunternehmen, sie arbeitet vielmehr als Unternehmen im Auftrag der Kommune. Ihre Aufgabe ist damit gesetzlich festgelegt: Sie soll als regionales Kreditinstitut Bürger und mittelständische Wirtschaft im Gebiet ihres kommunalen Trägers mit finanzwirtschaftlichen Leistungen versorgen.

Sparkassen führen ihre Geschäfte dabei zwar nach kaufmännischen Grundsätzen, ihr Zweck ist es aber gerade nicht, die Gewinne zu maximieren und sie an ihren kommunalen Eigentümer auszuschütten. Darin unterscheiden sich ja Sparkassen recht deutlich von Privatbanken.

Ist der Vergleich mit den privaten Banken, den die Initiative anstellt, überhaupt angemessen?

Nein. Das liegt nicht nur am öffentlichen Auftrag. Denn für Sparkassen gibt es im Unterschied zu Privatbanken eigentlich nur eine Möglichkeit, ihr Eigenkapital zu stärken: erwirtschaftete Gewinne kontinuierlich und vorausschauend den Rücklagen zuführen.

Privatbanken können sich dagegen auch sehr kurzfristig Eigenkapital über den Kapitalmarkt besorgen. Das dürfen Sparkassen nicht. Und auch die Träger der Sparkassen stellen von sich aus kein Eigenkapital zur Verfügung.

Es läuft darauf hinaus, dass Sparkassen schon grundsätzlich eine bessere Eigenkapitalausstattung als Privatbanken brauchen.

An welchen gesetzlichen/regulatorischen Vorgaben orientiert sich die Gewinnverwendung der Sparkassen?

Die Gewinnverwendung der bayerischen Sparkassen regelt § 21 BaySpkO. Teile des Jahresüberschusses einer Sparkasse können demnach an den Träger ausgeschüttet werden oder mit seiner Zustimmung für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

Auch eine Ausschüttung muss aber in gemeinnützige Zwecke fließen. Die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen, die sich manche aus diesen Mitteln erhoffen, scheidet daher aus.

Über die Gewinnverwendung einer Sparkasse entscheidet immer ihr Verwaltungsrat vor Ort. Er muss dabei darauf achten, dass die Leistungsfähigkeit der Sparkasse erhalten bleibt. Er muss so entscheiden, dass bankaufsichtsrechtliche Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften eingehalten werden können und die Risikotragfähigkeit sichergestellt ist. Gleichzeitig soll aber die Innovationsfähigkeit und die Ertragskraft der einzelnen Sparkassen auch in der Zukunft erhalten bleiben.

Wie stehen die Kommunen beziehungsweise die Bezirksregierungen zu dieser Frage?

Unsere Argumente überzeugen auch die bayerischen Kommunen. Kürzlich hat zum Beispiel die Regierung von Niederbayern die Initiative des Bürgerforums in aller Deutlichkeit zurückgewiesen: Sie hat betont, dass das Vorgehen rechtmäßig ist. Aufgrund der steigenden Eigenmittelanforderungen und der Niedrigzinsphase, deren Ende nicht absehbar ist, sei eine Eigenkapitalbildung nicht nur wünschenswert, sondern ob jektiv notwendig. Damit hat sie unsere Sichtweise und die der Sparkassen bestätigt.

Welches Medienecho oder Echo in den sozialen Medien hat die Initiative hervorgerufen? Gab es bei einzelnen Instituten einen Shitstorm? Oder haben Verbraucher eher Verständnis dafür, dass man die Sparkassen nicht nach Belieben "melken" kann und dass Sicherheit Priorität hat? Und wie sind die Sparkassen dem Thema kommunikativ begegnet?

Wir begegnen der Initiative auf rein sachlicher Ebene mit handfesten Argumenten und das tun wir auch gegenüber den Medien. Das Thema ist nicht trivial, deshalb sind die Argumente nicht immer einfach zu transportieren.

Wir werden aber nicht müde, zu erklären, dass es gerade in der heutigen, wirtschaftlich schwierigen Zeit wichtig ist, unser Eigenkapital zu stärken und auf Gewinnausschüttungen zu verzichten, damit wir auch in Zukunft entschieden für den wirtschaftlichen Wohlstand in den bayerischen Regionen arbeiten können.

Auch wenn einige Medienformate diesen Zusammenhang nicht richtig aufgegriffen haben, gab es nirgendwo Shitstorms. Wir haben den Eindruck, dass diejenigen, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen, verstehen, dass die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen nicht zugunsten von Ausschüttungen gefährdet werden darf.

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