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" Provisionen dürfen keinen Einfluss auf die Ergebnisse haben" / Interview mit Christoph Jennen

Christoph Jennen, Geschäftsführer und Chief Financial Officer, Verivox GmbH, Heidelberg

Quelle: Verivox

Vergleichsportale profitieren im Bereich Finanzdienstleistungen davon, dass volldigitale Vertragsabschlüsse immer leichter werden und die Wechselbereitschaft beim Girokonto steigt. Für Banken hat Christoph Jennen eine positive Botschaft: Für die Kunden zählt nicht nur die nackte Kondition. Rund ein Drittel aller Klicks geht auch zu Anbietern, die nicht ganz oben im Ranking stehen. Red.

Welche Rolle spielen Vergleichsportale derzeit im Bereich Finanzdienstleistungen? Und wo sehen Sie sie in fünf Jahren?

Das Internet wird immer wichtiger - eine Binsenweisheit. Eine Postbank-Studie untermauert sie mit Zahlen: 2016 gaben 30 Prozent aller Kunden an, Bankprodukte im Internet abgeschlossen zu haben. Drei Jahre zuvor waren es erst 18 Prozent. Von diesem Trend profitieren Vergleichsportale.

Lassen sie mich nur zwei Entwicklungen für die kommenden Jahre nennen. So wird einerseits die Digitalisierung Vertragsabschlüsse im Internet noch bequemer machen. Verivox bietet zum Beispiel ganz neu einen volldigitalen Kredit an - aktuell mit einem Anbieter. Auf diesem Gebiet ziehen sicher weitere Banken nach, denn der Kunde spart eine Woche Zeit.

Zweitens trauen wir dem Girokonto als Produkt eine sehr gute Entwicklung zu. Lange war es ein Nachzügler, weil die Bankkunden selten ihre Hausbank wechseln. Moderne Wechselhilfen, transparente Vergleiche und steigende Bankgebühren ändern das gerade.

Nach welchen Finanzprodukten suchen Verivox-Nutzer am häufigsten?

Das wichtigste Produkt ist der Ratenkredit. Darauf folgen Tages- und Festgeld. Für diesen Produktbereich recherchiert Verivox übrigens die deutschlandweit größte tagesaktuelle Datenbank.

Nach welchen Kriterien werden Finanzprodukte auf Portalen abgeschlossen? Kommen auch Anbieter zum Zuge, die nicht ganz oben im Ranking stehen?

Beim Tages- und Festgeldvergleich zeigen die Zahlen, dass teilweise mehr als ein Drittel aller Klicks zu Banken geht, die nicht auf den ersten drei Positionen erscheinen. Hier spielen Kriterien wie die Marke und die Herkunft der Bank eine Rolle.

Verstehen Nutzer eines Portals, warum sie Girokonten, Tagesgeld- oder Ratenkreditangebote direkt angezeigt bekommen, im Bereich Versicherungen oder für eine Baufinanzierung hingegen erst ihre persönlichen Daten eingeben müssen?

Dass bei einigen Produkten - wie einer Autoversicherung - mehr Angaben notwendig sind, um ein Angebot berechnen zu können, das haben viele Verbraucher gelernt.

Außerdem haben wir unsere Rechner verbessert und wir erklären an vielen Stellen, warum wir Angaben abfragen müssen - zum Beispiel die Punkte in Flensburg im Autoversicherungsvergleich. Hier zeigen Tests, dass die Nutzer solche Erklärungen hilfreich finden und besser durch den Vergleich navigieren.

Ist diese "Registrierungsschranke" ein Nachteil? Welcher Anteil der Kunden, die nach einem Angebot suchen, für das sie persönliche Angaben machen müssen, tut das auch beziehungsweise bricht an dieser Stelle ab?

Verivox fragt nur Angaben ab, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen. Eine "Registrierungsschranke" gibt es deshalb nicht.

Was ändert sich durch die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD? Müssen noch mehr Daten abgefragt werden, um die geforderte Beratung leisten zu können?

Wenn der Gesetzentwurf zur IDD-Umsetzung jetzt Vergleichsportale ausdrücklich aufführt, ändert sich an der Situation für uns aktuell nichts.

Verivox ist bereits heute als Versicherungsmakler registriert, teilt das den Kunden vor dem Versicherungsvergleich mit und erfüllt die Anforderungen an die Beratung. Die Beratung erfolgt sowohl automatisch über das Internet als auch telefonisch durch unsere Versicherungsexperten im Kundenservice. Im Online-Rechner stehen den Nutzern Leistungsfilter und Leistungsvergleiche zur Verfügung, mit denen sie die Ergebnisliste nach den gewünschten Qualitätskriterien filtern. So kann der Verbraucher wie in einem Dialog seine Wünsche hinsichtlich des Versicherungsbedarfs äußern.

In den letzten Wochen machten gleich zwei Gerichtsurteile zum Thema Vergleichsportale und Transparenz beziehungsweise Informationspflichten Schlagzeilen. Hat das dem Image der Portale insgesamt geschadet?

Uns hat keines der Urteile geschadet, weil wir schon immer für Transparenz stehen. Wir sehen uns in Deutschland auch in einer Vorreiterrolle bei den Portalen. Zu den Urteilen im Detail:

Im ersten Urteil ging es unter anderem darum, dass sich auch Vergleichsportale dem Kunden klar zu erkennen geben - zum Beispiel als Versicherungsmakler. Das tun wir bereits seit März 2016 am Start jedes Versicherungsvergleichs.

Beim zweiten Urteil hat sich der Bundesgerichtshof zur Transparenz bei Vergleichsportalen geäußert. Hier müssen wir noch die Begründung des Urteils abwarten. Aktuell so viel: Verivox weist bereits in allen Vergleichsrechnern transparent alle Anbieter aus, die verglichen werden. Wir erfüllen damit die Forderungen eines EU-Kriterienkatalogs für Vergleichsportale aus dem Jahr 2016. Verivox hat diese Kriterien als einziger Vertreter der deutschen Digitalwirtschaft mit erarbeitet.

Gibt es eine Art Gütesiegel, mit dem Verbraucher transparente von weniger transparenten Portalen unterscheiden können?

Es gibt jetzt schon zahlreiche Siegel, die Portale auf verschiedene Kriterien - unter anderem Transparenz - prüfen. Die Verivox-Vergleiche für Ratenkredite, Kfz-Versicherungen, Strom-, Gas- und DSL/ LTE-Tarife tragen das Zertifikat "Geprüftes Vergleichsportal" des TÜV Saarland. Dessen Prüfberichte bestätigen ein hohes Maß an Neutralität: Vergütungen spielen keine Rolle bei der Reihenfolge der Ergebnislisten. Die Leistungsanforderungen an ein transparentes Vergleichsportal werden erfüllt.

Wie häufig werden auf Verivox die Informationen zu Datenschutz und die "Unabhängigkeitserklärung" überhaupt angeklickt?

Die jährlichen Klickzahlen auf unserer Datenschutzseite liegen im fünfstelligen Bereich.

Gemessen an den Nutzerzahlen insgesamt scheint das aber doch recht wenig ...

Wichtig ist, dass jene Nutzer die Seite unkompliziert finden, die sich über den Datenschutz informieren wollen. Das gewährleisten wir.

Erwarten Verbraucher zu Recht, auf Vergleichsportalen einen Überblick über (fast) alle Angebote am Markt zu erhalten? Können Portale das überhaupt leisten?

Als Vergleichsportal wollen wir alle relevanten Tarife aufführen, sofern wir sie mit vertretbarem Aufwand recherchieren können. Doch selbst dann gibt es Anbieter, die sich nicht vergleichen lassen wollen und die Anzeige untersagen. Da sind einem Portal die Hände gebunden. Deshalb nennen wir alle Anbieter, die am jeweiligen Vergleich teilnehmen.

Wie kann ein Geschäftsmodell aussehen, das auch Anbieter auflistet, deren Produkte nicht vermittelt werden?

Das Geschäftsmodell von Verivox funktioniert bereits so. Wir machen Märkte transparent. Deshalb finden Verbraucher bei uns auch Angebote solcher Anbieter, die wir nicht vermitteln.

Wir entwickeln unsere Vergleiche immer aus Nutzersicht, Customer Centricity ist für uns mehr als ein Schlagwort. Der Nutzer soll bekommen, was er erwartet - und das ist eben ein möglichst breiter Marktüberblick.

Weil viele Verbraucher einfache Prozesse schätzen, schließen sie Verträge gern gleich auf dem Portal ab. Davon profitieren die Anbieter und das Portal. Daneben informieren sich einige Nutzer nur und schließen bei einem Produktanbieter direkt ab. Aber die überzeugen wir hoffentlich beim nächsten Mal.

Warum darf die Höhe der Provisionen nicht veröffentlicht werden? Banken müssen doch auch angeben, wie viel Provision sie von einem Produktgeber erhalten ...

Aus unserer Sicht geht es für Verbraucher nicht darum, ob Provisionen genannt werden müssen. Vielmehr ist entscheidend, dass Provisionen keinen Einfluss auf die Ergebnisse haben dürfen. Daran halten wir uns eisern. Für unsere wichtigsten Vergleichsrechner haben wir beim TÜV Saarland eine Prüfung beauftragt, die das bestätigt.

Wir sind zudem bereit, vor staatlichen Stellen das Geschäftsmodell offenzulegen. Das hat Verivox gegenüber dem Bundeskartellamt bereits 2015 für Teile des Energiebereichs getan und die Wettbewerbsbehörde hat die Datenprodukte und Dienstleistungen als unbedenklich angesehen.

Gibt es auch Anbieter, die explizit nicht gelistet werden wollen? Was sind Gründe dafür?

Ja, die gibt es. Die Gründe könnten vielleicht die Anbieter nennen. Wir sagen: Sofern wir Tarifdaten mit vertretbarem Aufwand recherchieren können und die Anbieter uns die Anzeige nicht untersagen, dann werden wir sie in unseren Vergleichsrechnern anzeigen.

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