An den Banken vorbei

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sb - Die Verschuldungsbereitschaft der Verbraucher in Deutschland ist in den letzten Jahren gestiegen. Konsum auf Kredit ist nicht mehr per se anrüchig. Und das niedrige Zinsniveau trägt dazu bei, Finanzierungsangebote auf Akzeptanz stoßen zu lassen. Das gilt auch für den wachsenden Bereich des E-Commerce, wo seit 2009 der Kauf auf Raten Einzug gehalten hat. Noch bietet zwar erst jeder vierte Shop seinen Kunden diese Option im Bezahlprozess an.

Und der Umsatzanteil im Zahlungsmix liegt nur bei bescheidenen 4,5 Prozent. Es ist aber gut möglich, dass dieser Anteil künftig steigen wird.

Umso ärgerlicher ist es für Banken und Sparkassen, dass dieses Geschäft an ihnen zum großen Teil vorbeigeht. Das gilt auch für die auf den Konsumentenkredit spezialisierten Anbieter. Nur 11 Prozent ihres Neugeschäfts generieren die im Bankenfachverband zusammengeschlossenen Institute im Internet. Das ist verglichen mit einem Anteil des Online-Handels von 19 Prozent am gesamten Handelsumsatz in Deutschland auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Rechnet man aus diesen 11 Prozent jedoch die auf den eigenen Websites der Anbieter oder über Portale abgeschlossenen Kredite heraus, dürfte für den E-Commerce als Neugeschäftsbringer nicht mehr allzu viel übrig bleiben - und das, obwohl die Zusammenarbeit mit dem Handel in der Offline-Welt so gut funktioniert. Aber im Internet zählt bekanntlich Schnelligkeit: Wer heute etwas bestellt, möchte auf die Lieferung nicht warten, bis der von ihm eigenhändig unterschriebene Vertrag bei der Bank eingegangen und das Postident-Verfahren durchlaufen ist. Das gilt vor allem für Warenkörbe, die sich nur im Hunderter-, nicht im Tausender-Euro-Bereich bewegen. Ein klassischer Ratenkredit kommt hier eher selten infrage - zumal es Alternativen gibt. Es sind vor allem auf Rechnungs- und Ratenkauf spezialisierte Anbieter, zum Teil auch Payment Service Provider, die diese Nische besetzen. Hier bekommt der Kunde nicht nur in Sekundenschnelle eine Online-Zusage, sondern es gibt auch keinen Medienbruch. Ein paar Angaben und Klicks, die Ware kann versandt werden und die Raten werden vom Girokonto abgebucht.

Dass Kreditinstitute an dieser Stelle nicht mithalten können, liegt nicht etwa an ihrer Unfähigkeit, Prozesse an die digitale Welt anzupassen. Sondern sie sehen sich durch regulatorische Auflagen systematisch aus dem Geschäft herausgedrängt - und das völlig ohne Not. Für den Verbraucher ist der rechtliche Unterschied zwischen Teilzahlungskauf und Ratenkredit ohnehin nicht erkennbar. Warum also beide Vertragsformen unterschiedlich behandeln? Dass der deutsche Gesetzgeber beim Schriftformerfordernis über die Vorgaben der EU-Verbraucherkreditrichtlinie hinausgeht, wie es Cordula Nocke in diesem Heft anmerkt, ärgert den Bankenfachverband und seine Mitglieder zu Recht. Den digitalen Wandel verschlafen haben an dieser Stelle also nicht die Banken, sondern der Gesetzgeber. Oder ist die Ungleichbehandlung der Kreditwirtschaft gegenüber neuen Wettbewerbern, wie sie auch im Zusammenhang mit der PSD 2 beklagt wird, mittlerweile zum Prinzip geworden?

Natürlich ist es auch unter diesen Umständen für Banken nicht ausgeschlossen, sich in dem Geschäftsfeld "Finanzierung im E-Commerce" zu etablieren - im Hintergrund als Kooperationspartner eines Anbieters, wie es etwa die Bankverein Werther AG für das Ratenkauf-Geschäft von Billpay oder die Wirecard Bank AG für Ratepay ist. Doch dieser Marktzugang "durch die Hintertür" wird naturgemäß zum Flaschenhals. Schließlich ist die Anzahl der potenziellen Kooperationspartner begrenzt, zudem verfügen einige Anbieter beziehungsweise deren Muttergesellschaften über eine Banklizenz (Beispiel Klarna) oder eine Zulassung als Zahlungsinstitut (Intercard). Um wirklich den breiten Marktzugang zu erhalten und auf Partnersuche gehen zu können wie im stationären Geschäft, müssten Banken dazu ganz neue Prozesse aufbauen, um sich ähnlich wie die Dienstleister positionieren und statt Ratenkrediten den Teilzahlungskauf im Wege des Forderungsankaufs anbieten zu können. Zu viel Aufwand für ein Geschäftsvolumen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2014?

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