Die Geister, die man rief

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sb - Mit dem kostenlosen Girokonto geht es der deutschen Kreditwirtschaft wie Goethes Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird. Anders als jener haben die Banken jedoch keinen "Meister", der den Zustand vor dem fatalen Fehler mit einem Machtwort wiederherstellen kann. Zwar hat BaFin-Präsidentin Elke König bereits darauf hingewiesen, dass es ein "Naturrecht auf ein kostenloses Girokonto ... nicht überall" gibt.

Ihre Mahnung an die Banken, die Kunden stärker an den Kosten zu beteiligen, nutzt jedoch nicht viel. Viele Institute haben im vergangenen Jahr an der Preisschraube gedreht. In der Praxis gestaltet sich das aber schwierig: Der öffentliche Aufschrei ist meist enorm, Kundenverluste die fast unausweichliche Folge. Dafür, dass Bankkonditionen nicht mit der gleichen Regelmäßigkeit angehoben werden können wie die Fahrpreise im ÖPNV, gibt es eine Reihe von Gründen - allen voran der starke Wettbewerb. Da sich Direktbanken fast immer günstigere Konditionen leisten können als Filialbanken, gibt es immer die filiallose Alternative, wenn die Ortsbank zu teuer wird. Denn das Konto an sich wird als austauschbar empfunden. Hinzu kommt, dass diejenigen Kunden, die auf die Filiale Wert legen, derzeit eher einen Abbau als eine Erweiterung von Services sehen. Natürlich gibt es die neue App, die Videoberatung oder auch den Berater-Chat als innovative Angebote. Aber die Präsenz vor Ort, die den eigentlichen Unterschied zu den Direktbanken ausmacht, wird immer weiter reduziert. Auch die Filialbanken werden damit immer "direkter". Natürlich ist das alles der Tatsache geschuldet, dass der Kostendruck steigt, die Frequenz in den Geschäftsstellen hingegen sinkt. Und dennoch: Für ein Girokonto, das sich praktisch nur noch online nutzen lässt, wenn man keine weiten Wege auf sich nehmen will, um etwa Überweisungsträger abzugeben, wird die Zahlungsbereitschaft tendenziell eher sinken als steigen.

Eine Lösung, Kontoführungspreise durchzusetzen, hat der Markt mit Paketlösungen gefunden, die neben Kontoführung und Karten meist auch noch mehr oder weniger umfangreiche Extras jenseits des eigentlichen Bankgeschäftes umfassen. Bei einiger Kreativität lassen sich dabei Preisanpassungen mit einer Neugestaltung der Mehrwerte begründen, die das kontoführende Institut möglichst wenig kosten sollte - etwa in Form der Gewinnung neuer Partner, die den Kunden attraktive Vorteile einräumen. Je nach Zuschnitt können solche Kontopakete die Austauschbarkeit des Produkts und damit die Wechselbereitschaft reduzieren. In jedem Fall verringern sie die Vergleichbarkeit von Preisen und können sich auch damit schon im Wettbewerb günstig auswirken. Als Form des "Regionalmarketings" lässt sich zugleich das Firmenkundengeschäft stärken.

Ein Allheilmittel sind die Kontopakete jedoch sicher nicht. Denn sie lösen noch nicht das Grundproblem, dass die Filialbanken Wege finden müssen, sich die Präsenz vor Ort bezahlen zu lassen. Die Differenzierung zwischen reinen Online-Kunden und Multikanalkunden oder das direkte Kundenentgelt am Geldautomaten für Fremdkunden sind erste Ansätze in diese Richtung. Sie zielen jedoch allein auf Entgelte für die Nutzung der technischen Infrastruktur beziehungsweise von Standardservices. Doch was ist mit der Vergütung des Beratungsangebots, dessen Vorhalten auch dann Kosten verursacht, wenn es nur eingeschränkt in Anspruch genommen wird? Treueprogramme, die bei den Konditionen nach Intensität der Kundenbeziehung, sprich nach den Cross-Selling-Erfolgen differenzieren, sind hier erste Ansätze. Vielleicht wird man in Zukunft auch zubuchbare "Servicepauschalen" sehen, mit denen persönliche Betreuung und Beratung abgegolten wird, die ohne Provisionen und Beratungshonorare auskommen und preislich mit dem Online-Abschluss mithalten könnte. Kunden ohne Pauschale oder Fremdkunden, die sich vor Ort beraten lassen, um dann anderswo abzuschließen, müsste man dann (gestaffelte) Beratungsentgelte berechnen. Ganz einfach durchzusetzen wäre ein solches Modell zweifellos nicht. Es wäre aber vielleicht ein Ansatz, um auch künftig in der Fläche noch ein Beratungsangebot vorhalten zu können.

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