Geiz ist geil!

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P.O. - Welche gesellschaftlichen Trends und Einstellungen unserer Zeit sind für den Erfolg der deutschen Wirtschaft nachteilig? Bei der Beantwortung dieser Frage sind sich die deutschen Unternehmen ungewöhnlich einig: "Geiz ist geil!" Verbraucher und Geschäftskunden sind demzufolge immer weniger bereit, für Qualität den entsprechenden Preis zu zahlen. Daran ist keineswegs nur der Elektronikriese Saturn schuld, der mit diesem Slogan jahrelang auf Kundenfang ging.

Vielmehr ist der vorsichtige Umgang mit Geld den Deutschen seit Generationen eingeimpft, ist das sich einerseits etwas Gutes und Hochwertiges gönnen, andererseits aber nach Schnäppchen schauen, längst gelebte Praxis. Mit dem Mercedes zu Aldi halt. Umso schwerer ist es für die Wirtschaft, Kunden zu bewegen, für ehemals kostenlose Leistungen nun zu bezahlen. Das spüren die Medienverlage im Internet, das spüren die Banken bei den Gebühren für Standarddienstleistungen wie dem Girokonto. Zwar warnen vorsichtige Vorstandschefs von Banken und Sparkassen lange schon vor den negativen Konsequenzen der aktuellen Geldpolitik. Nur wollte man ihnen nicht so recht glauben, denn die Ergebnisse fielen viel zu gut aus, um auch nur annähernd irgendwelche Bremsspuren in den Rechenwerken erkennen zu können. Das erste Halbjahr hat nun aber die traurige Gewissheit gebracht, dass die Niedrigzinsphase keineswegs spurlos an den deutschen Kreditinstituten vorüber ziehen wird. Zumindest wenn man die vorgelegten Ergebnisse zum 30. Juni von Groß- ebenso wie Landesbanken betrachtet. Welch ein Glück, dass Sparkassen und Volk- und Raiffeisenbanken von dieser Veröffentlichungspraxis noch verschont werden.

Banken und Sparkassen müssen also reagieren. "Ich finde es richtig, dass es heute eine offene Diskussion über Gebühren für Girokonten gibt. Bankdienstleistungen können nicht kostenlos sein, wenn Banken und Sparkassen mit der Zinsmarge kein Geld mehr verdienen", sagt beispielsweise Bundesbankvorstand Dr. Andreas Dombret. Passiert das dann aber tatsächlich, ist der öffentliche Aufschrei groß. Aktuell bekommt das die Postbank zu spüren, die als die bundesweite Privatkundenbank schlechthin quasi als Vorreiter für die ganze Branche künftig gestaffelte Preise für Girokonten durchsetzen will. Die entscheidende Frage dabei ist, halten die betroffenen Institute das aus? Als regionales Institut hat beispielsweise die Taunus Sparkasse vor einigen Jahren bereits an der Gebührenschraube gedreht. Auch damals war der Aufruhr in den lokalen Medien groß. Heute, drei Jahre später, kann der Vorstandsvorsitzende über einen Nettozuwachs bei Girokonten berichten. Offensichtlich sind doch nicht alle deutschen Kunden zwanghaft geizig, offensichtlich ist vielen ein Bankwechsel immer noch zu mühsam.

Und dass Qualität der Dienstleistung und vor allem Vertrauen im Bankgeschäft neben dem Preis immer noch eine entscheidende Rolle spielen, zeigt die Entwicklung der Marktanteile. Großer Verlierer sind die Großbanken, die allzu häufig mit negativen Schlagzeilen in der Presse vertreten waren und mitunter noch sind. Bei den Krediten an Unternehmen und Selbstständige sank deren Bedeutung gerechnet nach feiner Bundesbankstatistik von 15,1 Prozent 2007 auf nur noch 11,3 Prozent Ende des zweiten Quartals des laufenden Jahres. Nicht ganz so groß ist der Rückgang bei den Krediten an wirtschaftlich unselbstständige Privatpersonen von 12,5 auf 10,8 oder im Wohnungsbau von 13,2 auf 11,0 Prozent. Positiv dagegen ist das stabile Einlagenvolumen von etwa 14,2 Prozent des Gesamtmarktes. Großer Gewinner sind die Kreditgenossen. Sie konnten ihren Marktanteil bei Krediten an Firmenkunden um 2,5 Prozentpunkte auf 19,2 Prozent steigern, bei Kredite an Privatkunden um 4,3 Prozentpunkte auf 23,8 Prozentpunkte, bei Wohnungsbaukrediten um 4,9 Prozentpunkte auf 22,2 Prozent und bei den Einlagen um 0,9 Prozentpunkte auf 20,2 Prozent. Unangefochtener Marktführer bleiben die Sparkassen trotz leichter Einbußen. Beiden Verbünden gelingt dieser Erfolg ohne ein umfassendes Gratisangebot. Das sollte allen deutschen Banken Mut machen.

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