Kaum ein Stein auf dem anderen

Swantje Benkelberg

sb - Die Deutsche Bank hat es spannend gemacht. Nach langem Hin und Her hat sie jetzt zumindest den groben Rahmen skizziert, wie es mit der Postbank weitergehen soll - just als der Arbeitskampf bei der Bonner Tochter seinem Höhepunkt zustrebte und eine überwältigende Mehrheit der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten eben für unbefristete Streiks gestimmt hatte. Für die Beschäftigten vermutlich die wichtigste Botschaft: Um die Strategie umzusetzen, hat man sich mit den Gewerkschaften geeinigt. Und im Zuge dessen wurde die wichtigste Verdi-Forderung erfüllt, nämlich die nach einem möglichst weitreichenden Kündigungsschutz. Der Stichtag 30. Juni 2021 ist zwar nicht ganz so lang, wie die Gewerkschaft es sich gewünscht hätte. Ein Datum im Jahr 2022, also dem Jahr, in dem die Integration der Postbank abgeschlossen werden soll, war aber wohl nicht durchsetzbar, obgleich man sicher zuvor schon mit Maßnahmen wie etwa Vorruhestand beginnen wird. Trotzdem ist die Verlängerung des Kündigungsschutzes wichtig, um die Gemüter erst einmal zu beruhigen und Bereitschaft für die anstehenden Veränderungen zu schaffen. Und die dürften gewaltig sein.

Denn nur auf den ersten Blick und eher äußerlich betrachtet, bleibt alles beim Alten. Die Marke Postbank bleibt erhalten, auch der seit 2006 bestehende Kooperationsvertrag mit der Deutschen Post zum Filialbetrieb wurde um weitere fünf Jahre verlängert. Postkunden werden weiterhin ihre Briefmarken bei der Postbank kaufen und dort ihre Rücksendungen aus dem Online-Handel abgeben können, was sich in den letzten Jahren nicht nur als Frequenzbringer erwiesen hat, sondern immer wieder auch Ansatzpunkte für Vertriebsaktionen bot. Das heißt, dass bei den Filialen bis auf Weiteres nicht tabula rasa gemacht werden dürfte, auch dort nicht, wo eine Postbank- und eine Deutsche-Bank-Filiale nahe beieinander liegen. Ansonsten dürfte aber kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. Denn klar ist, dass es bei der Neuausrichtung des Privat- und Firmenkundengeschäfts im Deutsche-Bank-Konzern mit aktuell zusammen rund 20 Millionen Kunden, 30000 Mitarbeitern und über 1500 Filialen vor allem um Effizienzsteigerungen geht. Synergien von jährlich rund 900 Millionen Euro ab 2022 lassen sich aber nicht ohne grundlegende Veränderungen erreichen. So soll es nur noch eine Zentrale geben, gemeinsame Teams in Frankfurt und Bonn sollen das Geschäft beider Marken steuern. Dabei sollen Produktentwicklung und Servicefunktionen gebündelt, BHW Bausparkasse und DB Bauspar werden zusammengelegt sowie IT und Prozesse vereinheitlicht. Deutliches Indiz dafür, dass es bei alldem wenig Respekt für "alte Zöpfe" gibt, ist die Tatsache, dass die einst noble Marke Sal. Oppenheim im Private Banking nach 282 Jahren sang- und klanglos aufgegeben wird und das Geschäft schon 2018 im Wealth Management der Deutschen Bank aufgehen soll.

Auch an der Kundenschnittstelle wird es zweifellos Veränderungen geben. So hat die Deutsche Post schon mitgeteilt, dass in Zukunft in den Postbank-Filialen neue Automationslösungen für Post- und Paketdienstleistungen eingesetzt werden sollen. Der klassische Postschalter dürfte also zum Auslaufmodell werden, Bankdienstleistungen stärker in den Vordergrund treten. Wie die Privatkunden im Konzern künftig "sortiert" werden, wird sich wohl erst mit der Zeit zeigen. Die Deutsche Bank soll sich im neuen Konzept "als Ansprechpartner und Risikomanager auf die intensive Beratung ihrer Kunden" fokussieren, während die Postbank "den Bedarf nach täglichem Bankgeschäft" abdecken soll, wobei noch offen bleibt, wie viel Beratung das beinhaltet. Den Fehler, Mengenkunden aus der Deutschen Bank hinauszukomplimentieren und zur Postbank "abzuschieben" wie einst in die "Deutsche Bank 24", wird man vermutlich nicht wiederholen. Eher dürfte die Selektion über die Konditionengestaltung erfolgen. An dieser Stelle kommt dann wieder die Norisbank ins Spiel, deren Angebot ab Ende 2018 die Basis für eine neue "Digitalbank" bieten soll. Kern des Angebots soll dabei ein kostenfreies Konto sein - eben das, was in den vergangenen Jahren den Kundenzuwachs der Postbank beflügelt hatte. Wie in diesem Dreiklang die Positionierung der Postbank aussehen kann, bleibt vorerst eher unklar.

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