Mehr Ehrlichkeit

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sb - Es war kein schönes Geschenk, das die Kreditwirtschaft zum Dreikönigstag bekam: Am 6. Januar hat das Landgericht Düsseldorf auf Antrag der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (Wettbewerbszentrale), Frankfurt am Main, der Sparda-Bank West die Werbung mit einem kostenlosen Girokonto als irreführend untersagt (Aktenzeichen 38 O 68/16). Zwar erhebt die Bank tatsächlich keine Kontoführungsgebühren.

Seit dem 1. April 2016 berechnet sie jedoch für die Ausstellung einer Girocard ein jährliches Entgelt von zehn Euro. Nach Einschätzung der Wettbewerbszentrale war deshalb die Werbung mit einem "kostenlosen Girokonto" irreführend. Denn um das Konto richtig nutzen zu können, müsse der Kunde den Betrag von zehn Euro für die Ausstellung der Karte aufwenden, die auch für die Nutzung der Selbstbedienungsgeräte erforderlich sei. Dass es sich um einen überschaubaren Betrag handelt, spielte für die Wettbewerbshüter dabei keine Rolle.

Die Bank verteidigte die Fortsetzung der Werbeaussage mit dem Hinweis, dass Kunden sich in der Filiale auch eine (kostenlose) "White Card" ausstellen lassen können, mit der allerdings nur Auszahlungen am Geldautomaten möglich seien. Die Girocard gehöre dagegen nicht zum herkömmlichen Funktionsumfang eines Girokontos. Viele Kunden wird eine solche Argumentation nicht überzeugen. Seit Banken die Kunden zur Selbstbedienung erzogen und ihre Serviceinfrastruktur (wie Kassen oder die Ausgabe von Kontoauszügen am Schalter) stark zurückgebaut haben, ist die Karte faktisch zum festen Bestandteil des Kontos geworden, erst recht in einem Umfeld, in dem das Bargeld immer weiter zurückgedrängt wird. Längst ist es zu spät, die Karte per definitionem zu einem separaten Produkt zu erklären, das eigenständig bepreist wird. Um das plausibel zu machen, müsste die kostenlose "White Card" nur zur Nutzung der bankeigenen SB-Infrastruktur wohl zumindest gleichberechtigt als Option kommuniziert werden. Das Landgericht Düsseldorf schloss sich deshalb der Argumentation der Bank nicht an, sondern äußerte sich dahingehend, dass Verbraucher sich unter einem "kostenlosen Girokonto" ein solches vorstellen, bei dem man nicht für die Girocard zahlen müsse.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Zudem betrifft es auf den ersten Blick nur eine einzelne Bank. Dennoch hat die Wettbewerbszentrale vermutlich Recht, wenn sie dem Verfahren Bedeutung für die gesamte Bankenbranche beimisst. Das betrifft zuallererst die Gruppe der Sparda-Banken, deren gemeinsame bundesweite Werbung durch die Entscheidung teilweise infrage gestellt wird. Denn die Einheitlichkeit in der Preispolitik der Gruppe, die jahrelang bedingungslose Gebührenfreiheit des Girokontos, ist längst Geschichte geworden. Wenn aber jedes Institut für sich entscheidet, welche Leistungen es wie bepreist beziehungsweise welche Einschränkungen es für die Gebührenfreiheit gibt, dann kann man nur noch unter Vorbehalt bundesweit mit dem kostenlosen Konto werben, das es so nur noch bei manchen Instituten der Gruppe gibt. Die Tragweite der Entscheidung geht aber vermutlich noch weiter: Schließlich sind die Sparda-Banken nicht die einzigen Kreditinstitute, die ihr Girokonto mit "Nebenkosten" garnieren, die im Kleingedruckten versteckt werden. Die Erfahrungen aus den Frühzeiten der Gratiskonten zeigen jedoch, dass die Gerichte das Prädikat "kostenlos" nur akzeptieren, wenn die Leistungen auch wirklich kostenlos sind. Natürlich gibt es auch Formen der Kommunikation, die wettbewerbsrechtlich nicht anfechtbar sind. Trotzdem erweckt Werbung, die mit dem Schlagwort "Gratis" daherkommt und dann Fußnoten mit Einschränkungen anfügt, zumindest den Eindruck, den Kunden täuschen zu wollen. Mit der angeblichen neuen Transparenz, die sich die Branche zur Imagerettung auf die Fahnen geschrieben hat, hat das nichts zu tun. Banken und Sparkassen täten gut daran, zu mehr Ehrlichkeit zurückzufinden, anstatt dem schlechten Beispiel anderer Branchen zu folgen. Wenn etwa die Girocard zehn Euro im Jahr kostet, dann hieße das, das Girokonto mit einer Jahrespauschale von zehn Euro als günstig zu bewerben. Die Kunden mag das nicht freuen. Sie werden es aber eher akzeptieren als die Einführung neuer Entgelte durch die Hintertür.

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