Schwierige Verhältnisse

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sb - Die Bandbreite von Familienunternehmen in Deutschland ist groß - vom landwirtschaftlichen oder Handwerksbetrieb bis hin zum Großunternehmen. So unterschiedlich sie alle und ihre Bedürfnisse sind - ihnen allen ist eines gemeinsam: Das wirtschaftliche Wohl und Wehe der Unternehmerfamilie hängt ganz wesentlich von ihrem Erfolg oder Scheitern ab. Denn weil fast immer eine Menge Herzblut

des Unternehmers in seiner Firma und damit seinem Lebenswerk steckt, wird nicht selten auch das Privatvermögen zur Überbrückung von Krisen herangezogen. Eine weitere Besonderheit der Familienunternehmen ist eine gewisse Verquickung von Geschäftlichem und Privatem. So können Konflikte innerhalb der Unternehmerfamilie - Ehescheidungen zum Beispiel, Erbstreitigkeiten oder auch Uneinigkeit über unternehmerische Entscheidungen zwischen der älteren und der Nachfolgegeneration - den Bestand des Unternehmens gefährden. Das hat zur Folge, dass der Firmenkundenbetreuer oft genug auch als Konfliktmanager auftreten muss.

Stimmt dieses "Gesamtpaket", dann sind Familienunternehmen ihrer Hausbank oft über Jahrzehnte treu und greifen nur dort auf Angebote des Wettbewerbs zurück, wo der Konditionenabstand zur Hausbank gar zu groß ist oder sie kein passendes Angebot in ihrem Portfolio hat. Im Gegenzug erwarten sie auch in schwierigen Zeiten eine verlässliche Beziehung. Als eine Art "Versicherungsfunktion" bezeichnet das Katharina Sauter (siehe Seite 28). Unter dem Risikoaspekt ist dies nicht ganz unbedenklich. Denn bei langjährigen und intensiven Kundenbeziehungen wird es natürlich umso schwieriger, auch einmal nein sagen zu müssen. Wohl auch deshalb hatten frühere Unternehmergenerationen mitunter Vorbehalte dagegen, derselben Bank ihre privaten wie auch geschäftlichen Belange anzuvertrauen.

Mittlerweile scheint sich an dieser Stelle jedoch die Einstellung gewandelt zu haben. Ganzheitliche Beratung liegt im Trend, sind sich die Autoren in diesem Heft einig. Um hier die Potenziale ausschöpfen zu können, ist freilich die richtige Organisationsstruktur gefragt. Die Ansprache aus dem Privatkundengeschäft heraus hat sich in der Vergangenheit zu oft als wenig erfolgreich erwiesen - vor allem dann, wenn sich hausintern die Diskussion auftat, welchem Geschäftsbereich der jeweilige Kunde dann zuzuordnen sei. Diese Konflikte lassen sich jedoch vermeiden, wenn das Private Banking nicht nur organisatorisch dem Firmenkundengeschäft zugeordnet wird, sondern auch die Akquisition über den Firmenkundenberater erfolgt, der für den Unternehmer der zentrale Ansprechpartner bei seiner Hausbank ist.

Die größte Herausforderung im Geschäft mit Familienunternehmen dürfte derzeit die demografische Entwicklung sein. Nicht nur steht in den nächsten Jahren bei einer großen Zahl von Firmen ein Generationswechsel an. Sondern in vielen Fällen wird dieser mangels Nachwuchs auch nicht mehr innerhalb der eigenen Familie des Unternehmers möglich sein. Hier ist die Kreditwirtschaft im eigenen Interesse gefordert, ihren Beitrag zu leisten, den Fortbestand der Unternehmen zu sichern. Ein Beispiel sind Unternehmensbörsen, deren Ziel es ist, Unternehmer, die sich in den Ruhestand verabschieden wollen, mit möglichen Existenzgründern zusammenzubringen, die in ihre Betriebe einsteigen wollen. Hier können sich Hausbanken durchaus profilieren und die nachrückende Unternehmergeneration geschäftlich wie auch im Private Banking dadurch an sich binden. Doch auch dort, wo es gelingt, einen solchen Übergang erfolgreich zu gestalten, kann sich der Charakter der Bankbeziehung und selbst der des Unternehmens deutlich wandeln. So wird ein Bestandsunternehmen durch den Einstieg eines Externen in finanzieller Hinsicht zur Existenzgründung. Oder wenn es statt einem Unternehmer künftig mehrere gibt, die sich die Verantwortung teilen, werden die Struktur im Betrieb und damit die Anforderungen an die Bank noch komplexer als zuvor.

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