Segnungen des Private Banking

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sb - Wieder einmal scheint das Private Banking wie das gelobte Land des Privatkundengeschäfts: Anders als im Retail ist der Preis nicht das alles dominierende Kriterium. Beratung muss nicht mühsam vermarktet werden - sie ist auch aus Kundensicht Kern des Geschäftsmodells. Die Kundenloyalität ist hoch, oftmals werden Kundenbeziehungen über Generationen hinweg vererbt. Bankhopping - kein Thema. Und sogar die Bereitschaft für Cross-Selling-Angebote in Gestalt von Leistungen rund um das Privatvermögen ebenso wie das Geschäftliche des Unternehmers ist wieder gestiegen. Doch diese Segnungen des Private Banking sind beileibe keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr müssen sie hart erarbeitet werden.

Die im Vergleich zum Mengengeschäft geringe Preissensibilität setzt auch im gehobenen Segment ein stimmiges Preis-Leistungsverhältnis voraus, das die Vermögenden noch kritischer hinterfragen als der Retailkunde. Und weil das Privatvermögen in der Regel auf zwei bis drei Anbieter verteilt wird, sind die Vergleichsmöglichkeiten gut. Für die jüngere Generation ist die persönliche Beratung zwar noch ebenso wichtig wie für ihre Eltern. Die Person des Beraters wird jedoch weniger zum Bezugspunkt. Das hat für Banken den Vorteil, dass der Kunde weniger leicht die Bank wechselt, wenn sich sein Berater beruflich verändert. Es bringt aber auch mit sich, dass die Beratungsleistungen kritischer betrachtet werden. Jüngere Kunden scheuen sich beispielsweise nicht, ihren Berater auf Aussagen oder Leistungen eines Wettbewerbers anzusprechen. Mit der demografischen Entwicklung könnten die Anforderungen somit eher noch steigen.

Das Megathema Digitalisierung tangiert das Private Banking in anderer Form, als dies beim Mengengeschäft der Fall ist. Hier geht es nicht darum, Transaktionen über noch mehr Kanäle möglichst kostengünstig selbst vorzunehmen oder die Beratung durch Online-Tools wenigstens teilweise zu ersetzen. Ein Online-Depot dient im Private Banking oftmals mehr dem Spieltrieb der Kunden, während der Großteil des Vermögens der Vermögensverwaltung anvertraut wird. Ähnliches gilt auch für Markowitz-orientierte Anlagemodelle, die im Retail auf dem Vormarsch sind. Doch auch bei der vermögenden Klientel beginnt die Digitalisierung das Geschäft zu prägen. Das gilt vor allem für die Bereitstellung von Informationen. Und weil der Kunde immer besser informiert ist, verändert das die ohnehin ausgeprägte Anspruchshaltung an die Beratung: Aufgabe des Beraters wird es immer mehr, die Flut an Informationen einzuordnen und sie in einen Mehrwert für den Kunden zu übersetzen. Das gilt vor allem dann, wenn es darum geht, private und geschäftliche Angelegenheiten in die Hände der gleichen Bank zu legen. Diese ganzheitliche Betreuung, von der alle Anbieter träumen, stößt mittlerweile wieder auf höhere Akzeptanz, weil die Branche erkannt hat, dass es dabei nicht nur um die Sicherheitenunterlegung des Kreditgeschäfts im geschäftlichen Bereich gehen darf. Punkten kann die unternehmerische Hausbank an dieser Stelle zum Beispiel, wenn sie das Thema Unternehmensnachfolge mit Fragen der Altersversorgung, steuerlichen oder Erbschaftsfragen verbindet oder - zum Beispiel dort, wo Erben fehlen - das Thema Stiftungen ins Gespräch bringt.

Unter dem Strich gibt es somit durchaus Aspekte, die das Private Banking heute vielleicht sogar noch attraktiver erscheinen lassen als vor einigen Jahren. Ein "Run" auf die gehobene Klientel, um sich die damit verbunden Potenziale zu sichern, ist gleichwohl keine gute Idee. Sicher gibt es eine ganze Reihe von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die erfolgreich bewiesen haben, dass Private Banking und Regionalität kein Widerspruch sein müssen. Gleichwohl tun kleinere Institute gut daran zu prüfen, ob sie eine eigene Vermögensverwaltung anbieten oder nicht vielleicht doch lieber auf Unterstützung durch Partner setzen sollten. Denn die Private-Banking-Kunden sind zwar eine attraktive Klientel, aber eben auch eine anspruchsvolle. Und die derzeitigen Rahmenbedingungen machen das Geschäftsfeld gewiss nicht einfacher.

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