Elektronische Geldbörse

Geldkarte: auch kontaktlos im Rennen

Ranhalten. Fertig. Ohne das Kartenterminal zu berühren, ist die Ware bezahlt. Kontaktlos - so lautet der neue Schlachtruf der Smart-Card-Branche. Schneller, kostengünstiger, einfacher die Begründung. Was in Asien und den USA bereits gang und gäbe ist, hält nun auch in Europa Einzug: Seit vergangenem Herbst können die Briten mit ihren Kreditkarten kontaktlos bezahlen. Mehr als 2 000 Händler auf der Insel akzeptieren die kontaktlose Kartenzahlung. Auch in anderen europäischen Ländern starten vereinzelte Versuche, wie etwa in der Schnellrestaurantkette McDonald's in der Schweiz im vergangenen Jahr. Der Markt soll laut einer Studie der ABI Research bis 2012 auf eine Milliarde US-Dollar steigen.

Inwieweit in Deutschland ein Markt für kontaktlose Kartenzahlungen besteht, beantwortet die Kreditwirtschaft kontrovers. Die Geldkarte wird bei den Deutschen als bargeldloses Zahlmittel für Kleinstbeträge immer beliebter, mit oder ohne Kontakt.

Bislang ist in Deutschland von der kontaktlosen Entwicklung kaum etwas zu spüren. Die Deutschen gelten generell als Plastik-Muffel und hinken bei der bar geldlosen Bezahlung ihren europäischen Nachbarn hinterher. Knapp zwei Drittel des Gesamtumsatzes im Einzelhandel werden hierzulande immer noch bar abgewickelt, während sich die Situation im Vereinigten Königreich genau andersherum darstellt: Hier werden bei knapp zwei Drittel des Gesamtumsatzes Karten zur Zahlung ver wendet. Dennoch gibt es in Deutschland inzwischen auch erste Einsatzpunkte für kontaktlose Karten. Vor allem an Flughäfen, wo internationale Fluggäste, die an die kontaktlosen Zahlungsmodalitäten gewohnt sind, Kleinigkeiten erwerben können, finden sich einige Akzeptanzstellen.

Die kontaktlosen Kreditkarten finden vor allem als Zahlmittel für Kleinstbeträge Ver wendung. Als Einsatzbereiche kommen Fast-Food-Ketten, Cafés, Zeitungshändler oder Parkhäuser infrage. In Deutschland hat sich inzwischen die Geldkarte als Münzgeldersatz etabliert. Die "elektronische Geldbörse" dient vorrangig als Kleingeldersatz. Hierbei hat sie sich er folgreich seit Jahren gegenüber der Konkurrenz behauptet.

400 000 Euro Geldkarte-Umsatz pro Tag

Die Akzeptanz für den kleinen goldenen Chip wächst kontinuierlich in der Bevölkerung - trotz Abneigung der Deutschen gegen Karten. Rund 68 Millionen Geldkarten sind bereits deutschlandweit im Umlauf. Für das Jahr 2007 konnte Euro Kartensysteme einen neuen Wachstumsrekord beim Umsatz verkünden. Diesen Anstieg belegen die aktuellen Transaktionszahlen. So wurden im vergangenen Jahr 42 Prozent mehr Umsatz über die Geldkarte erzielt:

Insgesamt wurde über 52 Millionen Mal mit dem Chip gezahlt. Verglichen mit 2006 (4,3 Millionen) entspricht dies einem Wachstum von 25 Prozent.

Dabei wurden insgesamt 148 Millionen Euro umgesetzt. Das entspricht einer Steigerung von 42 Prozent im Vergleich zu 2006. Im Jahresdurchschnitt sind dies über 400 000 Euro Kleingeld pro Tag, die in elektronischer Form bezahlt wurden.

Immer mehr Händler und Dienstleister setzen bei dem Einsatz von bargeldlosen Zahlsystemen auf die Geldkarte, um hohe Gebühren und Abwicklungskosten (beispielsweise Autorisierung und Clearing) für Zahlungen im Kleingeldbereich zu ver meiden. Deutschlandweit ist die Zahlung per Geldkarte an über 600 000 Automaten und zunehmend im Internet möglich.

Preiswerter als Bargeld

Grund für das steigende Vertrauen der Wirtschaft in den goldenen Chip ist das Händlerentgelt, das nur 0,3 Prozent des Kaufumsatzes beziehungsweise 0,01 Euro pro Transaktion bis zu fünf Euro beträgt. Damit ist die Geldkarte nicht nur das preiswerteste Plastikgeld. Sie ist zudem auch kostengünstiger als Bargeld: Bargeld kostet die Händler unter Einbeziehung aller anfallenden Aufwendungen rund 2,75 Prozent des Umsatzes, bei der Bezahlung mit Debitkarten sind es 1,1 Prozent.

Neben den Gebühren macht besonders das lästige Zählen und Aufbereiten des Bargelds die Annahme von Münzen und Scheinen für die Händler so teuer. Hinzu kommen das Falschgeldrisiko und der Aufwand für die Abholung des Bargelds in den einzelnen Filialen. Durch den Wegfall des Münzgeldes nimmt außerdem das Ein- und Aufbruchrisiko am Automaten rapide ab.

Kontaktlos: Geldkarte in den Startlöchern

Auch die berührungslose Kommunikation ist der Geldkarte nicht fremd. Technisch ist der Chip der deutschen Kreditwirtschaft zur kontaktlosen Übertragung bereit. Die erste Anwendung wurde bereits auf der CeBIT 2004 vorgestellt und seit etwas mehr als drei Jahren läuft im öffentlichen Personennahverkehr der Verkehrsverbünde Rhein-Sieg und Rhein-Ruhr das kontaktlose E-Ticketing mit dem Geldkarte-Chip.

Das Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Genossenschafts-Verlages (DG-Verlag) und des Deutschen Sparkassenverlages (DSV) ist zukunftsweisend. Es ermöglicht den Verbrauchern durch den elektronischen Fahrschein, der auf den Geld-karte-Chip gespeichert wird, ein komfor tables Fahrkarten-Handling. Jährlich nutzen ihn die mehr als 1,5 Milliarden Fahrgäste der 26 Verkehrsbetriebe der Verkehrsverbünde zwischen Dortmund und Bonn. Eine kontaktlose Überprüfung des Fahrscheins kann direkt beim Einstieg in Bus oder Bahn erfolgen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch zeitintensives Abstempeln der Fahrkarte zum Fahrbeginn, sowie aufwendige Kontrollverfahren durch Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe. Neben einer Prozessoptimierung bei der Fahr kartenausgabe und Überprüfung können auch hier Einsparungen durch Wegfall des kostenintensiven Bargeld-Handlings erzielt werden. Das kontaktlose Verfahren wird über eine Schnittstelle realisiert, die sich auf dem Chip befindet. Die Karte kann über eine integrierte Antenne, wie auch auf herkömmlichem Wege, über die goldene Kontaktoberfläche angesprochen werden.

Auch das Thema kontaktlos bezahlen rückt seit einiger Zeit auch in den Fokus der deutschen Kreditwirtschaft. Seit Anfang 2008 existieren mit den Schnittstellenbeschreibungen die technischen Voraussetzungen zum kontaktlosen Bezahlen. Noch in diesem Jahr soll ein Pilotprojekt zur kontaktlosen Bezahlung mit der Geldkarte in Deutschland starten.

Einzige Prepaid-Karte im Segment

Auch bei der kontaktlosen Zahlung mit der Geldkarte profitiert der Händler von dem weiterhin geringen Entgelt von 0,3 Prozent des Kaufumsatzes. Neben dem Kostenar gument sprechen weitere Vorteile für den Einsatz der Geldkarte als kontaktloses Bezahlmittel. Sie ist die einzige Prepaid-Karte in diesem Bereich. Mit bis zu 200 Euro kann der Chip aufgeladen werden, und Eltern können ihn somit auch Jugendlichen bedenkenlos in die Hand geben. Im Gegensatz zu den Kreditkarten, die einen nahezu grenzenlosen Einkauf ermöglichen.

Auch die kontaktlose Zahlung erfolgt mit der Geldkarte anonym, denn in der Geld-karte-Applikation auf dem Chip sind weder persönliche noch Kontodaten frei auslesbar gespeichert.

Sicherheitsargument Anonymität der Zahlung

Besonders hervorzuheben ist der Sicher heitsfaktor, gerade bei der kontaktlosen Kartenzahlung ein viel erwähntes Problem. Bei der Kontaktlostechnologie für die Geldkarte legt die deutsche Kreditwirtschaft hier die höchsten Maßstäbe an. Generell können Abbuchungen vom Chip nur nach Authentifikation des Zahlterminals gegenüber der Geldkarte erfolgen. Dazu wird eine Händlerkarte benötigt. Die Umsätze werden anschließend dem in der Händlerkarte gespeicherten Konto gut geschrieben.

Dank der Anonymität der Zahlung erhält ein potenzieller Betrüger weder über die Chipkontaktfläche noch über die Luftschnittstelle Informationen über den Karteninhaber. Es werden ausschließlich Geldbeträge übertragen. Und diese können aufgrund der Ladegrenze höchstens einen Wert von 200 Euro haben, in der Praxis liegt der durchschnittliche Ladebetrag bei rund 25 Euro. Fazit: Der Ertrag für einen Betrüger wäre gering, der Aufwand hingegen sehr hoch.

Ob kontaktbehaftet oder kontaktlos: Die Zahlung mit der Geldkarte ist schneller als mit Bargeld. So kommt die Geldkarte vielerorts zum Einsatz, sei es am Getränkestand im Fußballstadion oder beim Ticketautomaten in Bus und Straßenbahn.

Wachstumschance Schule

Insbesondere gilt dies in Schulkantinen. Hier steigt die Nachfrage nach der einfachen und kostengünstigen Bezahlung mit der Geldkarte. Vor dem Hintergrund des bundesweiten Ausbaus der Ganztagsschulen bieten die Mensen enormes Potenzial als Vertriebsgebiet für den Chip der Banken und Sparkassen. Ein wichtiges Argument ist hier die Vermeidung langer Warteschlangen. Mit kontaktloser Bezahlung könnten in deutschen Schulkantinen noch mehr Schüler pro Minute ihr Mittagessen erhalten.

Großes Wachstumspotenzial bietet auch der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum (Single European Payment Area). Dank Sepa wird die deutsche Kreditwirtschaft voraussichtlich bis Ende 2010 alle Debitkarten mit ihrem Chip ausgestattet haben. Eine weitere große Chance für die Geldkarte.

Die kontaktlose Kartenzahlung ist auf dem Vormarsch. Ob auch das plastikmüde Deutschland hierfür ein Markt ist, wird sich zeigen. Die Geldkarte hat sich trotz der deutschen Kartenabneigung als bargeldloses Bezahlmittel etabliert, Tendenz steigend.

Bislang war in den Einsatzbereichen der Geldkarte noch kein Bedarf für die kontaktlose Bezahlung. Für künftige Anwendungen als kontaktloses Bezahlmittel sind die technischen Voraussetzungen aber bereits geschaffen. Auch bei der kontaktlosen Zahlung schlägt der Chip andere Karten bei den anfallenden Kosten für die Akzeptanzpartner. Kontaktlos kommt, die Geldkarte auch.

Ingo Limburg , Vorsitzender des Vorstands , Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V.
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