Im Gespräch

"JCB und Girocard sind komplementär"

Wie viele Karten der Marke JCB sind derzeit weltweit am Markt? Wie verteilt sich dies auf Länder beziehungsweise Regionen?

JCB wurde von japanischen Banken gegründet, weil in Japan damals das Trennbankensystem herrschte und es Banken nicht gestattet war, Kreditkartenunternehmen selbst zu gründen. JCB war ur sprünglich ein Kreditauskunftbüro und deshalb vorzüglich in der Lage, selbst Kreditkarten zu emittieren.

Die ersten Karten, die außerhalb Japans genutzt werden konnten, trugen auf der Rückseite ein American-Express-Logo. 1981 hat JCB beschlossen, international zu werden. Dazu folgte man den japanischen Touristen und versuchte, im Ausland Akzeptanznetzwerke zu etablieren. Die internationalen Aktivitäten von JCB existieren also seit 30 Jahren.

Inzwischen gibt es 70 Millionen Karten mit JCB-Logo. Die Mehrzahl der Karten kommt nach wie vor aus Japan. Wir sind aber auch sehr erfolgreich in anderen asiatischen Märkten wie Südkorea, Taiwan, Thailand, Malaysia, Philippinen. Ein Co-Branding mit China Union Pay ist sehr erfolgreich mit derzeit rund sechs Millionen Karten und steigender Kartenanzahl. Zusammenfassend kann man sagen: JCB ist heute noch ein asiatisches Kartenprogramm.

Welche Kooperationen bestehen bisher?

In den vergangenen Jahren hat JCB in einigen Märkten mit American Express zusammen gearbeitet. Das Händlernetzwerk von etwa fünf Millionen Händlern in Japan wurde auch für American-Express-Karteninhaber geöffnet. Im Gegenzug hat Amex JCB-Händler in Ländern akquiriert, in denen JCB nicht so stark vertreten war, beispielsweise in Kanada, Australien oder Indien.

Ähnliche Zusammenarbeit gibt es mit Discover: JCB ist auch Discover-Acquirer in Japan. Auf der anderen Seite hat Discover sein Händlernetzwerk in den USA für JCB-Karteninhaber geöffnet.

Gleiches gilt für China Union Pay. CUP-Karten werden im JCB-Netzwerk in Japan eingesetzt, auf der anderen Seite wurde das China-Union-Pay-Händlernetzwerk in China für JCB geöffnet. Dabei gibt es Unterschiede. Etwa 120000 Händler in China können internationale Karten akzeptieren.

Nicht zuletzt durch diese Kooperationen ist JCB im asiatischen Raum sehr stark. Nun haben wir überlegt, was wir in Europa tun können, um die Situation hier zu verbessern. Aus unserer Erfahrung mit China Union Pay und Discover heraus halten wir es für sinnvoll, mit lokalen Card Schemes in ähnlicher Weise zu kooperieren. Unsere Strategie ist es also, Partnerschaften zur gegenseitigen Akzeptanz mit lokalen Kartenprogrammen einzugehen. Dabei sind wir auch in Gesprächen mit neuen Playern, die sich am Markt zu etablieren versuchen.

Wie sieht es in Deutschland derzeit mit der Akzeptanz aus?

Früher haben wir in Deutschland das Acquiring selbst betrieben. Im März 2000 konnten wir B + S als ersten Lizenznehmer unter Vertrag nehmen. Weitere Partner sind Concardis, Airplus und die Wirecard Bank, letztere allerdings nur im Internetgeschäft. Mit anderen Acquirern sind wir im Gespräch, um eine möglichst flächendeckende Akzeptanz anbieten zu können.

Aufgrund der inhärenten Kosten, die mit der Öffnung von Terminals verbunden sind, haben wir uns bisher auf die erstklassigen Ziele asiatischer Karteninhaber beschränkt - sowohl der Touristen als auch der Geschäftsreisenden. Denn ein sehr großer Anteil der JCB-Karten wird als Corporate Cards ausgegeben. Hauptfokus war dabei der T & E-Bereich, also Autovermieter, Hotels - mithin genau die Bereiche, in denen die Akzeptanz der Girocard noch nicht flächendeckend gewährleistet ist. Das macht die Kombination aus JCB und Girocard komplementär und sehr interessant für potenzielle Emittenten, weil gerade im T & E-Bereich die hohen Bons generiert werden.

Verbessern wollen wir auch die Akzeptanz im Grenzbereich rund um Deutschland herum, vor allem in den Niederlanden, Luxemburg, der Schweiz und Österreich, Italien, Spanien und Polen. Wir kennen die Ziele der potenziellen Karteninhaber und arbeiten intensiv daran, dort verstärkt Akzeptanz zu schaffen.

In Spanien, Italien und Österreich können wir kurzfristig beinahe 100 Prozent der Kreditkartenakzeptanzstellen erreichen. Wichtig ist auch Tschechien. Dort haben wir momentan drei Acquirer unter Vertrag und sprechen mit zwei weiteren. Und in Polen haben wir einen Vertrag mit dem größten Acquirer und sind in Gesprächen ebenfalls mit zwei weiteren.

Gibt JCB hierzulande noch selbst Karten heraus - etwa an in Deutschland lebende Japaner?

Das haben wir in der Vergangenheit getan. Diese Karten trugen keinen Chip, obwohl JCB Anteilseigner bei EMV Co. und einer der Early Mover bei der Chipmigration ist. Weil wir unsere Issuing-Systeme jedoch nicht upgraden wollten, haben wir lokale Emittenten gesucht, die das Portfolio übernehmen wollten. Das ist uns leider nicht gelungen, deshalb wurde das Kartenprodukt eingestellt. Das ist einer der Gründe, weshalb wir nach anderen Möglichkeiten gesucht haben, Emittenten zu interessieren.

Deutschland ist in Sachen Kar ten sicher nicht als besonders innovativer Markt bekannt. Warum also gerade Deutschland?

Der deutsche Markt ist sicher einer der komplexesten in Europa. Während JCB sich jedoch in anderen europäischen Ländern stark aufs Acquiring konzentriert hat, haben wir in Deutschland sehr frühzeitig gesehen, dass wir auch im Issuing aktiv werden sollten, um das Händlernetzwerk zu stärken. Deshalb sind wir hier am weitesten. Derzeit arbeiten wir an einer deutschen Website. Und wir wollen einen Advisory Board mit Vertretern der deutschen Kreditwirtschaft etablieren, um deren Expertise kennenzulernen.

Was Europa betrifft, fokussieren wir uns zunächst auf Girocard als einen der größten Player und arbeiten daran, hier einen Piloten zu etablieren. Dieser wird dann sicher auch Interesse in anderen Regionen Europas wecken. In Deutschland ist das Interesse bereits beträchtlich, obwohl die Sparkassen momentan ihre eigene Kartenstrategie verfolgen und die genossenschaftlichen Institute noch zurückhaltend sind.

Profitieren Sie davon, dass der Debitmarkt hierzulande durch V-Pay in Bewegung geraten ist? Oder ist das eher hinderlich?

Beides ist richtig. Das Angebot von Visa hat sicher die Aufmerksamkeit auf mögliche alternative Lösungen gelenkt. Das erleichtert es uns, auf Interesse zu stoßen. Andererseits wurden bei vielen Verbänden und Banken bereits Entscheidungen gefällt, die nicht so schnell revidiert werden. So schnell werden Kartenportfolien nicht migriert.

Wann werden die ersten Girocards mit JCB-Logo am Markt sein?

Zunächst einmal müssen die Spezifika tionen geschrieben und die Kompatibilität mit Seccos geprüft werden. Darüber hinaus müssen Kartenhersteller, Chiphersteller und Personalisierer zertifiziert werden. Das bedeutet sehr viel Detailarbeit. Bis Oktober 2012 werden aber wohl die ersten Karten auf dem Markt sein.

Wo sehen Sie beim Co-Badging mit Girocard eher den Wettbewerb: im Debitbereich - also mit Maestro und V-Pay - oder im Kreditkartenbereich?

Das kommt darauf an, welche Form des Co-Badgings der Emittent wählt. Denn unter dem Agreement mit Girocard sind verschiedene Dinge möglich:

eine Girocard mit JCB-Co-Badging

oder eine JCB-Karte mit Girocard-Co-Badging.

Im ersten Fall würde das bedeuten, dass die Girocard weltweit einsetzbar wird. Im anderen Fall wäre es eine weltweit einsetzbare JCB-Karte, die die Lücken im deutschen Akzeptanznetzwerk schließen kann. Je nach gewähltem Produkt wür den wir dann den Wettbewerb finden.

Wir gehen davon aus, dass zunächst die Girocard mit JCB-Co-Badging im Vordergrund stehen wird, weil 95 Prozent der Transaktionen in Deutschland stattfinden.

Die umgekehrte Variante - JCB-Karte mit Girocard-Co-Badging - ist vor allem für Co-Brandings mit deutschen Unternehmen geeignet. Denn bei den Konditionen bieten wir sowohl für Händler als auch für Emittenten sehr attraktive Angebote.

Von der Interchange-Diskussion sind Sie ja nicht tangiert ...

Nein. Wir haben keine Interchanges, weil wir keine multilateralen Verträge und Interchanges haben. Alle Verträge und Konditionen sind bilateral mit unseren Partnern vereinbart.

Deshalb sind wir nicht Gegenstand regulatorischer Maßnahmen - und das wird in Gesprächen unausgesprochen wohlwollend zur Kenntnis genommen. Hier sind wir den Wettbewerbern im Markt voraus, die versuchen, einen ähnlichen Weg zu gehen.

Auf freiwilliger Basis berichten wir seit drei Jahren an die Europäische Zentralbank und tauschen uns bezüglich der Sepa-Compliance von JCB aus. Ende September 2012 werden wir voll Sepa-Compliant sein. Unser Geschäftsmodell als Drei-Parteien-System mit Licensees findet meinem Eindruck zufolge auch bei der EU-Kommission großen Anklang.

Welche Markenbekanntheit hat JCB in Deutschland?

Die Marke JCB ist bei den Karteninhabern relativ wenig bekannt. Daran müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern noch arbeiten. Wichtiger ist aber: Die Nutzung eines Kreditkartenprodukts ist im Alltag bekannt.

JCB ist grundsätzlich eine Kreditkarte?

Bisher ja, wenn man Kreditkarte mit "Charge Card" gleichsetzt. Wir haben allerdings auch ein Debitkartenprodukt in der Entwicklung.

Wir sehen aber auch die Gefahren, die darin liegen, ein Debitprodukt nicht als solches kenntlich zu machen. In den USA gab es Gerichtsverfahren, die darauf abzielten, dass Debit- und Kredittransaktionen in gleicher Weise mit Gebühren belastet wurden. In diese Gefahr werden wir uns nicht begeben. Der amerikanische und europäische Markt sind auch kaum vergleichbar.

Welche Herausforderung ist das Vereinen von Debit- und Kreditkartenfunktion auf einem Stück Plastik für das Risikomanagement der Emittenten?

Die Welten liegen gar nicht so weit auseinander. Auch bei der Girocard gibt es bei manchen Emittenten eine zeitliche Verzögerung zwischen Autorisierung und Settlement. Und auch die Charge Card lässt sich so gestalten, dass sie beinahe zu einer Debitkarte wird. Diese Fragen lassen sich über die Parameter Settings bei der Personalisierung der Karte oder auf dem Kartenkonto steuern.

Vielleicht wird es aber auch Emittenten geben, die ihr Kartenportfolio segmentieren möchten, um neue Zielgruppen zu erschließen oder vorhandene Zielgruppen mit einem neuen Produkt zu versorgen.

Durch das Bündeln von Debit- und Kreditkartenfunktionalität auf einem Stück Plastik steigt der Erklärungsbedarf gegenüber dem Kunden. Sehen Sie da Schwierigkeiten?

Der Kunde sollte natürlich die Vorteile eines solchen Co-Badgings kennen. Wenn er am Point of Sale seine Karte aushändigt, spielt es aber eigentlich keine Rolle, was technisch abläuft. Im Vordergrund steht die reibungslose Akzeptanz und die Möglichkeit des Karteninhabers, seine Ausgaben zu kontrollieren. Am einfachsten ist es, wenn für die JCB-Funktion ähnliche Spen-ding-Limits gesetzt werden wie für die Girocard. Ansonsten erfordert es eine weitergehende Kommunikation mit dem Kunden. Hier verlassen wir uns auf die Erfahrungen der möglichen Emittenten.

Am Point of Sale stellt sich beim Co-Badging die Frage der Priorisierung. Haben Sie da Präferenzen?

Wir haben nicht das Ziel, in jedem Fall die Priorität eins zu sein. Das ist die Entscheidung des Emittenten.

Diskussionen gibt es jedoch zwischen den emittierenden Banken, den Händlern und der EU-Kommission. Denn die Priorisierung bei der Emission der Karte wird üblicherweise durch die Bank und ihren Kartenkunden bei der Antragstellung festgelegt. Hinzu kommt die Einstellung der Application Selection am Terminal, sofern sie unterstützt wird. Hier müssen wir prüfen, ob es am Point of Sale einen Konflikt gibt, wenn unterschiedliche Priorisierungen aufeinandertreffen. Am Ende muss das getan werden, was auf der Karte steht - denn der Emittent trägt das Risiko und der Karteninhaber hat das Recht zu entscheiden.

Welche strategischen Ziele verfolgen Sie mit der Kooperation mit der Deutschen Kreditwirtschaft?

Unsere Hauptintention bei Vereinbarungen wie der mit der Deutschen Kreditwirtschaft ist es, das JCB-Händlernetzwerk mit Transaktionen zu "füttern", um eine reibungslose Kartenakzeptanz zu garantieren.

In Deutschland und im restlichen Europa auch sind die JCB-Transaktionen in erster Linie bislang von Karten generiert, die aus dem asiatischen Raum kommen. Aus unserer Erfahrung ist jedoch selbst eine relativ kleine Population an lokalen Karten bereits in der Lage, eine deutlich höhere Anzahl an Transaktionen zu erzeugen als zuvor. Wie massiv der Zuwachs an Transaktionen sein wird, muss sich dann zeigen.

Langfristig sollen solche Kooperationen natürlich dazu führen, JCB auch im Issuing von einer asiatischen zu einer globalen Kartenmarke weiterzuentwickeln.

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