Kartenmanagement-Glossar

Low Value Payments

Kartenzahlungen am Point of Sale (PoS) haben einen höheren Durchschnittsbetrag als Barzahlungen. Er bewegt sich je nach Kartenart zwischen 50 Euro und 100 Euro. Abseits dieser Kartenzahlungen werden die meisten Zahlungen bar getätigt: Diese sind meist Low Value Payments, das heißt Beträge unter 20 Euro. Rund die Hälfte davon sind Micropayments mit einem Betrag unter fünf Euro. In den kommenden Jahren werden die Kartenzahlungen bei Fortdauer des Trends zum bargeldlosen Zahlen weiter zunehmen, der "average ticket value" wird aber immer geringer werden. Low Value Payments sind somit ein Schlüssel für das weitere Wachstum des bargeldlosen Zahlens. Die Profitabilität zur Abwicklung von Low Value Payments ist jedoch beim derzeitigen Pricing Model unter Berücksichtigung einer End-to-End-Betrachtung sowohl für den Acquirer als auch für den Issuer nicht gegeben: Bei - unabhängig von anderen Kosten - gleichen Abwicklungskosten (und bei Offline-Transaktionen für den Issuer höherem Delkredererisiko) reichen die derzeit von den Akzeptanten gezahlten Entgelte und das Level der Interchange Fees für Debit- und Kreditkarten nicht aus, um die Kosten zu decken - und zwar weder beim Acquirer noch beim Issuer. Damit kommt es zum Dilemma. Einerseits ist das Animo der Acquirer als auch das der Issuer nicht unbedingt darauf ausgerichtet, nachhaltig verlustbringende Transaktionen zu generieren. Andererseits ist die Bereitschaft der Kartenakzeptanten, anteilsmäßig mehr für Low Value Payments als für Transaktionen mit einem höheren Betrag zu zahlen, nicht vorhanden. Die Forcierung der bargeldlosen Zahlung von Klein- und Kleinstbeträgen als Alternative zu Bargeld erfordert daher ein anderes Business Model. Aggregierung von Transaktionen als Business Model Ein derartiges Business Model für Low Value Payments kann aus heutiger Sicht nur auf Basis der Aggregierung von Transaktionen aufbauen. Dies ist kosteneffektiv und in sicherer Form nur bei Stored Value Cards möglich, wie sie in elektronischen Geldbörsen umgesetzt wurden. Dabei wird bei einer Zahlungstransaktion der vorweg online in den Chip geladene Wert offline entsprechend reduziert, die im PoS-Terminal so bezahlten Beträge werden aggregiert und vom Akzeptanten in einem Betrag eingereicht, der zulasten eines Poolkontos honoriert wird. Eine Synchronisation des geladenen Betrages im Chip mit dem auf dem Poolkonto gespeicherten Wert ist bei jeder Ladetransaktion möglich. Das heißt der Einzelbetrag geht unter, er kann allerdings bei Reklamationen rekonstruiert werden. Mit einer derartigen Transaktionskonzeption können Klein- und Kleinstbeträge - auf Massenbasis - zu betriebswirtschaftlich vertretbaren Kosten abgewickelt werden. Derartige elektronische Geldbörsen gibt es mit der Geldkarte in Deutschland, mit Quick in Österreich und mit Cash in der Schweiz auf Debitkarten und dedizierten Purse Cards, bislang jedoch nicht auf Kreditkarten. Die Transaktionsanzahl dieser elektronischen Geldbörsen ist allerdings weit unter ihren Möglichkeiten hinsichtlich der massenhaften Verwendung, denn Zahlungen unter 20 Euro, die noch in bar bezahlt werden, gibt es noch mehr als derzeit alle bargeldlosen Zahlungen mit Debit- und Kreditkarten zusammen. Um die elektronischen Geldbörsen zu einem Erfolg zu machen, gilt es insbesondere drei Problemfelder einer Lösung zuzuführen. Die Ladeinfrastruktur müsste breitgefächert von Geldausgabeautomaten über PoS-Terminals bis zum Internet angelegt sein, um überall und jederzeit Geld auf die elektronische Geldbörse laden zu können. Dabei erscheint bei einer zum Zeitpunkt der Zahlung nicht ausreichend geladenen elektronischen Geldbörse eine Ladung an einem PoS-Terminal im Zuge vor einer Zahlung hilfreich. Eine Akzeptanz müsste nicht nur an PoS-Terminals, sondern auch bei Verkaufsautomaten aller Art (beispielsweise Parkschein-, Fahrschein-, Getränkeautomaten) sichergestellt sein - vorzugsweise kontaktlos (zum Beispiel bis 20 Euro je Zahlungstransaktion). Es gilt die elektronischen Geldbörsen erfolgreich zu vermarkten. Sie haben bei den Konsumenten nicht die notwendige Bekanntheit. Die Konsumenten haben nicht das notwendige Produktwissen über die Verwendung. Die Attraktivität zur Nutzung bei (tunlichst allen) Low Value Payments ist nicht gegeben. Und wenn daraus einmal ein europäisches Produkt wird, das man in der Sepa (Single Euro Payments Area) unter einer europäischen Governance einsetzen kann, wird das alle Promotoren der Sepa freuen. Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien und Geschäftsführer der PayLife Bank GmbH; ewald. judt[at]paylife[dot]at/www.paylife.at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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