Kartenmanagement- Glossar

Mobile Wallet

Die Mobile Wallet als digitale Version der realen Brieftasche beziehungsweise Geldbörse gilt als eine der Zukunftsvisionen beim Thema "Mobile Payment". Allerdings gibt es bis heute - was angesichts der Neuheit nicht überrascht - keine Definition, was darunter genau zu verstehen ist.

Mehrheitlich wird die Meinung vertreten, dass eine Mobile Wallet ausschließlich dem Zahlen dienen soll. Dabei sollten jedoch tunlichst alle digitalen Zahlmöglichkeiten enthalten sein: von Kreditkarten über Debitkarten bis Prepaidkarten. Aber ebenso wird die Meinung vertreten, dass eine Mobile Wallet auch andere Dinge beinhalten soll, die sich in einer realen Brieftasche oder Geldbörse befinden: Kundenkarten, Mitgliedskarten oder Coupons.

Nur eine Minderheit hingegen glaubt, dass auch andere Datenträger wie zum Beispiel Gesundheitskarten, Personalausweise oder Zutrittskarten digital im Mobile Wallet enthalten sein sollen. Überwiegende Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass dieses Mobile Wallet sich in einem Smartphone befinden soll.

Viele unterschiedliche Konzepte

Technisch gesehen ist eine Mobile Wallet nichts anderes als eine weitere App auf dem Smartphone, die mit verschiedenen "virtuellen" Karten bestückt werden kann - zum Zahlen oder für andere Zwecke. Im Mittelpunkt steht dabei das Zahlen, andere Nutzungsmöglichkeiten dürften lediglich Zusatzfunktionen sein. Bereits jetzt gibt es eine Fülle derartiger Mobile Wallets mit unterschiedlicher Konzeption. Beim Operator Centric Model bietet ein Mobilfunkbetreiber eine Mobile Wallet an. Die Herausforderung ist dabei für den Mobilfunkbetreiber eine kundenorientierte Lösung für Mobile Payments für bereits existierende Zahlungsmöglichkeiten zu schaffen.

- Beim Bank Centric Model bietet eine Bank eine Mobile-Wallet-App an und sorgt dafür, dass für all ihre Kunden deren bestehenden Zahlungsmöglichkeiten dort als "virtuelle" Karten geladen werden.

- Beim Kollaborationsmodell bieten Banken und Mobilfunkbetreiber eine Aggregation Mobile Wallet an, die unterschiedlichste "virtuelle" Karten unterschiedlicher Issuer beinhaltet. Dabei müssen die Partner allerdings ihre zum Teil widerstrebenden Interessen unter einen Hut bringen.

- Beim Peer-to-Peer Modell bietet ein Payment Service Provider unabhängig von Banken und Mobilfunkbetreibern eine Mobile Wallet an. Ein Beispiel ist hier das Google Wallet. Wer immer ein Google-Konto hat, kann mit der Angabe einer Debit- oder Kreditkarte (Visa, Mastercard, Discover, American Express) eine Google Wallet einrichten und dort zahlen, wo es auch mit der von ihm angegebenen Karte möglich gewesen wäre.

- Das Closed-Loop-Model, wo die Mobile Wallet nur mit der "virtuellen" Karte eines Unternehmens nur in dessen Geschäften und nur durch dessen Kunden genutzt werden kann.

Um eine Mobile Wallet auf ein Smartphone zu bringen, ist zum einen die entsprechende App zu laden. Danach sind im Zuge eines Registrierungsprozesses die erforderlichen Daten insbesondere die Kreditkarten- und Debitkartendaten in die Wallet zu laden. Dies erfolgt unter Beachtung mehrerer Sicherheitskriterien.

Zahlungen aus einer Mobile Wallet heraus basieren in unseren Breiten sinnvollerweise kontaktlos auf Basis der NFC-Technologie. Lösungen mit Barcodes/QR-Codes dürfte in Europa nur schwer ein Durchbruch gelingen. NFC-Zahlungen könnten sowohl kontaktlose Offline-Zahlungen (tap-and-go) bis zu einem gewissen Limit und einer gewissen Anzahl als auch als kontaktlose Online-Zahlungen mit Autorisierung bei Überschreiten der NFC-Limits und -Anzahl sein.

Wettbewerbsfähig in puncto Transaktionszeit?

Inwieweit sich Mobile Wallets am Markt durchsetzen werden, hängt davon ab, wie diese Innovation tatsächlich auf die Bedürfnisse der Kunden durch eine entsprechende Value Proposition einzugehen vermag. Denn Mobile Wallets haben bei Mobile Payments, dem Hauptzweck der Mobile Wallets, keine Alleinstellung. Mobile Payments können nämlich - nicht perfekt und nur als Vorstufe - durch das Anbringen eines Chip-Klons mit den Kartendaten auf dem Mobiltelefon erfolgen. Ein derartiger Chip-Klon könnte aber auch woanders zum Beispiel auf der Geldbörse befestigt werden. Weiters können die Daten für die Zahlung auf einem Payment-Chip im Mobiltelefon gespeichert sein, wobei allerdings eine Abstimmung zwischen dem Mobilfunkbetreiber und dem Kartenherausgeber notwendig ist.

Dazu stellt sich die Frage, ob die Nutzerfreundlichkeit und die Bequemlichkeit den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. So ist es einerseits wichtig eine Mobile-Wallet-App zu haben, die alle Funktionen einheitlich, konsistent, das heißt in sich schlüssig, und konzise, das heißt kurz und bündig, für die Nutzung durch die Konsumenten im User Interface enthält.

Andererseits wird auch die Zeit einer Zahlungstransaktion eine wesentliche Rolle für den Erfolg spielen. Es braucht nämlich seine Zeit bis das Smartphone entsperrt ist, bis die Mobile Wallet-App geöffnet ist, bis die Mobile Wallet-App entsperrt ist, bis - bei mehreren Zahlungsmöglichkeiten - die gewünschte Zahlungsmöglichkeit geöffnet und bis die Zahlung erfolgreich abgeschlossen ist. Ist die Zeitdauer einer Zahlungstransaktion aufgrund der Anzahl der Schritte zu lange dürfte mehr Zeit am PoS vergehen als bei anderen Zahlungsformen - was nicht zur Freude der Zahler und der Zahlungsempfänger ist.

Massiver Konzentrationsprozess zu erwarten

Es ist heute nicht absehbar ist, welche Lösung für Mobile Payments sich letzten Endes durchsetzen wird. Es ist allerdings jetzt schon klar, dass der bestehende und wahrscheinlich noch ausufernde Wildwuchs an Mobile-Wallet-Apps mittelfristig nicht von Bestand sein dürfte und ein massiver Konzentrationsprozess einsetzen wird, der letzten Endes zu einigen wenigen Mobile Wallets führen wird.

In einem Blog wurde zum Thema "Mobile Payments - Are we there yet?" kürzlich gefragt: "What does this mean to the average consumer on the street who wants to pay with a mobile?". Die Antwort war: "A lot of confusion." Und als Conclusio wurde festgehalten: "The success of any consumer technology is if one's mom finds it easy enough to use."

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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