Im Gespräch

"Im Umfeld der Fußball-WM wurde viel Grundlagenarbeit geleistet"

Interview mit Norbert Gebhard / Von Gerüchten über wachsende Unzufriedenheit der Kartenemittenten mit der neuen Struktur bei Mastercard mag der Deutschland-Chef der Kartenorganisation nichts wissen - auch wenn er das aufgrund der neuen Unternehmensstrategie nicht mit Zahlen zum nationalen Markt belegen kann. Vor allem im Hinblick auf Sepa sieht er Mastercard mit der Marke Maestro bestens positioniert. Die Aktivitäten der EAPS betrachtet er deshalb gelassen.Red.Wie hat sich der Börsengang auf das Mastercard-Geschäft und die Marktanteile ausgewirkt? Unsere weltweiten wie auch die Europa-Zahlen zeigen, dass wir noch nie besser dastanden, als es im Moment der Fall ist. Unser Listing hat uns als globalen Finanzdienstleister im Kartengeschäft eher noch attraktiver gemacht. Was hat das Sponsoring-Engagement bei der Fußball-WM für Mastercard gebracht? Dass das Geschäft in den letzten Jahren deutlich angezogen hat, hat sicher auch mit der Fußball-Weltmeisterschaft zu tun. Die Auswirkungen sind auf der Bankenseite genauso zu spüren wie auf der Händlerseite, also bei der Akzeptanz. Im April 2006 hatte Visa angekündigt, Mastercard als Spon-soring-Partner der Fifa abzulösen. Der entsprechende Vertrag ist im Dezember durch ein US-Gerichtsurteil für ungültig erklärt worden, weil das vertraglich festgelegte Vorverhandlungsrecht von Mastercard verletzt wurde. Können Sie sich unter diesen Umständen eine weitere Zusammenarbeit mit der Fifa vorstellen? Wir freuen uns, dass wir aufgrund der bestehenden Verträge Recht bekommen haben. Die Entscheidung des Gerichts unterstützt unsere langjährige Position. Wir gehen davon aus, dass es jetzt einige Reformen in den Geschäftspraktiken der Fifa geben wird. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zur weiteren Zusammenarbeit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern können. Das Karten-Marketing war im Vorfeld der Fußball-WM sehr von Karten im Fußball-Design und entsprechenden Treueprogrammen geprägt. Wie soll die Kundenbindung für diese Kunden aussehen - vor allem, falls die Zusammenarbeit mit der Fifa nicht erneuert werden sollte? Fußball ist bei uns ein breit aufgestelltes Thema. Das Fifa-Engagement und die WM waren insofern nur ein Highlight. Die Rechte an Champions-League und Europameisterschaft nutzen wir auch weiterhin zur Geschäftsentwicklung für Banken und Händler; daran hat es keine Veränderung gegeben. Das heißt: Mastercard wird auch weiterhin einer der größten Fußball-Sponsoren weltweit sein. Wie es mit Programmen wie Masters Game bei den Sparkassen oder Final Fever bei den Genossenschaftsbanken weitergeht, kommt auf den jeweiligen Partner an. Die Konzepte lassen sich ohne weiteres etwa an die Europameisterschaft 2008 anpassen. Rechnen Sie für 2007 mit einem Rückgang bei den Kartenumsätzen, nachdem der durch die Bonusprogramme gegebene Anreiz zum Karteneinsatz vorbei ist? Nein. Denn im Umfeld der Fußball-WM wurde viel Grundlagenarbeit geleistet. Das Ziel Umsatzerhöhung war sicher ein Thema. Das zweite Ziel war aber Implementierung der Marke Mastercard. Hierbei war die WM der Höhepunkt der Markenmigration von Eurocard zu Mastercard. Und neutralen Umfragen zufolge ist das mehr als gelungen. Stichwort Marke: Wozu braucht Mastercard eine neue Unternehmensmarke, die dem Karteninhaber gegenüber nicht in Erscheinung tritt? Es geht darum, uns im B2B-Umfeld als Unternehmensmarke zu platzieren. Mit "Mastercard Worldwide" wollen wir demonstrieren, dass wir mit unseren Marken Das neue Unternehmenslogo von Mastercard einen globalen Ansatz verfolgen und dass hinter den Kartenmarken, die wir in den Markt bringen, profundes Wissen über die notwendigen Beziehungen und ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit steht. Diese Elemente werden sowohl mit dem neuen Unternehmensbrand als auch mit dem Slogan "Heart of Commerce" verdeutlicht. Wir wollen damit den Banken und dem Handel gegenüber kommunizieren, dass wir Zahlungsverkehr für alle Beteiligten schneller, effizienter und sicherer gestalten. Zu den Produktinnovationen zählt sicher das kontaktlose Zahlen mit "Paypass". Welche Marktchancen sehen Sie dafür in Deutschland? Stehen dem nicht die vergleichsweise hohen Sicherheitsbedenken der Deutschen entgegen? Ich glaube nicht, dass die Deutschen sich in dieser Frage wirklich so sehr von den Menschen in anderen Ländern unterscheiden. Die Sicherheitsbedenken werden oftmals auch geschürt. Insofern sehe ich für Paypass ein großes Potenzial, weil wir damit in einem Umfeld von kleinen Transaktionen bis 20 Euro in Geschäftsfelder eintreten, die wir bisher nicht bedient haben. Es gibt auch bereits Nachfrage aus dem Handel für dieses Thema. Gibt es beim kontaktlosen Zahlen nicht ein ähnliches Henne-Ei-Problem wie bei der Geldkarte, in dem Sinne, dass die Händler ihre Terminals erst dann entsprechend aufrüsten lassen, wenn genügend Karten mit Paypass-Chip am Markt sind, und umgekehrt die Banken die Ausgabe entsprechender Karten von der Akzeptanz abhängig machen? Das befürchte ich nicht. Denn für den Händler geht es um das Thema Schnelligkeit und Kundennutzen. Und dabei helfen solche kontaktlosen Verfahren ausgezeichnet. Insofern wird es eher darum gehen, welche Kundengruppen die relevanten Händler haben und auf welche Zielgruppen sich die Banken konzentrieren. Die Pilot-Projekte, die in Europa gelaufen sind und derzeit noch laufen, aber auch der Roll-Out in den USA, Taiwan und anderen Märkten zeigen, dass deutlich mehr Transaktionen über diese Karten laufen und gleichzeitig auch die Kartenumsätze beim Händler steigen. Wer legt die Betragsobergrenze für kontaktlose Transaktionen fest? Die kann die kartenausgebende Bank festlegen, aber auch der Händler. Wann wird Paypass nach Deutschland kommen? Für die Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz gibt es bereits konkrete Projekte. In Deutschland gibt es sehr vorangeschrittene Gespräche. Ich rechne damit, dass wir im Laufe des Jahres 2007 konkrete Ergebnisse sehen werden. Sie haben die Neupositionierung von Maestro angekündigt. Wie soll die aussehen? Wir werden auch im nationalen Umfeld, in dem wir bisher nur für grenzüberschreitende Transaktionen zuständig waren, künftig ein Maestro-Angebot zur Verfügung stellen. Im Grunde reagieren wir damit auf die Herausforderungen, die Sepa an uns stellt. Deshalb gibt es zum Beispiel eine Fallback-Interchange. Wir haben heute das einzige europa- und weltweit funktionierende Debitverfahren, das den Anforderungen des EPC, der EZB und der EU-Kommission entspricht. Sehen Sie in den Bemühungen der EAPS eine ernsthafte Konkurrenz? Generell gibt es heute noch so viel Bargeld im Umlauf, dass für alle Beteiligten genug Platz ist, um ein vernünftiges Auskommen zu haben. Natürlich befinden wir uns derzeit in einer Wettbewerbssituation, wie es sie früher nicht gab. Hier muss aber sicher erst einmal abgewartet werden, wie sich diese Dinge entwickeln.Grundsätzlich unterstützen wir Entwicklungen wie EAPS, und es gibt sicher Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Aus unserer Sicht spricht nichts gegen Cobranding-Vereinbarungen von electronic cash und Maestro. Gleichwohl wird es auch Banken geben, die sich für Maestro als das alleinige Produkt entscheiden, weil wir andere Funktionalitäten anbieten, zum Beispiel kontaktloses Zahlen oder Secure Code auch für Maestro. Deshalb, aber auch weil sie ihre nationalen Spezifikationen nicht mehr weiter vorantreiben wollten, haben sich Banken in anderen Ländern (zum Beispiel Belgien) für Maestro entschieden. In Deutschland besteht noch eine Akzeptanzlücke zwischen dem nationalen System und Maestro. Wie schnell wird sich diese schließen lassen was ja eine Grundvoraussetzung ist, wenn sich Banken für Maestro als einzige Debitmarke entscheiden? Maestro ist unser Debitprodukt, das nahezu auf allen ausgegebenen Debitkarten in Deutschland enthalten ist und auch heute schon eine breite Akzeptanz hat. Seit 15 Monaten laufen mannigfaltige Aktivitäten zur Ausweitung der Maestro-Akzeptanz und um Informationsdefizite zu beseitigen. Diese Aktivitäten werden auch 2007 fortgesetzt. Anfang Januar gingen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Halle durch die Presse, die Nutzer von kinderpornografischen Inhalten im Internet über die Kreditkartenabrechnungen aufspüren sollten. Inwieweit schwächen solche Berichte über "Rasterfahndungen" unter Kreditkarteninhaber das Vertrauen in das Zahlungsmittel Karte? Es hat sich nicht um eine Rasterfahndung gehandelt, sondern die Prozessoren haben nur die Daten von Personen weitergegeben, die tatsächlich Geld auf das bewusste Konto überwiesen haben. Somit wurden nur Daten von Personen an die Polizei übermittelt, die sich bereits strafbar gemacht hatten. Insofern hat es weder hinsichtlich Mastercard noch dem Zahlungsmittel Kreditkarte Vertrauensverluste gegeben. Wir als Mastercard waren nicht in die Maßnahmen zur Strafverfolgung involviert. Davon unabhängig nehmen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung als Unternehmen sehr ernst und unterstützen gemäß dem Mastercard-Firmenkodex alle Aktivitäten, die der Bekämpfung von Kriminalität dienen, wenn sie sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegen. Mastercard arbeitet dabei eng mit den entsprechenden Behörden zusammen. Unsere Vorschriften verbieten die Nutzung der Dienstleistung für die Verbreitung von Angeboten und Produkten, die Mastercard für unethisch hält und die gegen seine Unternehmensphilosophie verstoßen.

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