Card Business Digitalization

Walter Bödenauer ist Prokurist der PayLife Bank, Wien,

Das Privatkundengeschäft steht wie auch das Firmenkundengeschäft heute von mehreren Seiten unter Druck. Eine davon ist das durch (nicht mehr ganz so) neue Technologien und das durch sie und neue Marktbewerber veränderte Kundenverhalten. Das ist vor allem auf die zunehmende Digitalisierung von mehr und mehr Produkten und Prozessen zurückzuführen. Als Digitalisierung gilt die Überführung analoger Werte in digitale (diskrete) Daten, deren Einsatz zu elektronisch gestützten Produkten und Prozesse führt.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, gilt es nunmehr in einem Entwicklungssprung alle dafür infrage kommenden Produkte und Prozesse durchgehend zu digitalisieren - "end-to-end digitalization" genannt: Banking 4.0. Das vollständig umzusetzen ist schwierig und langwierig.

Ein langer Weg im Kartengeschäft: analoge Anfänge

Im Kartengeschäft, einem kleinen Bereich des Privatkundengeschäfts und einem ebenso kleinen Bereich des Firmenkundengeschäfts, ist dies schon fast vollständig gelungen. Der Weg war allerdings ein langer.

1980 gab es im Kreditkartengeschäft zwar schon Plastikkarten mit Hochprägung, allerdings ohne Magnetstreifen. Sie konnten nur zum bargeldlosen Zahlen und zum Bargeldbezug in Banken jeweils mit Unterschriftsleistung eingesetzt werden. Die Abwicklung am PoS (oder in der Bank) war vorsintflutlich: Die hochgeprägte Karte wurde wie der Kreditkartenbeleg in ein Kartenprägegerät ("Imprinter") gelegt und per Ritsch-Ratsch wurden die Kartendaten von der Karte auf den Beleg übertragen.

Danach wurde der Beleg ausgefüllt und vom Karteninhaber unterschrieben. Die Transaktion bedurfte allerdings - von einem relativ niedrigen Limit abgesehen - einer Autorisierung, einer telefonischen/ telegrafischen Anfrage beim Autorisierungscenter des Issuers, die zwar meist positiv, aber doch auch oft negativ beantwortet wurde.

Die Verarbeitung danach - von der Akzeptanzstelle bis zum Prozessor des Acquirers - erfolgte papierbasiert. Erst dort wurden die Belege erfasst und elektronisch zu den Prozessoren der Issuer geleitet, der wiederum eine Rechnungszusammenstellung erstellte, die der Karteninhaber meist per Post erhielt.

Die damaligen Debitkarten (= Scheckgarantiekarten) hingegen hatten durch den mit ihnen möglichen Bargeldbezug an Geldautomaten bereits einen Magnetstreifen. Mit ihnen konnte der Karteninhaber mit Code Geld abheben. Hier war der Prozess bereits vom Geldautomaten bis zur Kontoauszugserstellung digitalisiert.

Der Kontoauszug stand dem Kontoinhaber ausgedruckt (meist zur Abholung) zur Verfügung. Zahlungen am PoS erfolgten bis zu einem fixierten Limit durch Ausstellung eines (garantierten) Schecks unter Kartenvorlage und mit Unterschriftvergleich. Der Scheck wurde papierbasiert an das Rechenzentrum der Bank übermittelt, dort erfasst und elektronisch dem Kundenkonto angelastet oder bei Fremdkunden weitergeleitet.

Die Anfänge des Kreditkarten- und des Debitkartengeschäfts waren somit Analog-Banking par excellence.

Erster Schritt: der Magnetstreifen

Der erste Schritt in Richtung Digitalisierung erfolgte bei Kreditkarten nach 1980. Sie erhielten einen Magnetstreifen und damit die Möglichkeit, mit einem Code Bargeld an Geldautomaten zu beziehen, womit die manuelle Bargeldbeschaffung in Banken bald an Bedeutung verlor und diese Transaktion auch für Kreditkarten fast durchgehend digitalisiert abgewickelt werden konnte.

In etwa zur gleichen Zeit kamen auch am PoS die ersten Autorisierungstelefone für Kreditkarten-Transaktionen zum Einsatz, wodurch - nur bei Unternehmen wie zum Beispiel Juwelieren, die sich diesen Service leisten wollten/mussten - der manuelle Anruf durch einen digitalisierten ersetzt wurde. Die umständliche papierbasierte Abwicklung blieb dadurch allerdings unbeeinflusst.

Den nächsten Digitalisierungsschub brachte ab Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts der Einsatz der Debitkarten mit Code am PoS. PoS-Terminals ermöglichten - vorerst nur für Debitkarten, bald aber auch für Kredit karten - eine einfache, rasche und sichere Zahlung in Handels- und Dienstleistungsbetrieben. Diese Terminals ermöglichten nicht nur eine digitalisierte Autorisierung, sondern auch eine digitalisierte Abwicklung.

Die Daten werden im PoS-Terminal erfasst, zum Processing-Center des Acquirers geroutet, dort verarbeitet und an die Processing-Centers der Issuer weitergeleitet.

Neue Qualität durch den Magnetstreifen

Ab der Jahrtausendwende wurde nicht zuletzt wegen der zunehmenden Kartenkriminalität der Umstieg von der in die Jahre gekommenen Magnetstreifentechnologie auf die moderne Chiptechnologie in die Wege geleitet. Dieser Umstieg dauerte allein in Europa mehr als ein Jahrzehnt und ist bis heute weltweit noch nicht komplett abgeschlossen. Die meisten Karten sind heute Hybrid-Karten, die sowohl den Chip als auch den Magnetstreifen aufweisen. Die Chiptechnologie hat nicht nur zusätzliche Features auf der Karte ermöglicht und Kartenkriminalität massiv erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht, sondern hat auch eine neue Qualität der Digitalisierung mit sich gebracht.

Der mit der Internet-Nutzung einhergehende E-Commerce setzte von Anbeginn stark auf digitale Kreditkartenzahlung - unsicher durch Angabe von Kontonummer, Ablaufdatum und CVC. Durch innovative Sicherheitsverfahren (wie 3D-Secure oder Tokenization und Wallets) wurde die Kreditkarte zur weltweit beliebtesten Zahlungsform im E-Commerce.

Digitalisierung komplett

Die Finalisierung der "end-to-end-digitalization" brachte das Internet-Banking: Jeder Karteninhaber konnte seine Kartenabrechnungen online bekommen. Das Papier hatte sowohl was die Kontoauszüge betrifft, wo die Debitkarten-Transaktionen ausgewiesen werden, als auch was die Kreditkarten-Abrechnungen betrifft, ausgedient. Vom PoS-Terminal/Geldautomat bis zum Karteninhaber gibt es kein Papier mehr, die Digitalisierung des Kartengeschäfts ist komplett.

Weitere digitale Fortschritte im Karten-Geschäftsmodell brachte ein auf der RFID-Technologie aufbauender NFC-Chip samt einem Nicht-Autorisierungs-Modell bei Kleinbeträgen. Damit ist das Zahlen am PoS noch einfacher, noch schneller und noch bequemer geworden. War der NFC-Chip vorerst nur auf der Karte vorhanden, ist er mittlerweile auch auf anderen Tools wie einer Uhr, einem Armband, einem Ring, einem Sticker und vor allem auf dem Smartphone verfügbar. Damit wurde die digitale Transaktionsbasis massiv verbreitert und ein weiterer Fortschritt des bargeldlosen Zahlens in die Wege geleitet.

Schlankes Processing etablieren

Wenngleich das Kartengeschäft mittlerweile zu 100 Prozent digitalisiert ist - auch Kartenanträge und Akzeptanzverträge können schon elektronisch abgeschlossen werden - auch das Kartengeschäft der Banken sieht sich mit alternativen Produkten und Prozessen von Fintechs konfrontiert.

- So werden wohl flächendeckend Zahlungen am PoS künftig nicht nur als Kartenzahlung, sondern auch als Lastschrifteinzug oder Überweisungsauftrag abgewickelt werden können - alles basierend auf digitalen Kundendaten, die auf Tools dem Kunden von seiner Bank oder Dritten zur Verfügung gestellt werden.

- Doch angesichts der Tatsache, dass das Kartengeschäft einerseits weltweit angelegt ist und es sich andererseits im Umfeld eines zweiseitigen Marktes bewegt, ist es für Herausforderer mit alternativen Verfahren schwierig, einen Durchbruch zu erzielen.

Dennoch gilt für das Kartengeschäft der Zukunft, ein schlankes Processing zu etablieren, das alle Digitalisierungschancen wahrnimmt, um sowohl die Kundenzufriedenheit als auch die Kostensituation zu verbessern.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Walter Bödenauer ist Prokurist der PayLife Bank, Wien, walter.boedenauer[at]paylife[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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