Instant Payments

Dr. Ewald Judt, Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien

Quelle: Wirtschaftsuniversität Wien

Nach einer langen Entwicklungs- und Umstellungsphase sind die Sepa-Überweisung und die Sepa-Lastschrift Realität und trotz der gefühlt schwer merkbaren langen IBAN mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Doch hat sich die Abwicklung von Zahlungsverkehrstransaktionen aller Art dadurch kaum beschleunigt. Dem sollen Instant Payments abhelfen. Das sind bargeldlose Zahlungen, die rund um die Uhr an allen Tagen eines Jahres möglich sind, wo unverzüglich, das heißt innerhalb von wenigen Sekunden, die Ausführung der Zahlung, Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers und eine Bestätigung über die Zahlung an den Zahler erfolgt.

Politisch gewollt

Gegen Ende 2014 befand der European Retail Payments Board (ERPB) der EZB, der den Massenzahlungsverkehr in der Europäischen Union in Euro weiterentwickeln soll, die Notwendigkeit einer europaweiten Lösung für Instant Payments in Euro. Ein Grund dafür war die immer noch lange End-to-End-Abwicklungsdauer von Zahlungsverkehrstransaktionen, die im Gegensatz zur rasanten Beschleunigung von nahezu allen Lebensbereichen durch die Digitalisierung steht.

Mit derartigen Echtzeit- oder Fast-Echtzeit-Transaktionen können die Zahlungsempfänger zeitnah über die - final - gutgeschriebenen Beträge verfügen. Ein anderer Grund war, dass es durch die Etablierung unterschiedlicher Instant-Payments-Systeme zu einer Fragmentierung des europäischen Zahlungsmarktes kommen könnte, was ein Rückfall in die Vergangenheit wäre. Gegenwärtig gibt es zum Beispiel bereits Systeme in Polen (Express Elixir und Blue Cash), Schweden (Swish) und dem Vereinten Königreich (Faster Pay), die zunächst einmal national ausgerichtet sind.

Aufgrund des ERPB-Ersuchens untersuchte das European Payments Council (EPC), eine Not-for-Profit-Organisation der europäischen Payment Service Providers (das sind insbesondere Banken), die Möglichkeit und die Auswirkungen einer europaweiten Lösung für Instant Payments in Euro.

Eckpunkte für Instant-Sepa-Credit-Transfer

Der gegen Ende 2015 vom EPC vorgelegte Vorschlag inklusive des Designs für eine Sepa-Echtzeit-Überweisung (Instant-Sepa-Credit-Transfer, kurz SCT Inst) wurde vom ERPB gutgeheißen und das EPC beauftragt, ein SCT Inst-Regelwerk aufzustellen, das gegen Ende 2016 vorliegt und bis Ende 2017 umgesetzt werden kann. Plangemäß erschien am 30. November 2016 das SCT Inst Rulebook 1.0.

Das SCT Inst Scheme

- gilt für Euro-Transaktionen, wenngleich die Konten der Zahler und der Zahlungspflichtigen bei Payment Service Providern in der Single Euro Payments Area (Sepa) nicht auf Euro lauten müssen;

- ist fakultativ für PSPs in der Sepa - in diesem Fall muss der PSP zumindest die Rolle der Beneficiary Bank, der Bank des Begünstigten, ausfüllen;

- steht 24 Stunden pro Tag und an allen Tagen eines Jahres zur Verfügung;

- sieht insgesamt maximal zehn Sekunden für die Ausführung der Zahlung, die Bereitstellung des Betrages auf das Konto der Bank des Begünstigten und eine Bestätigung an den Zahlenden vor, wobei diese Frist mit einem Zeitstempel, der sogenannten Originator Bank, der Bank des Zahlers, beginnt;

- hat einen Maximalbetrag von 15 000 Euro je Transaktion;

- ist multikanalfähig, das heißt P2P-Transaktionen (besser Account-to-Account-Transaktionen), E-Commerce-Transaktionen und Retail-Payments werden ermöglicht;

- soll am 21. November 2017 starten.

EBA Clearing, ein in Bankenbesitz befindlicher Zahlungsdienstleister entwickelt derzeit eine technische Lösung (zusammen mit SIA S.p.A.), die im vierten Quartal 2017 operativ sein soll. 40 Banken haben sich bereits verpflichtet, den Service zu implementieren. Das kann sowohl durch die jeweilige Bank selbst oder aber durch die Heranziehung eines technischen Dienstleisters erfolgen. Damit ist allerdings nur ein kleiner Teil der für die Realisierung am Markt erforderlichen Maßnahmen abgedeckt.

Henne-Ei-Problem

Das wichtigste Problem für den Erfolg von SCT Inst-Payments wird jedoch die Lösung des Henne-Ei-Problems sein. Denn wie bei allen zweiseitigen Märkten hängt die Inanspruchnahme der zwischen den beiden Märkten befindlichen Plattform, des Schemes, von beiden Kundengruppen und deren Payment Service Providern ab. Das heißt für den Erfolg müssen nicht nur die Bank des Zahlers (Originator Bank) und die Bank des Empfängers (Beneficiary Bank) den entsprechenden Service anbieten, sondern es müssen auch deren Kunden, die Zahler und die Zahlungsempfänger, davon überzeugt sein, damit es tatsächlich genutzt wird.

Hier stellt sich die Frage, welche Vorteile die beiden Kundengruppen durch Echtzeitzahlungen gegenüber anderen Zahlungsformen lukrieren können. Denn nur wenn sich beide Vorteile erhoffen, kommt es zur parallelen Entwicklung beider Märkte: Die Zahler rüsten sich mit allem aus, was sie zur neuen Zahlungsform benötigen und zahlen auch so; die Zahlungsempfänger rüsten sich ebenso mit allem aus, was sie zur Akzeptanz der neuen Zahlungsform benötigen.

Kunden müssen überzeugt werden

Werden die Zahler bei P2P-Transaktionen deswegen auf Instant Payments umsteigen, weil der Zahlungsempfänger den Betrag einen Tag früher bekommt? Wird es für Zahler bei E-Commerce-Transaktionen wichtig sein, dass die Ware etwas früher versandt wird beziehungsweise bei Online-Produkten früher zur Verfügung steht? Werden die Zahler von der geübten "Kartenzahlung" (egal ob mit Debit- oder mit Kreditkarte und egal ob mit Karte, Smartphone oder einem anderen Tool), die ja aufgrund der vorgeschalteter Online-Autorisierung (und damit Zahlungsgarantie für den Akzeptanten) bereits jetzt sehr rasch erfolgt, auf ein anderes Verfahren umsteigen wollen?

Hier gilt, dass angesichts der Erfahrungen bei Umstieg von Bargeld auf Karte (und weiter auf Smartphone und andere Tools) die Zahler erst von den Vorteilen von Instant Payments überzeugt werden müssen.

Leichter ersichtlich dürften für die Zahlungsempfänger die Vorteile der Instant Payments sein. So kann der Zahlungsempfänger im Gegensatz zu einer Zahlungsgarantie wie bei Kartentransaktionen aufgrund der vorgeschalteten Online-Autorisierung sofort direkt über den Betrag verfügen und hat somit gegenüber anderen Zahlungsformen einen Liquiditätsvorteil.

Darüber hinaus kann die Liquiditätssteuerung - vor allem, wenn sie länderübergreifend ist - effizienter werden. In beiden Fällen sinken die Geldkosten.

Transaktionskosten entscheidend

Für den Start und die weitere Entwicklung von Instant Payments wichtig sein werden auch die Transaktionskosten für die Zahler und die Zahlungsempfänger sowie die Bereitstellung der Zahlungsinfrastruktur abseits jener der Originator Bank und der Beneficiary Bank bei den Zahlern und den Zahlungsempfängern.

Welche Möglichkeiten werden den Zahlern gegen Ende 2017 zur Verfügung stehen, um Instant Payments P2P, im E-Commerce und am Retail-PoS generieren zu können? Welche Möglichkeiten werden die potenziellen Zahlungsempfänger von SCT Inst-Zahlungen haben, um diese Zahlungsform zu akzeptieren?

Von der Beantwortung dieser Fragen durch alle an Echtzeitzahlungen Interessierten wird es abhängen, ob SCT Inst zu "fliegen" beginnt, wie schnell es sich zu einem Player am Zahlungsmarkt entwickeln wird und ob es andere Zahlungsverkehrslösungen wie Kartenzahlungen oder Online-Zahlungsverfahren wie Paypal zumindest partiell verdrängen kann.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Malte Krüger ist Professor an der Hochschule Aschaffenburg, malte.krueger[at]h-ab[dot]de.

Prof. Dr. Malte Krüger , Technische Hochschule Aschaffenburg, Aschaffenburg
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