Debitkarte

Ein separates Produkt?

Es gibt Fehler, die sich irgendwann rächen. Zu solchen Fehlern gehört zweifellos die Gratismentalität, zu der die Kreditwirtschaft in Deutschland ihre Kunden in Sachen Zahlungsverkehr erzogen hat. Das ging gut, solange die Zeiten gut waren. Angesichts der derzeitigen Ertragserosion im Bankgewerbe erweist es sich im Nachhinein als schwerer Fehler, beim Kunden den Eindruck erweckt zu haben, Zahlungsverkehr sei zum Nulltarif zu haben. Denn nun sehen sich immer mehr Gratisanbieter gezwungen, an der einen oder anderen Stelle zurück zu rudern und entweder neue Entgelte einzuführen oder auch Services abzubauen.

So ist die Sparda-Bank Hannover (und zwar keineswegs als erstes Kreditinstitut in Deutschland) im Januar damit in die Schlagzeilen geraten, dass sie nach der Einführung neuer SB-Geräte kaum noch Einzahlungen von Münzen ermöglicht. Das mag für Kunden zweifellos ärgerlich sein, wenn sie davon betroffen sind. Andererseits darf derjenige, der für sein Konto nichts zahlt, eigentlich nicht überrascht sein, wenn er dafür nicht den gleichen Service erhält, den Institute mit grundsätzlich bepreisten Kontenmodellen bieten.

Im Privatkundengeschäft, auf das sich die Sparda-Banken allein fokussieren, spielen Münzeinzahlungen darüber hinaus ohnehin meist nur eine sehr überschaubare Rolle. Bei der Sparda-Bank Hannover sollen sie zuletzt lediglich ein Prozent der Einzahlungen ausgemacht haben. Relevant ist die Münzannahme im Privatkundengeschäft vermutlich vor allem, wenn es um die Sparguthaben von Kindern geht. Eine Sparkasse etwa, die zum Weltspartag gezielt Kinder anspricht, würde zu Recht kritisiert werden, nähme sie deren Münzen aus den Spardosen nicht an. Das aber ist nie das Geschäft der Sparda-Banken gewesen. Erst seit kurzem bieten sie überhaupt spezielle Girokonten für Kinder und Jugendliche an.

An dieser Stelle ist die Kritik also mindestens teilweise unberechtigt. Anders sieht es beim Thema Girocard aus. Hier hat sich die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Frankfurt am Main, der Frage angenommen, ob ein Girokonto als "kostenlos" beworben werden kann, wenn für die zugehörige Girocard ein Jahresentgelt berechnet wird. Das Landgericht Düsseldorf hat diese Frage unlängst verneint. Ist die Girocard tatsächlich ein eigenständiges Produkt, sodass es sich rechtfertigen lässt, sie separat zu bepreisen? Oder ist sie nicht ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtpakets Girokonto/Zahlungsverkehr, wie es auch die Politik beim Thema Basiskonto gesehen hat?

In den meisten Fällen dürfte Letzteres der Fall sein. Natürlich lässt sich der Kontoauszug heute auch ohne Karte abrufen. Reine Online-Konten, an die keine Karte geknüpft ist, sind aber kaum praxistauglich. Dass selbst Fintechs bei ihren entsprechenden Konzepten Karten einbinden, spricht für sich. Denn spätestens bei der Bargeldbeschaffung wird es schwierig: Ob am Geldautomaten oder beim Einzelhändler - ohne Karte geht es fast nicht, von Ausnahmen wie Kooperationen mit Barzahlen.de einmal abgesehen. Und die Kassenschalter in der Bank, an denen Kunden auch ohne Karte Bargeld erhalten konnten, sind nahezu verschwunden. Wer nicht über eine Karte verfügt, der kann im stationären Einzelhandel somit kaum noch bezahlen.

Das mag sich ändern, wenn es mit dem kontaktlosen Zahlen vorangeht. Dann wäre es denkbar, standardmäßig nur noch virtuelle Karten kostenfrei auszugeben und für die physische Karte ein Entgelt zu berechnen, das die Kosten für Kartenherstellung, -personalisierung und -versand abdeckt. Doch das ist einstweilen nur Zukunftsmusik. Das aber bedeutet: All jene Anbieter, die ihr Girokonto als kostenlos bewerben, dabei aber ein Entgelt für die Girocard berechnen, tun vermutlich gut daran, ihre Marketingbotschaften zu überdenken. Denn es ist sicher nicht davon auszugehen, dass die Wettbewerbshüter das Thema so schnell wieder aus dem Blick verlieren. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X