Instant Payments

Echtzeitzahlungen für den europäischen Markt

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Schon bevor der Euro Payments Board im Dezember 2014 den Begriff Instant Payments definierte und einen Bedarf daran für den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt äußerte, hat sich EBA Clearing mit dem Thema befasst. Mittlerweile sind die Arbeiten in enger Abstimmung mit 39 künftigen Nutzerbanken gut vorangekommen. Für das zweite Quartal dieses Jahres sind bankenseitig erste Tests vorgesehen. Ab November 2017, wenn das EPC-Regelwerk in Kraft tritt, soll der Service dann live gehen. Red.

EBA Clearing ist ein Infrastrukturanbieter im Interbankenbereich. Das Unternehmen wurde 1998 von 53 europäischen Banken gegründet, um pünktlich zur Euro-Einführung das Großbetragszahlungssystem Euro 1, die privatwirtschaftliche Alternative zu Target 2, in Betrieb zu nehmen. Seit 2003 betreibt EBA Clearing zudem ein paneuropäisches Massenzahlungssystem namens Step2, das derzeit im Durchschnitt zirka 40 Millionen Sepa-Überweisungen und -Lastschriften pro Tag abwickelt, darunter auch viele Transaktionen zwischen deutschen Banken.

Seit 2014 unterstützt die Plattform auch die Abwicklung von Zahlungen, die durch Kartentransaktionen angestoßen werden. In diesem Kontext wird für den deutschen Markt ein dezidierter Service angeboten, der auf Girocard-Transaktionen beruhende Zahlungen verarbeitet. Derzeit werden mit diesem Step2 Card Clearing Service pro Tag über sechs Millionen Transaktionen für den deutschen Markt abgewickelt.

Zurzeit ist die Entwicklung einer paneuropäischen Lösung für Zahlungen in Echtzeit, sogenannten "Instant Payments", in Arbeit - und dieses Thema wird im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen.

Mitte 2014 fing EBA Clearing damit an, mithilfe von interessierten Nutzerbanken eine Studie zu den Anforderungen einer Lösung für Echtzeitzahlungen durchzuführen.

Erklärung des Euro Retail Payments Board gab den Startschuss

Gegen Ende des Jahres 2014 rückte das Thema dann europaweit in den Vordergrund: Das Euro Retail Payments Board (ERPB) veröffentlichte im Dezember 2014 eine Erklärung, in der die Gremiumsteilnehmer den Begriff "Instant Payments" definierten und sich zum Bedarf an Echtzeitlösungen für den europäischen Zahlungsverkehr äußerten*. Laut dieser Definition sind Instant-Payments-Zahlungen, die in Echtzeit oder Fast-Echtzeit zwischen Zahler und Zahlungsempfänger abgewickelt werden, das heißt der Empfänger sollte sofort oder äußerst zeitnah über den gutgeschriebenen Betrag weiterverfügen können. Die Übermittlung von Echtzeitzahlungen soll - und das ist anders als bei Standardüberweisungen - darüber hinaus grundsätzlich 365 Tage im Jahr, sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag stattfinden können.

Das ERPB formulierte die Forderung, dass es mindestens eine paneuropäische Instant-Payments-Lösung für Zahlungen in Euro geben müsse, die jedem Zahlungsdienstleister in der Union offen stehen sollte. Die ERPB-Erklärung bildete den Startschuss für eine Reihe von Aktivitäten auf Ebene des European Payments Council (EPC). Gleichzeitig beschleunigte der darin enthaltene Aufruf an die Anbieterseite, sich mit diesem Thema zu befassen, auch die europaweite Aktivierung von Banken zum Thema Instant Payments.

Die EBA Clearing Company intensivierte daraufhin ihre Arbeit an dem Thema erheblich und setzte eine Taskforce auf, in der 21 Bankenvertreter aus ganz Europa mitarbeiteten. Im Juni 2015 endete diese erste Arbeitsphase mit der Veröffentlichung einer Blaupause und einer Roadmap zur Implementierung einer Instant Payments-Infrastrukturlösung. Dieser Entwurf wurde allen Nutzerbanken und weiteren Interessengruppen für Kommentare zur Verfügung gestellt und auf der Unternehmens-Website veröffentlicht. Die überarbeitete Version erschien im Oktober 2015.

Diese Blaupause war die Grundlage für einen Ausschreibungsprozess, der Ende 2015 angestoßen wurde, mit dem Ziel, einen technischen Anbieter für die Entwicklung der Lösung zu finden. Den Zuschlag bekam SIA, einer der langjährigen Technologiepartner der EBA Clearing. Das Unternehmen ist in Mailand ansässig und in Deutschland hauptsächlich für seine Netzwerklösung - SIANet - bekannt, die als Alternative zu SwiftNet unter anderem von T2S unterstützt wird.

Das Angebot von SIA basierte auf einem skalierbaren Ansatz und bereits existierenden Grundbausteinen, die bei den bestehenden Zahlungsverkehrssystemen der EBA Clearing im Einsatz sind - diese Voraussetzungen ermöglichen eine hocheffiziente Umsetzung.

Interessenten aus 15 Ländern

Hierauf aufbauend wurde den Nutzerbanken ein Angebot zur Entwicklung und Finanzierung der Infrastruktur unterbreitet. Dieses Angebot wurde von 39 Banken angenommen. Diese zukünftigen Erstnutzer der Infrastruktur decken große Teile des Sepa-Raums ab, da sie in 15 verschiedenen Ländern aktiv sind und da rüber hinaus auch Tochterbanken aus weiteren Ländern einbringen möchten.

Die Investorenbanken vertreten dabei auch unterschiedliche Sparten und Geschäftsfelder. So finden sich unter ihnen Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen, und zwar sowohl alteingesessene Banken als auch Newcomer, die gerade erst die Bankenlizenz erworben haben. Darunter befinden sich wiederum Banken, die stark im Retailgeschäft engagiert sind, aber auch Banken mit einem Hauptaugenmerk auf Firmenkunden.

Genauso unterschiedlich wie die Banken sind auch ihre Gründe, sich in die Entwicklung der Lösung einzubringen. Einige der genannten Gründe sind

- Mitbestimmungsrechte beim Design,

- eine Vorreiterrolle einnehmen zu wollen,

- eine Lösung sowohl für den Inlandszahlungsverkehr als auch für den Auslandszahlungsverkehr zur Verfügung zu haben,

- Fokus auf den Person-to-Person (P2P)-Bereich,

- Fokus auf den Business-to-Business (B2B)-Bereich.

Paneuropäisch konzipierte Plattform

Das EBA-Clearing-Projekt zur Entwicklung einer Plattform, die Zahlungen in Echtzeit verarbeitet, zeichnet sich durch folgende besondere Merkmale aus:

- Das Unternehmen entwickelt die einzige paneuropäisch konzipierte Plattform.

- Die neue Plattform wird explizit über Arbeitsgruppen von den Investorenbanken mitgestaltet; auch in alle Vorarbeiten waren potenzielle Nutzerbanken mit eingebunden.

- Die Governance des Unternehmens und seiner Lösungen ist nutzergesteuert und länderneutral.

- Das Unternehmen hat bereits mehrfach ähnliche Projekte innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens und Budgets abgeschlossen.

- Die Nutzung der neuen Plattform sollte günstig werden dank der Skaleneffekte, die durch die angestrebte paneuropäische Erreichbarkeit und Nutzung gehoben werden können.

- Die Plattform wird skalierbar sein - sobald steigende Volumina es rechtfertigen, wird sie kapazitätstechnisch weiter ausgebaut.

- Da die Verarbeitung von Echtzeitzahlungen per Definition nicht liquiditätssparend ist, sollen den Teilnehmern Mittel zur Liquiditätssteuerung zur Verfügung gestellt werden.

- Der neue Service erfüllt die Anforderungen des vom European Payments Council (EPC) entwickelten "SCT Inst"-Regelwerks.

- Die Plattform bietet ein flexibles Design, sodass zukünftige Marktanforderungen ohne großen Aufwand integriert werden können.

Erste Tests ab dem zweiten Quartal 2017

Ende Dezember 2016 befand sich das Projekt weiterhin im Zeitplan. Eine erste Fassung der Spezifikationen wurde im Juli 2016 veröffentlicht, um allen Zahlungsdienstleistern (Payment Service Providers - PSPs), die mit Instant Payments zum Start des EPC Scheme im November 2017 live gehen wollen, einen rechtzeitigen Start ihrer Implementierungsprojekte zu ermöglichen.

Die Entwicklung der Plattform und der juristischen Rahmenbedingungen aufseiten der EBA Clearing sind ebenfalls im Zeitplan. Die ersten Tests der neuen Infrastruktur sind bankenseitig ab dem zweiten Quartal 2017 vorgesehen. Nach Veröffentlichung der verabschiedeten Fassung des EPC-Regelwerks wurde den zukünftigen Nutzern eine angepasste Version der Service-Dokumentation zur Verfügung gestellt.

Teilnahmemöglichkeiten für Payment Service Provider

Um eine größtmögliche Erreichbarkeit aller Banken, die Instant Payments in Europa anbieten wollen, sicherzustellen, wird der Service eine große Bandbreite an Teilnahme- und Zugangsmöglichkeiten unterstützen:

- Ein PSP kann sich als Teilnehmer anschließen und seine Transaktionen selbst abwickeln oder einen anderen Teilnehmer beziehungsweise technischen Dienstleister für den Austausch seiner Transaktionen nutzen.

- Auch für das Settlement seiner Echtzeitzahlungen kann ein PSP einen anderen Teilnehmer beziehungsweise Liquiditätsdienstleister nutzen, falls er seine Position im Instant-Payments-System nicht selbst verwalten will.

- Zudem kann jeder PSP im Sepa-Raum von der paneuropäischen Erreichbarkeit profitieren, ohne selbst an dem System teilzunehmen, indem er sich von einem intermediären Teilnehmer als adressierbaren PSP registrieren lässt.

Anforderungen an Netzwerkanbieter

Die Teilnehmer am Instant-Payment-Service werden sich für den Austausch von Zahlungsnachrichten über verschiedene Netzwerkoptionen an das System anbinden können, da das System netzwerkneutral sein wird und somit potenziell alle im Markt erhältlichen Netzwerklösungen für den Austausch von Echtzeitzahlungen unterstützen wird.

Netzwerkanbieter müssen die folgenden Anforderungen erfüllen, um in die engere Auswahl zu kommen, da die Sicherheitsanforderungen für Echtzeitzahlungen deutlich höher sind als ohnehin schon im Zahlungsverkehr üblich:

- 24-Stunden-Verfügbarkeit an sieben Tagen die Woche,

- asynchrone Nachrichtenverarbeitung,

- Authentifizierung,

- Zeitsynchronisation,

- < 150 Nachrichten Ende-zu-Ende,

- Encryption NIST 800-57,

- Nachweisbarkeit sowie

- Überwachung der Verfügbarkeit.

Die konstante Überprüfung der Verfügbarkeit der Teilnehmer durch das Netzwerk ist eine fundamentale Funktionalität, damit Zahlungen bei Nichtverfügbarkeit sofort abgewiesen werden können und es nicht zu einem Zeitverlust kommt. Die Teilnehmer werden die Möglichkeit haben, zwei Netzwerke parallel zu konfigurieren und zu nutzen, sodass sie bei einem Netzwerkausfall das noch funktionierende Netzwerk nutzen können.

Weniger als 1,5 Sekunden je Abwicklungsschritt

Das "SCT Inst"-Regelwerk des EPC sieht insgesamt maximal 20 Sekunden für die Ausführung der Zahlung, der Bereitstellung des Betrags an den Begünstigten und eine Bestätigung an den Zahlenden vor. Das System ist so aufgesetzt, dass alle Schritte, die zwischen den beteiligten Zahlungsdienstleistern stattfinden, in weniger als 1,5 Sekunden ausgeführt werden.

Das ambitionierte Zeitlimit von 1,5 Sekunden wurde von den Pilotbanken unterstützt, da dies jeder Bank ermöglicht, im Einklang mit dem EPC-Regelwerk zu sein, und gleichzeitig eine verkürzte Zeitschiene für bestimmte Märkte erlaubt.

Standardabläufe und Ausnahmen beim Nachrichtenaustausch

Vereinfacht ausgedrückt, stellt jedes Zahlungssystem einen (meist zentralen) Knotenpunkt für den Austausch von Nachrichten über Zahlungstransaktionen dar. Die Regeln und Abläufe rund um diese Nachrichten bilden daher die zentrale Basis für das System und deren Einhaltung ist für sein reibungsloses Funktionieren unabdingbar.

Für den zukünftigen Instants-Payments-Service der EBA Clearing wurden diese Regeln und Abläufe auf Basis der Anforderungen des EPC "SCT Inst"-Regelwerks ausgestaltet.

Im Detail sieht der Nachrichtenaustausch für das neue System folgendermaßen aus: Wenn ein Teilnehmer eine Nachricht an das System schickt, wird das Netzwerk bei erfolgreicher Anlieferung eine Eingangsbestätigung erstellen, die vom Instant-Payments-Service validiert und aufbewahrt wird. Die validierte Nachricht wird an den empfangenden Teilnehmer weitergeleitet. Auch bei diesem Schritt wird eine Eingangsbestätigung erstellt und aufbewahrt. Wenn der empfangende Teilnehmer auf die Nachricht antwortet, wird der Prozess in die Gegenrichtung wiederholt.

Jede Nachricht, die an das System gesendet wird, aber nicht verarbeitet werden kann, wird mit einer negativen Bestätigungsnachricht oder einer technischen "Reject Message" beantwortet.

Die Herausforderung in Sachen Regeln für den Nachrichtenaustausch besteht darin, wie mit Prozessen umgegangen werden soll, die den Umgang mit Ausnahmen abbilden ("Exception Handling"). Eine erste Frage, die sich dabei stellte war, ob alle diese Ausnahmesituationen in Echtzeit abgewickelt werden müssen. Die Projekt arbeitsgruppe, in der die 39 Investorenbanken vertreten sind, befürwortete die Echtzeitabwicklung, da nur so sichergestellt werden könnte, dass bei Betrugsverdachtsfällen schnell reagiert und eine Zahlungsanweisung in Echtzeit zurückgerufen werden kann ("Recall").

Die Verrechnung der Zahlungen wird in Target 2 stattfinden, wo jeder Teilnehmer seine Position vorfinanzieren muss, damit die Zahlung auch ausgeführt wird. Somit wird dem Kreditrisiko entgegengesteuert.

Steuerungs- und Kontrollinstrumente für die Nutzer

Den teilnehmenden PSPs werden unter anderem web-basierte "Plug-and-Play" Nutzerschnittstellen ("User Interfaces") zur Verfügung gestellt werden, die Statusinformationsfunktionalitäten und Liquiditätssteuerungsinstrumente umfassen sowie den Abruf von Kontrollberichten ermöglichen, damit jeder Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt den Status einer Zahlung einsehen kann oder seine Liquiditätsposition überprüfen beziehungsweise anpassen kann.

Diese Lösung könnte insbesondere für kleinere Zahlungsdienstleister sowie "Schnellstarter", die mit einer einfachen Lösung live gehen und erst zu einem späteren Zeitpunkt auf eine vollintegrierte Lösung migrieren wollen, sehr attraktiv sein.

Die verschiedenen Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen wie Settlement, Teststrategie oder eventuelle Zusatzfunktionalitäten für geschlossene Nutzergruppen tagen weiterhin und arbeiten die noch offenen Punkte ab. Parallel hierzu wird die technische Plattform entwickelt, die ab dem ersten Quartal 2017 für interne Tests zur Verfügung stehen wird. Pilotteilnehmer können den Service ab dem zweiten Quartal 2017 testen, sodass einer Inbetriebnahme des Services zum Stichtag im November 2017, an dem das EPC-Regelwerk in Kraft tritt, nichts mehr im Wege stehen dürfte.

Fußnote

* "Statement following the second meeting of the Euro Retail Payments Board held on 1 December 2014" (ERPB/2014/018): http://www.ecb.europa.eu/paym/retpaym/shared/pdf/eprb_statement_2.pdf??b6cf304bff7465b0b3255d3de1d42c72

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag der Autorin auf dem Bankkarten-Forum 2016

Zur Autorin

Katja Heyder, Head of Marketing & User Relations, EBA CLEARING, Frankfurt am Main

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