Mobile Payment: Wettbewerb mit Kooperationen

sb - Im Sommer 2015 ist in Sachen Mobile Payment einiges in Bewegung. Am 28. Juli hat Visa das Investment in den Bezahldienst Stripe bekanntgegeben, bei dem schon American Express mit im Boot ist. Am 30. Juli folgte Mastercard mit der Ankündigung einer Ausweitung der globalen Partnerschaft mit Samsung Electronics.

Wettbewerb um Positionierung in vollem Gange

Durch die Zusammenarbeit mit Stripe will Visa eine globale Zahlungslösung für neue E-Commerce-Erlebnisse und neue Innovationen ermöglichen. So soll es beispielsweise einen "Kaufen"-Button nach Art von Paypal geben. Stripe wird außerdem einer der ersten Beta-Partner sein, der sich über APIs und SDKs mit den Netzwerkfähigkeiten von Visa verbindet und so ihren Entwicklern einen Gemeinschaftszugang zu Zahlungs- und Risikomanagementdiensten, dem Tokenisierungsdienst von Visa und Sicherheitstechnologien bietet. Bei der Partnerschaft von Mastercard mit Samsung geht es darum, Samsung Pay in Europa zu etablieren, nachdem der Bezahldienst in diesem Sommer noch in den USA und Südkorea starten soll.

Beide Ankündigungen zeigen einmal mehr, dass der Wettbewerb um die künftige Positionierung im Zahlungsverkehr in vollem Gang ist. Die Kartengesellschaften bringen sich mit einem möglichst breiten Ansatz in Stellung, damit sie und ihre Kunden aus der Kreditwirtschaft nicht aus dem Geschäftsfeld Zahlungsverkehr verdrängt werden. Dabei behalten sie zu Recht die Technologiegiganten ebenso im Blick wie Start-ups.

Samsung Pay soll nach Europa kommen

Gerade auf die Zusammenarbeit von Mastercard mit Samsung dürften deutsche Emittenten ihr besonderes Augenmerk richten. Der vermeintliche Vorteil von Samsung Pay, auch mit Terminals kommunizieren zu können, die nicht EMV-fähig sind, ist in Europa zwar nicht relevant. Hierzulande dürften jedoch eher die Marktanteile bei den mobilen Endgeräten entscheidend sein.

Dass Smartphones und Tablets von Samsung in Deutschland wesentlich verbreiteter sind als Apple, dürfte den Emittenten dabei durchaus gelegen kommen. Schließlich sind die Konditionen von Apple Pay angesichts der regulierten Interchange-Sätze aus Bankensicht nicht wirklich attraktiv. Die Koreaner hingegen greifen den kartenausgebenden Instituten an dieser Stelle (noch?) nicht in die Tasche.

Apple Pay: Schwachstelle Call-Center

Europäische und vor allem deutsche Emittenten haben bei all diesen Entwicklungen den Vorteil, zunächst einmal den Gang der Dinge in anderen Märkten beobachten und daraus ihre Lehren ziehen zu können, wenngleich selbstverständlich nicht alle Erfahrungen aus dem Ausland auf Deutschland übertragen werden können. In Sachen Mobile Payment kann die im internationalen Vergleich zögerliche Umsetzung von Innovationen somit von Vorteil sein.

Beispiel Apple Pay: Hier wird aus den USA trotz der Token-Technologie von hohen Fraud-Verlusten berichtet. Sie entstehen nicht beim eigentlichen Zahlungsvorgang, bei dem die Token-Technologie greift, sondern bereits beim Zugang zum System:

Hacker nutzen gestohlene persönliche Daten von Karteninhabern dazu, bei den Banken anzurufen, um deren Kreditkarten in ihren i-Phones zu hinterlegen. Die Schwachstelle, mit der sich nun in Europa zunächst die britischen Kreditinstitute auseinandersetzen müssen, ist somit die Herausforderung, im Call-Center zu verifizieren, ob derjenige, der eine Karte in der virtuellen Brieftasche hinterlegen will, auch wirklich der Karteninhaber ist. Bis die neuen Zahlungsdienste dann irgendwann auch nach Deutschland schwappen, wird der Markt vermutlich auf solche Probleme bereits erste Antworten gefunden haben.

Hierzulande geht es erst einmal darum, die eigenen Wallet-Lösungen von Mastercard und Visa Händlern und Karteninhabern zugänglich zu machen. Visa meldete dazu Anfang August die Zusammenarbeit mit Wirecard, in deren Rahmen der Acquirer ab dem Herbst dieses Jahres Händlern V.me als Bezahloption anbieten wird. Voraussichtlich Ende 2015 sollen die ersten deutschen Verbraucher die digitale Wallet nutzen können. Auf Mastercard-Seite hat zum 1. Juli die Sparda-Bank Baden-Württemberg als erste Bank in Deutschland Masterpass eingeführt. Im internationalen Vergleich geht das alles trotz allem vielleicht ein wenig zu langsam voran. Der Handlungsdruck ist zwar überschaubar, weil Kunden bislang nicht nach den neuen Verfahren verlangen. Das Zeitfenster, um solche Innovationen beim Kunden zu etablieren, ist jedoch nicht unbegrenzt.

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