Ausland

"Es besteht die Chance, einen europäischen Service zu installieren" Interview mit Christina Astore

Christina Astore, Head of SIA Region Northwest Europe, SIA Group, Mailand

Mit 23 beteiligten Kreditinstituten ist Jiffy das bislang größte P2P-Bezahlverfahren in Europa. Ohne nennenswertes Marketing konnten in Italien bereits 400 000 Nutzer überzeugt werden. In Deutschland ist der Markteintritt bislang nicht geglückt. Noch bestehe jedoch die Chance, einen einheitlichen europäischen Standard anstelle vieler inkompatibler nationaler Angebote zu realisieren, meint Christina Astore. Dies umso mehr, als Jiffy mit dem Ausbau zum Einsatz am stationären PoS, für den aktuell ein Pilotprojekt in Mailand und Bergamo läuft, zu einer echten Instant-Payments-Plattform werden soll. Red.

In Italien haben sich jetzt rund 400 000 Kunden für Jiffy registriert. Entspricht das den Erwartungen? Oder geht es langsamer voran als prognostiziert? Angesichts der Vielzahl der mittlerweile beteiligten Banken scheint die Zahl ja nicht so übergroß ...

In Italien ist Jiffy bereits ein großer Erfolg. Insbesondere wenn man die Anzahl der Bankengruppen berücksichtigt, die den von SIA entwickelten Service bislang implementiert haben: Insgesamt haben sich 23 Banken für Jiffy entschieden - bei 15 davon ist Jiffy bereits aktiv. Gemeinsam repräsentieren diese Bankengruppen mehr als 80 Prozent der italienischen Girokonten. Wenn man berücksichtigt, dass die Banken bisher noch keinerlei aktive Werbung für den P2P-Echtzeit-Zahlungsservice via Handy geschaltet haben, steigt die Zahl der registrierten Nutzer rasant an. Für die Zukunft erwarten wir deshalb eine signifikante Zunahme der Kundenzahlen, insbesondere da die Banken verschiedene Initiativen vorbereiten, um Jiffy aktiv zu promoten. Zu den Initiativen gehört beispielsweise ein Wettbewerb unter den Nutzern. Einige Banken planen künftig, Jiffy automatisch für ihre Kunden zu aktivieren, ohne dass diese sich separat anmelden müssen.

Was für Kunden nutzen Jiffy derzeit? Sind das nur die jungen, technikaffinen? Und wie sieht es mit dem Nutzerverhalten aus? Welcher Anteil der registrierten Nutzer nutzt Jiffy tatsächlich?

Jiffy-Nutzer sind volljährige Bankkunden, die ein Girokonto oder eine Prepaid-Karte mit einer IBAN haben. Die Kunden sind mit der Nutzung digitaler Services vertraut, wie beispielsweise einer mobilen Banking App. Zusätzlich zu dem Personto-Person-Service (P2P), bei dem sich die Teilnehmer untereinander in Echtzeit Geld senden können, wird Jiffy im Rahmen eines Pilotprojekts mit einer begrenzten Anzahl an Kunden zum Person-to-Business (P2B) Service, das heißt für Zahlungen im Einzelhandel. Daher ist der Großteil der Transaktionen noch dem klassischen P2P, also dem Geld senden unter den Teilnehmern, zuzurechnen: Der durchschnittliche Betrag einer individuellen Zahlung beträgt 53 Euro. Zahlungen unter 25 Euro machen insgesamt 42 Prozent der gesamten Zahlungen aus. Wenn der P2B-Service aus der Pilotphase ist und entsprechend implementiert wird, erwarten wir eine signifikante Steigerung der Transaktionen auch in diesem Bereich.

Wie viele Händler sind bei dem Pilotprojekt für den Einsatz am stationären PoS dabei? Sind das eher große oder kleinere Händler?

Die Pilotphase des P2B hat in den Städten Mailand und Bergamo begonnen und umfasst ungefähr 30 kleine Händler, die durch die UBI Banca autorisiert wurden. Große Einzelhändler und E-Commerce werden in einer zweiten Phase miteinbezogen.

Wofür wird am PoS ein solches Bezahlverfahren gebraucht? In welche Lücke soll Jiffy da vorstoßen? Geht es eher darum, ein Kunden- oder ein Händlerbedürfnis zu erfüllen?

Sowohl für die Nutzer, die Händler als auch für die Banken bringt die Adaption eines P2B-Services viele Vorteile: Von der Kundenbindung bis hin zur Reduzierung potenzieller Irritationsquellen beim Checkout, insbesondere im E-Commerce, über die Verfügbarkeit des Geldes in Echtzeit für die Händler, bis hin zu einer effektiveren Consumer Experience während des Einkaufens und nicht zuletzt einer niedrigeren Servicegebühr für Händler. Darüber hinaus ermöglicht die Verfügbarkeit verschiedener Möglichkeiten, das jeweilige Kundenkonto zu identifizieren (etwa anhand von Telefonnummer, E-Mail oder Kundenkarte), die Innovation im Zahlungsverkehr voranzutreiben.

Wie ist das Projekt bisher angelaufen? Sind die ersten Transaktionszahlen ermutigend?

Das Hauptziel der aktuellen Pilotphase ist die Optimierung der Customer Experience, also der Nutzererfahrung. In diesem Stadium und hinsichtlich des erwähnten Ziels ist die Zahl der Transaktionen nicht relevant.

Im November 2015 ist Jiffy in Deutschland auf der Euro Finance Week vorgestellt worden. Wie ist bisher die Resonanz deutscher Kreditinstitute? Gibt es bereits konkrete Pläne, Jiffy auch hierzulande anzubieten? Wenn nein: Woran liegt das?

Wir haben eine Menge positives Feedback erhalten und viele deutsche Banken schätzen den P2P-Service, der aktuell der führende Echtzeit-Geldtransfer-Service im Euroraum ist und mit der größten Anzahl teilnehmender Banken aufwarten kann. Gerne würden wir die Erfolgsgeschichte in Deutschland - dessen Struktur im Bankensektor ähnlich der von Italien ist - wiederholen.

Wir wissen, dass zwei große deutsche Banken ihren eigenen P2P-Service auf den Markt bringen. Viele deutsche Banken haben jedoch immer noch die Möglichkeit, von Jiffy und dessen Entwicklungen zu profitieren, denn die Erfahrungen und Hinweise aus einem großen Markt wie dem italienischen sind hier bereits eingeflossen, etwa Regulierungs- und Datenschutz-Aspekte oder auch Verbesserungen der Customer Experience. Es besteht noch immer die Chance, einen einheitlichen europäischen Service, anstelle eines fragmentierten Marktes mit vielen einzelnen untereinander nicht kompatiblen, inländischen Angeboten, zu etablieren.

Wo sehen Sie Jiffy in fünf Jahren? Was sind die nächsten Schritte auf Ihrer Agenda?

Jiffy wächst hinsichtlich der Nutzerzahlen und neuen Funktionen. Abgesehen von der Entwicklung der P2B-Zahlung - die einige konkrete Szenarien wie den E-Commerce und große Händler unterstützt - soll ein wichtiger Bestandteil die Inte gration einer neuen Instant-Payments-Plattform werden. SIA wurde von EBA Clearing ausgewählt, bis Ende 2017 eine europaweite Echtzeit-Infrastrukturlösung zu entwickeln um den SCT zu verarbeiten. Jiffy, das bereits die Standards des European Retail Payment Boards erfüllt, soll einer der ersten Mehrwertdienste werden, die auf dem neuen System zur Verfügung stehen. Deutsche Finanzinstitute, die bereits EBA Clearing für Sepa-Zahlungen nutzen, können von dieser Weiterentwicklung profitieren.

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