Bargeld

Cash Back per Karte - die neue Normalität? Philipp Otto und Stefan Schneider im Gespräch mit Paul Monzel und Lars Witteck

Quelle: Girocard

In dem Maße, wie der Abbau von Bankfilialen und damit von Geldautomaten voranschreitet, gewinnt die Bargeldversorgung an der Ladenkasse an Bedeutung. Bei Rewe ist mittlerweile jede fünfte Girocard-Transaktion mit Cash Back verbunden. Sowohl Paul Monzel als auch Lars Witteck sehen dies als Service ihrerseits an: Aus Sicht von Rewe ist es ein Service des Handels, weil dieser dafür ein Entgelt zahlen muss, aus Banksicht ist es ein Bankservice, weil Cash Back nur auf Basis der von der Bank ausgegebenen Karte möglich ist. Von TA 7.2 und dem künftig separaten Ausweis von Bargeld- und Einkaufsbetrag erwarten dennoch beide Seiten neue Gespräche über die Gebühren. Red.

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Wie fühlt sich ein Primärbanker beim Thema Cash Back?

Lars Witteck: Das Geldautomatennetz der genossenschaftlichen Finanzgruppe ist mit mehr als 19000 Geldautomaten das zweitgrößte in Deutschland - aber es wird künftig eher kleiner. Das liegt vor allem daran, dass die Bundesbank sich aus der Fläche zurückzieht. Damit wird das Bargeldmanagement für die Banken teurer. Doch mit jeder Automatenschließung bekommen wir Unterschriftenlisten vom jeweiligen Ortsvorsteher, obwohl nur die defizitärsten Standorte abgebaut werden. Und mit jedem Geldautomaten, den wir schließen, haben wir einen Touchpoint weniger.

Deshalb freuen wir uns über die Zusammenarbeit mit dem Handel, wollen das auch gerne ausweiten und sind sehr froh, dass Cash Back jetzt auch für kleinere Händler kommt. So generieren wir neue Kontaktpunkte. Wir freuen uns auch über Start-ups wie Barzahlen.de, die neue, innovative Wege im Zahlungsverkehr eröffnen.

Die Filiale ist für viele Kunden nicht mehr zwingender Anlaufpunkt. Deshalb gilt es, Leistungen dort anzubieten, wo die Menschen ihren täglichen Bedarf decken.

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Geht damit aber nicht auch ein Stück Kundenbindung verloren?

Lars Witteck: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir müssen darauf achten, für unsere Kunden weiter gut sichtbar zu bleiben, auch in alternativen Vertriebswegen. Deshalb müssen wir den Kunden verdeutlichen, dass es sich in erster Linie um einen Service der Bank und nicht um den des Händlers handelt. Das funktioniert auch dann, wenn die Karte digitalisiert wird.

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Am Geldautomaten steht aber der Name der Bank. Bei Rewe und auch beim neuen Cash-Back-Logo nicht ...

Lars Witteck: Das ist im Grunde genommen korrekt. Doch wenn der Kunde bei einer anderen Genossenschaftsbank am Automaten verfügt, sieht er ja auch nicht unseren Namen. Dennoch weiß er, bei welcher Volksbank er sein Konto führt und welche Möglichkeiten ihm unser Service eröffnet. Am Ende geht es darum, wie dieses Angebot vermarktet und dem Kunden kommuniziert wird.

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Merken Sie in den städtischen Regionen auch, dass die Automatennutzung zurückgeht?

Lars Witteck: Nein, das merken wir nicht. In Ballungszentren, das sind bei uns vor allem die Universitäts- und Kreisstädte, geht die Nutzung nicht zurück. Die Kunden lieben nach wie vor das Bargeld. Wir orientieren uns in unserem Angebot an dem, was der Kunde nachfragt, respektieren diese Vorlieben und maßen uns nicht an, zwangsweise umerziehen zu wollen.

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Herr Monzel, haben Sie einmal analysieren lassen, wo Cash Back am meisten genutzt wird? Ist das in der Peripherie?

Paul Monzel: Eine standortbezogene Untersuchung haben wir nicht vornehmen lassen. Aus eigener Anschauung kann ich jedoch sagen, dass Cash Back in den Ballungszentren mehr nachgefragt wird, vielleicht auch deswegen, weil man dort häufiger einkauft.

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Bei Rewe ist Cash Back seit 2003 möglich. Wie hat sich die Nutzung entwickelt? Seit wann ist es ein Geschäftsfeld, das Spaß macht?

Paul Monzel: Cash Back ist ein Service für unsere Kunden, für den wir Gebühren zahlen. Der Warenkorb und der Bargeldanteil werden komplett bepreist. Das war bei 0,3 Prozent ein sehr ordentlicher Betrag. Inzwischen ist jede fünfte Zahlung mit der Girocard mit Cash Back verbunden.

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Gibt es im Gegenzug nicht auch eine Ersparnis bei der Bargeldbehandlung?

Paul Monzel: Heftiger Widerspruch. Die Kartenzahlungen sind günstiger geworden und die Bargeldlogistikkosten sind gestiegen. Die Kosten für die Bargeldlogistik lassen sich durch Cash Back jedoch nicht reduzieren. Das liegt an der Versorgung der Märkte mit Münzen. Das sind bei einigen Märkten bis zu 150 kg pro Woche. Dafür ist die Logistik der Wertdienstleister nicht ausgelegt. Deshalb müssen sie weiterhin mehrmals pro Woche kommen. Natürlich könnte man darüber nachdenken, bargeldlose Zahlungen zu incentivieren. Aber dafür ist der Handel mit seinen geringen Margen sicher nicht der richtige Ansprechpartner.

Lars Witteck: Der Handel entwickelt sich ja auch weiter. Es wird immer mehr online bestellt, auch Lebensmittel. Eine Gebühr für die Lieferung erscheint nicht durchsetzbar. Da ist es doch gut, dass Banken und Handel durch Cash Back für die Kunden gemeinsam die Frequenz in den stationären Läden hoch halten!

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Was sind die tragenden Motive, Cash Back anzubieten?

Paul Monzel: Kundenbindung und Service. Daran hat sich auch nichts geändert. Selbst wenn wir es nicht mehr wollten, können wir den Service nicht mehr abschaffen. Der Kunde kommt deshalb vielleicht nicht häufiger in den Laden, aber er lässt sich an den Laden binden.

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Noch einmal zum Thema Kosten. Künftig wird der Cash Back-Betrag separat ausgewiesen. Ist das ein Ansatz, über Gebühren zu reden? Und müsste Ihnen Barzahlen.de nicht viel lieber sein? Dafür erhält der Handel schließlich eine Vergütung.

Paul Monzel: Diese Änderung mit der TA 7.2 sehne ich schon herbei. Heute wissen wir zwar, wie viel Bargeld in den Warenkorb gelegt wurde, aber wir sehen nicht, mit welchem Konzentrator wir verhandeln müssen. Wenn man dann hört, dass Geldautomaten abgebaut werden, wird der Bedarf sicher steigen, alternative Angebote anzunehmen. Und dann wird der Service des Handels für die Kunden auch ein Stück weit Dienstleistung für die Kreditwirtschaft.

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Herr Witteck, ab wann kann man mit Ihnen über Gebühren sprechen?

Lars Witteck: Ich kann selbstverständlich nicht für den Konzentrator DZ Bank sprechen. Dennoch war es natürlich von Anfang an klar, dass TA 7.2 diese Gespräche mit sich bringen würde. Die Genossenschaftsorganisation würde dann aber auch gerne mit der BaFin über die 200-Euro-Obergrenze sprechen.

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Wie ist das mit Sicherheitsfragen hinsichtlich der Verbreitung von Falschgeld?

Lars Witteck: Die Card Process GmbH hat als erster Anbieter die Möglichkeit eröffnet, kleinere Händler in ihr Netz einzubinden, die dann möglicherweise auch die Sollgrenze von 20 Euro unterschreiten. Für die gibt es auch andere Preismodelle. Dort steigt naturgemäß auch das Risiko, weil keine Muster für die Erkennung von Falschgeld vorhanden sind. Das wird nicht ohne Mehraufwand gehen. Wie hier eine Lösungsmöglichkeit für kleinere Händler aussehen kann, kann ich derzeit aber noch nicht absehen. Das wird man abhängig vom Grad der Verbreitung diskutieren müssen.

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Bei allen anstehenden Verhandlungen über die Gebührenmodelle bleibt es für beide Seiten ein wachsendes "Geschäft": Für die Issuer ist es ein Transaktionstreiber: Wird das so gesehen?

Lars Witteck: Durchaus. Unser Interesse muss es sein, sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch den Umsatz steigen zu lassen. Wir hoffen einfach, den Vorgang des Bezahlens für den Kunden so einfach wie möglich zu gestalten, ihn so in den Kaufvorgang zu integrieren, dass er gar nicht als abgetrennter, aufwendiger Schritt empfunden wird. Deshalb freuen wir uns auch auf das mobile Bezahlen per Girocard Mobile.

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Wie wollen Sie erreichen, dass Cash Back als Service der Bank wahrgenommen wird?

Lars Witteck: No Money no cash! Das Girokonto bei der Bank ist nach wie vor zwingende Voraussetzung, auch für diesen Service. Es geht darum, ein Bewusstsein beim Kunden zu entwickeln, dass Cash Back nur über die VR-Bankcard, physisch oder virtuell, verfügbar ist. Die Banken nehmen dem Handel die gesamte Authentifikation ab. Das heißt die technische Infrastruktur ist letztlich von Banken geschaffen, das Risiko liegt zum größten Teil ebenfalls aufseiten der Banken. Die Botschaft muss sein: Ob klassisch am Geldautomaten oder an der Kasse des Händlern, unsere Kunden erhalten ihr Bargeld dort, wo sich ihr Leben abspielt. Damit gewährleisten wir im gesamten Gebiet die Bargeldversorgung.

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Wir starr ist die 20-Euro-Grenze, wenn es um kleinere Händler geht?

Lars Witteck: 200 Euro Bargeldaus zahlung beim Kauf eines Kaugummis wären sicher unverhältnismäßig. Deshalb gilt es, Modelle zu entwickeln, damit die Bargeldauszahlung für die kleineren Händler nicht zum Kostentreiber wird. Dabei muss jedoch auch dem Gedanken Rechnung getragen werden, dass der Händler durch den Service mehr Visibilität erhält, Umsatz generiert und an einer Infrastruktur partizipiert, die bereits aufgebaut worden ist.

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Ist es auch vorstellbar, dass der Bäcker das Bargeld bepreist?

Matthias Hönisch*: Darüber könnte man reden. Aber dann müsste man auch über Kickback-Modelle in die andere Richtung nachdenken.

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Wie vermeiden Sie, dass der Wunsch nach Auszahlung die Bargeldbestände übersteigt?

Paul Monzel: Je mehr der Service nachgefragt wird, umso mehr wird das eine Herausforderung. Wie wir damit umgehen, wissen wir heute noch nicht definitiv. Hier sind noch sehr viele Fragen zu klären.

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Gibt es bald Cash Back per Kreditkarte?

Paul Monzel: Die Möglichkeit besteht. Aber Kreditkarten sind immer noch relativ teuer, zumal die Kartenorganisationen im Hintergrund kräftig die Preise erhöhen. Im Moment wollen wir die Kunden nicht zu einem teureren Zahlungsmittel hinleiten.

*Matthias Hönisch, Gruppenleiter Kartengeschäft, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin

Der Beitrag basiert auf einer Diskussionsrunde auf dem Bankkarten-Forum 2017

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft

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