Kartenmarkt Österreich

"Für uns ist der Kartenmarkt grundsätzlich ein europäischer Markt" Ewald Judt im Gespräch mit Roger Niederer

Roger Niederer, Head Merchant Services, SIX Payment Services, Zürich
Quelle: SIX Payment Services

Der Kartenmarkt ist aus Sicht von Six Payment Services grundsätzlich ein europäischer. Dennoch sieht Roger Niederer auch weiterhin eine Zukunft für rein nationale Acquirer. Und auch die international operierenden Anbieter müssen nationale Gegebenheiten weiterhin beachten. Dazu gehört der Einsatz unterschiedlicher Terminals in den verschiedenen Märkten ebenso wie das Vorhalten einer Software-Lösung, mit der auch nationale Debitverfahren verarbeitet werden können. Red.

Six hat sich als einer der wenigen Player im europaweiten Acquiring etabliert. In wie vielen Ländern ist Six Payment Services als lokaler Acquirer aktiv?

Six Payment Services verarbeitet Transaktionen aus über 30 Ländern. Neben den Heimmärkten Schweiz, Österreich und Luxemburg sind wir als Acquirer in den Märkten Deutschland, Italien, Polen, Ungarn und Slowenien tätig. Weiters verarbeiten wir Kartentransaktionen für Großkunden aus vielen anderen Ländern.

Ist Six Payment Services für multinationale Merchants als "central acquirer" noch darüber hinaus in weiteren europäischen Märkten aktiv? Oder geht diese grenzüberschreitende Leistungserbringung gar über Europa hinaus?

Six Payment Services begleitet multinationale Merchants in allen europäischen Märkten, in denen sie aktiv sind. Die Acquiring-Dienstleistung wird hauptsächlich im europäischen Markt erbracht, während andere Services auch für Kunden außerhalb Europas angeboten werden.

Bei der Akquisition von E-Commerce-Transaktionen geht es da also schon über Europas Grenzen hinaus?

Das E-Commerce Geschäft ist ein globales, weshalb es zur vollumfänglichen Betreuung von Händlerkunden auch notwendig ist, Transaktionen von außerhalb Europas zu verarbeiten (zum Beispiel bei Airlines). Dennoch ist festzustellen, dass die Anforderungen unserer Kunden hauptsächlich Europa betreffen.

Auf welcher Plattform erfolgt das Processing der Transaktionen, die Six Payment Services als lokaler Acquirer, als "central acquirer" und als E-Commerce-Acquirer hereinbekommt?

Vor vielen Jahren wurde bereits die Entscheidung getroffen, alle für die Verarbeitung der Transaktionen notwendigen Applikationen, sei es Front- oder Back-Office, selber zu entwickeln. Dies ermöglichte den Aufbau einer integrierten, zentral verwalteten Systemlandschaft. Dies hat sich als enormer Vorteil im Acquiring erwiesen, da wir als einer der ersten Acquirer in der Lage waren, sämtliche Transaktionen der Merchants auf einer einzigen Plattform verwalten zu können. Dies war ein wichtiger Grundstein, um als europaweiter Acquirer aktiv zu werden und ein großer Wettbewerbsvorteil, da das Unternehmen so in der Lage ist, Transaktionen der multinationalen Merchants nach deren Wünschen zu verarbeiten, sei dies zentral oder dezentral.

Gibt es neben dieser Processing-Plattform ein zweites derartiges Rechenzentrum, um Ausfallssicherheit zu erreichen?

In der Zahlungsverkehrsindustrie ist die duale Auslegung der Rechenzentrumsin frastruktur State-of-theart. Six geht hier keine Kompromisse ein.

Wie viele Acquiring-Transaktionen über alle Kartentypen hinweg hatte Six Payment Services 2015?

Six Payment Services hat per Ende November 2015 am PoS und im E-Commerce in ganz Europa über 997 Millionen Transaktionen mit einem Volumen von fast 58 Milliarden Euro abgewickelt. Am 1. Dezember 2015 waren es bereits mehr als 1 Milliarde Acquiring-Transkationen.

Dies umfasst Zahlungstransaktionen mit Kredit- und Debitkarten (Mastercard, Visa, Maestro, V-Pay, JCB, Diners Club und Union Pay) in der Schweiz, Österreich, Luxemburg, Deutschland, Großbritannien, Polen, Slowenien, Ungarn und einigen weiteren Ländern, in welchen die multinationalen Merchants tätig sind. Auf Basis Ende November 2015 entspricht die Wachstumsrate rund 14 Prozent.

Und wie teilen sich diese Transaktionen auf Kreditkarten, Debitkarten und sonstige Karten auf?

Unsere Zahlen basieren ausschließlich auf Debit- und Kreditkartentransaktionen: 37 Prozent der Transaktionen entfallen auf Kreditkarten, 63 Prozent auf Debitkarten.

Welche Lizenzen der internationalen Zahlungsorganisationen hat Six Payment Services für das Acquiring?

Das Unternehmen hat Lizenzen für Mastercard, Visa, Maestro, V-Pay, JCB, Diners Club und Union Pay. Diese Lizenzen haben wir für alle Märkte, in denen wir tätig sind.

Welche Lösung nutzen Sie, um in all den Ländern auch die Akzeptanz von American Express- und Diners Club/Discover-Karten anbieten zu können?

Wir sind kein Lizenznehmer von American Express, jedoch vermitteln wir die Akzeptanz für American Express. Bei Diners Club bieten wir - abhängig von der technischen Lösung je Markt und den Kunden-Anforderungen - einerseits selbst die Diners-Club-Lizenz oder vermitteln die Akzeptanz für Diners Club an externe Partner.

Akquiriert Six Payment Services auch Transaktionen von "domestic debit schemes"? Wenn ja, von welchen?

Six Payment Services bietet direkt nur Akzeptanzverträge an, die auch international einsetzbar sind. Um dem Kunden technisch alles aus einer Hand anbieten zu können, haben wir eine Software-Lösung entwickelt, die uns ermöglicht, auch sämtliche Domestic-Debit-Card-Transaktionen zu verarbeiten. Wir treten dabei als technischer Betreiber, aber nicht als kommerzieller Acquirer auf.

Kann man aus der Sicht von Six Payment Services bereits von einem "europäischen Kartenmarkt" sprechen? Oder handelt es sich immer noch um eine Vielzahl von nationalen Kartenmärkten?

Für uns ist der Kartenmarkt grundsätzlich ein europäischer Markt. Dies zeigt sich rein schon aus der großen Anzahl Kunden, welche selber in zwei oder mehreren Ländern tätig sind und die Leistung des Acquirings zentral von einem Anbieter wünschen. Dennoch müssen jeweils die lokalen regulatorischen Gegebenheiten, wie auch nach wie vor existierende Marktspezifika berücksichtigt werden.

Können Sie schon auf allen Märkten ein einheitliches PoS-Terminal einsetzen oder ist es in einzelnen Märkten notwendig, spezifische PoS-Terminals einzusetzen?

Aus strategischen Gründen setzen wir in den einzelnen Märkten unterschiedliche Produkte ein. Die Palette an stationären und mobilen PoS-Terminals ist dabei umfassend. Je nach Marktbedürfnissen setzen wir Produkte von Worldline, Verifone und Ingenico ein.

Welche Lösung haben Sie für den E-Commerce?

Six Payment Services ist ein führender europäischer Multibrand Acquirer und Payment Service Provider. Zu den Lösungen zählen unter anderem Saferpay und Pay Unity mit voller Integration in den meisten Online-Shop Systemen, Mail/Phone Order, Risk Management Systeme, Dynamic Currency Conversion und Omni-Channel-Payment-Lösungen, sowie lokales oder globales Settlement auch in lokalen Währungen.

Wie ist die Verkaufsorganisation bei Six organisiert?

Kundennähe hat einen hohen Stellenwert. Deshalb hat Six Payment Services eine flächendeckende Vertriebsmannschaft in den Heimatmärkten. Daneben werden Großkunden von einem dedizierten Spezialisten-Team von Key Account Managern akquiriert und betreut. Seien dies lokal tätige Merchants wie aber auch die Akquisition und Betreuung von internationalen Kunden.

An mehr und mehr Akzeptanzstellen sind bereits kontaktlose Zahlungen möglich. Wie ist der Status bei den von Six Payment Services betreuten Merchants? Wann ist eine Vollabdeckung geplant?

Spätestens 2017 wird es eine Kontaktlos-Vollabdeckung geben. Der Tausch auf die neueste Generation ist auch immer eine Planung, welche vom Kunden abhängt.

Wie sehen Sie das Wachstum kontaktloser Zahlungen mit Smartphones?

Kontaktlose Zahlungen mit dem Smartphone sind ein Trend, der nicht mehr aufzuhalten ist. Wir sind mit unseren PoS- Terminals, die diese Zahlungen schon heute akzeptieren können, gut gerüstet für die Zukunft.

Wird das Smartphone mit (in Wallets oder in anderer Form) hinterlegten Kartennummern das Zahlen mit der körperlichen Karte sukzessive ablösen?

Ob der Träger der Zahlung letztendlich das Smartphone oder ein anderes Device ist, kann man heute nicht sagen. Es geht dabei aber nicht darum, die Karte einfach durch das Smartphone zu ersetzen, sondern dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Er muss einen konkreten Nutzen ziehen, wenn er sein Smartphone für den Zahlungstransfer verwendet.

Obwohl die Generation der Digital Natives mit der virtuellen Karte aufwachsen wird, wird uns die physische Karte noch länger erhalten bleiben.

Sind die Merchants mit den durch die nunmehr regulierte Interchange Fee reduzierten Entgelten zufrieden? Oder gilt weiter, was im Kartengeschäft bislang immer galt: Weniger geht immer?

Unsere Aufgabe ist die transparente Darstellung der Preisgestaltung, die so von der EU vorgesehen ist. Es obliegt nicht uns, über die Höhe der festgesetzten Interchanges zu urteilen. Generell dürfen wir sagen, dass unsere offene Haltung von den Händlern wohlwollend aufgenommen wird.

Welche Rolle sehen Sie für nationale Acquirer, die nur im "Heimatland" tätig sind?

Das Zahlungsverkehrsgeschäft ist ein Skalengeschäft, was bedeutet, dass man ein entsprechendes Wachstum erreichen muss, um von den entsprechenden Größeneffekten profitieren zu können.

Dies ist natürlich schwieriger, wenn man sich in unserem Geschäft nur auf ein Land fokussiert. Trotzdem wird es auch in Zukunft lokale Acquirer geben, die sich zum Beispiel auf ein spezielles Kundensegment konzentrieren.

Sehen Sie in absehbarer Zukunft eine bargeldlose Gesellschaft?

Den Mix zwischen Bargeld und bargeldlosem Bezahlen wird es auch noch in zehn Jahren geben. Der Anteil an Bargeldgeschäften wird zurückgehen. In Österreich zum Beispiel werden aber derzeit noch etwa 80 Prozent über das Bargeldgeschäft abgewickelt. Das Niveau ist im internationalen Vergleich extrem hoch.

Six AG im Überblick Die Six AG mit Sitz in Zürich bietet in vier Geschäftsbereichen ("Swiss Exchange", "Securities Services", "Financial Information" und "Payment Services") Dienstleistungen an. Die Dienstleistungen des Bereichs "Payment Services" umfassen im Wesentlichen die Akzeptanz von Zahlungen mit Kredit-, Debit- und Kundenkarten (Acquiring) samt Terminalbereitstellung, die Verarbeitung dieser Zahlungen (Processing), das ATM Network Processing, das Issuing (für Banken und von Handelsunternehmen via License Sponsoring) und das Issuing Processing (für Dritte). Das Unternehmen befindet sich im Besitz von rund 140 in der Schweiz ansässigen Banken verschiedenster Ausrichtung und Größe. Mit den Payment Services ist die Six AG nicht nur in der Schweiz, sondern in über 30 Ländern vertreten. 2014 wurden insgesamt 3,16 Milliarden Kartentransaktionen verarbeitet. Red.

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