Kartendienstleister

"Neue Produkte lassen sich schneller an den Markt bringen" Interview mit Luc Holper

Luc Holper

Ende Juni vermeldete Six Payment Services den Vollbetrieb auf der neuen Issuer-Processing-Plattform. 34 Kreditinstitute mit insgesamt rund 3,5 Millionen Karten und etwa 100 Millionen Transaktionen pro Jahr wurden migriert. Dabei erwies sich die Erfahrung aus dem größten Kartenmigrationsprojekt Europas als hilfreich: der Migration der österreichischen Paylife Bank, die im Jahr 2011 abgeschlossen wurde. Als Hauptvorteile der neuen Plattform nennt Luc Holper die offene Architektur und Vielseitigkeit der Lösung. So können alle Kartenprodukte auf einer Plattform abgebildet werden. Red.

Wie lange sind Innovationszyklen im Processing? Welche Halbwertszeit hat eine Processingplattform?

Normalerweise geht man davon aus, dass die Halbewertzeit etwa 10 Jahre beträgt. Aber in Wirklichkeit glaube ich, dass jede Firma versucht, den Zeitraum weit über diese 10 Jahre hinaus zu strecken. Das bedeutet, dass man heute Technologien vorfindet, die schon 15 bis 20 Jahre alt sind. Sie sind natürlich immer wieder aufgepeppt worden. Aber der Grundansatz der Technologie ist derjenige, der vor etwa 20 Jahren aktuell war. Das bringt Einschränkungen bei der Flexibilität der Systeme mit sich. Auch unsere alte Plattform war etwa 15 Jahre alt. Die neue ist seit eineinhalb Jahren im Einsatz. In der Zwischenzeit hat eine ganze Reihe von Migrationen stattgefunden, die jetzt komplett abgeschlossen sind. Die letzte Migration hat im Juni stattgefunden.

Was sind mögliche Fehlerquellen bei solchen Migrationsprozessen? Worauf muss man achten?

Ein wichtiger Punkt ist die Historie. Hierzu gibt es auch Vorgaben der Kartenorganisationen, wie lange Daten aufzubewahren sind. Ein anderer Aspekt sind Interfaces, die man mit einem Kunden aufgebaut hat. Auch solche Schnittstellen müssen im Zuge des Migrationsprozesses wieder eingerichtet werden, was recht arbeitsintensiv ist, da die Back-Offices der verschiedenen Banken nicht alle gleich funktionieren. Diese Spezifika abzubilden ist großer Aufwand, nicht zuletzt im Testing-Bereich. Mit solchen Dingen haben wir viel Erfahrung, weil wir auch in der Vergangenheit eine große Migration mit der Paylife Bank hinter uns haben, die wir im gesamten Acquiring-Umfeld auf unsere Plattform migriert haben, auf der anderen Seite die PSA im Maestro-Issuing-Processing. Das war eine der größten Migrationen im europäischen Umfeld.

Warum braucht man für das Issuing- und das Acquiring-Processing unterschiedliche Plattformen?

Das hängt mit der Natur des Geschäfts zusammen. Einen Teil der Prozesse könnte man sicher gemeinsam abwickeln. Aber im Back-Office sind die Anforderungen beider Bereiche doch unterschiedlich. Deshalb müssen die Produkte maßgeschneidert sein. Wenn man einen generischen Ansatz fährt, wird man vermutlich einige Spezifika vermissen. Deshalb gibt es nicht viele Player, die beides verbinden. Bei uns ist das ein bisschen anders: Wir sind sowohl im Acquiring Processing als auch im Issuing Processing aktiv, betreiben aber auch zwei getrennte Plattformen, die miteinander verbunden sind. Das ermöglicht es uns, die Individualität der beiden Bereiche nicht zu verlieren.

Wie unterscheidet sich die neue Plattform von der alten?

Die neue Processing-Plattform hat gegenüber vielen anderen im Markt den Vorteil, dass man alle Issuing-Produkte darauf abbilden kann. Das hilft Banken, einen Gesamtüberblick über einen Karteninhaber zu erhalten. Und es schlägt sich natürlich auch auf der Kostenseite nieder, wenn man keine eigene Plattform jeweils für Credit, Debit oder Prepaid mit den entsprechenden Interfaces zu den Systemen der Bank braucht.

Darüber hinaus haben wir eine Technologie gewählt, die es ermöglicht, neue Produkte in einer Parametrisierung aufzusetzen. Damit verbessert sich die "Speed to Market": Neue Produkte wie kontaktlos, Mobile oder Peer to Peer lassen sich sehr viel schneller zur Marktreife bringen, einschließlich Testing. Früher hat das - im Anschluss an die Entscheidungsprozesse in der Bank - schon einmal 6 bis 9 Monate oder auch bis zu einem Jahr gedauert. Jetzt lässt sich die Umsetzung eines neuen Produkts innerhalb einiger Wochen realisieren. Das Thema Schnelligkeit ist vor allem für solche Banken wichtig, die sich mit Payment-Produkten differenzieren wollen. Mit einigen Schweizer Banken hatten wir zum Beispiel einen Product Launch im Bereich P2P. Damit sind wir bestens gewappnet, die neuen Features, die wir in der Zukunft sehen werden, abbilden zu können.

Das heißt, Sie rechnen auch mit einer langen Laufzeit der neuen Plattform?

Ja. Die neue Plattform ist modular aufgebaut. Damit gibt es - im Gegensatz zu den alten, eher monolithischen Systemen - die Möglichkeit, einzelne Komponenten auszutauschen oder auch neue Module zu ergänzen. Auf diese Weise können wir damit vermutlich sehr viel länger als mit den alten Systemen arbeiten und trotzdem noch State of the Art sein.

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Die Kosten spielen natürlich eine wichtige Rolle für die Emittenten und werden wohl auch an Bedeutung zunehmen. Durch die neue Plattform sinken die Total Cost of Ownership für einen Karteninhaber deutlich. Ein Grund ist die schnelle Umsetzung, weil weniger Interfaces benötigt werden. Zudem ergeben sich Skaleneffekte dadurch, dass alle Produkte auf einer Plattform abgebildet werden.

Warum ist ein flexibler Grad der Integration in die Kernbanksysteme so wichtig? Man sollte doch meinen: Je besser integriert, desto effizienter?

Grundsätzlich geht der Trend natürlich in diese Richtung. Doch im Bankumfeld wird natürlich immer auch um die Ressourcen gerungen: Welches Projekt wird umgesetzt, welches nicht? Für die einen ist der Kartenbereich dabei ein "Must have", für die anderen ein strategisches Produkt für die Kundenbindung. Abhängig davon, wie sich die Bank am Markt positioniert, ist auch der Wunsch nach mehr oder weniger Integration mit Providern wie uns. Durch die vereinfachte Umsetzung können wir jedoch auch Banken, die in Sachen Automatisierung noch nicht so weit sind, dazu bringen, ein gutes Stück voranzukommen.

Was versprechen Sie sich am Markt von der neuen Plattform?

Für uns ist die neue Plattform eine Möglichkeit, neues Business zu generieren. Mit Bestandskunden werden wir neue Produkte auflegen. Aber wir werden uns auch stärker am Markt positionieren, um neue Kunden zu gewinnen.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X