Kartenmarkt Österreich

" Visa in Österreich: Bei Debitkarten hapert es noch" / Ewald Judt im Gespräch mit Kurt Tojner

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Der österreichische Debitmarkt ist für Visa immer noch eine Baustelle: Die Ausgabe erster V-Pay-Karten steht erst noch bevor. Im Kreditkartenmarkt ist Visa Österreich dagegen Marktführer. Bei der Akzeptanz ist das Verhältnis genau umgekehrt: Hier gibt es rund 3 000 Händler, die zwar V-Pay, aber keine Visa-Karten akzeptieren. Wie bis Ende Juni dieses Jahres in Deutschland betrifft die fehlende Kreditkartenakzeptanz auch in der Alpenrepublik vor allem die Discounter. Red.

Karten: Wie viele Visa-Kreditkarten gab es in Österreich Ende 2014, wie viele soll es Ende 2015 geben, und wer sind die Issuer?

Mit rund 1,5 Millionen Visa Karten im Consumer-Bereich erreichten die Mitgliedsbanken in Österreich 2014 einen Zuwachs von 3 Prozent. Die Gesamtzahl aller Visa Karten beträgt 1,7 Millionen. Das Kartenwachstum lag 2014 knapp über 4 Prozent.

Für viele Bankinstitute erfolgt die Kartenausgabe durch Card Complete. Weitere Issuer sind die Erste Bank gemeinsam mit den Sparkassen sowie die Pay-Life Bank, die Paybox Bank, die Raiffeisenbank International sowie die Easybank. Karten

Karten: Wie haben sich letztes Jahr die Transaktionen und der Umsatz der österreichischen Visa-Kreditkarteninhaber entwickelt?

Für das Geschäftsjahr 2014 gab es in Österreich mit Visa Kreditkarten knapp 63 Millionen Transaktionen im Consumer-Bereich. Inklusive des Commercial-Bereichs sind es rund 68,5 Millionen Transaktionen. Das entspricht in beiden Sparten einem Zuwachs von 13,18 Prozent beziehungsweise 13,21 Prozent.

Der Umsatz mit Visa Karten betrug im vergangenen Geschäftsjahr 5,9 Milliarden Euro (+ 9,6 Prozent).

Visa-Karten werden in Österreich immer häufiger eingesetzt. Denn die Verbraucher bezahlen verstärkt ihre täglichen Einkäufe und Erledigungen mit ihrer Karte. Die Visa-Karte wird durchschnittlich 39 Mal pro Jahr eingesetzt und der durchschnittliche Betrag pro Einkauf mit Consumer-Karten beträgt 90,7 Euro. Für 2015 gehen wir von einer weitgehend gleichbleibenden Entwicklung aus.

Karten: Österreich ist auch Tourismusland. Wie schaut es da mit dem Kreditkarteneinsatz aus?

Die Visa-Transaktionen durch ausländische Karteninhaber waren immer schon hoch, wenngleich vorwiegend im T&E-Bereich. Bedingt durch den massiven Ausbau des Akzeptanznetzes bei Handelsund Dienstleistungsunternehmen nehmen inzwischen auch die Shopping-Umsätze deutlich zu. Und zwar nicht nur bei den klassischen Urlaubern, sondern insbesondere auch bei den Tagestouristen im kleinen Grenzverkehr.

Karten: Ende 2014 gab es in Österreich knapp über 3 Millionen Kreditkarten. Demgegenüber gibt es 9 Millionen Debitkarten. Welche weitere Entwicklung prognostizieren Sie für Kreditkarten? Wann erwarten Sie 6 Millionen Kreditkarten in Österreich? Und glauben Sie, dass es in Österreich einmal so viele Kreditkarten geben wird, wie es Debitkarten gibt?

Bei 3 Millionen Kreditkarten beträgt der Grad der Abdeckung bei Erwachsenen theoretisch 50 Prozent. Tatsächlich ist er jedoch geringer, da die Kreditkarteninhaber oft mehrere Karten haben. Ich gehe davon aus, dass bei gleichbleibender Entwicklung der Zahlungsgewohnheiten österreichischer Verbraucher in Zukunft rund 65 bis 75 Prozent der Österreicher eine Kreditkarte haben werden - somit ist durchaus noch Raum für eine weitere Expansion gegeben.

Karten: Erwarten Sie angesichts der bald reduzierten Domestic Interchange Fee noch Anstrengungen der Kreditkartenissuer, mehr Karten mit mehr Transaktionen und mehr Umsatz zu generieren?

Tendenziell sind Kreditkarten im Retailbank-Angebot tief verwurzelt. Ein Produktportfolio ohne Kreditkarten ist kaum vorstellbar. Dazu kommt, dass elektronische Zahlungen für alle Beteiligten effizienter und kostengünstiger sind.

Karten: Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Kreditkartenissuer, aufgrund dieser Erlösminderung doch zu einer akzeptablen Rentabilität zu kommen? Wo könnte man Erlöse generieren beziehungsweise wie könnte man Kosten einsparen?

Die Kostendeckung wird, durch den regulatorischen Eingriff bedingt, extrem schwer zu erreichen sein. Vor allem Kartenherausgeber mit kleineren Portfolios stehen hier stark unter Druck. Die Budgets für Weiterentwicklung und Innovation werden dadurch sicher auch ausgedünnt. Um zu einer akzeptablen Rentabilität zu kommen, gibt es hier kein generelles Rezept, und jeder Issuer entscheidet sich für die für ihn beste Lösung.

Diese Situation wird durch die EU-weite Reduktion der Interchange ausgelöst. Durch sie ergeben sich europaweit geschätzt 6 Milliarden Euro Einsparungen für die Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Leider kann man nicht davon ausgehen, dass diese Einsparungen an den Endverbraucher weitergegeben werden. Daher appellieren wir auch an den Handel, dass ein Teil dieses Geldes in die Weiterentwicklung und Vereinfachung der Zahlungsabwicklung investiert wird.

Karten: Ist für Sie ein Szenario vorstellbar, dass Kreditkarten wie diverse andere Zahlungsverkehrsdienstleistungen zu einem - unprofitablen - Service werden, der von einer Retailbank mehr oder weniger angeboten werden muss?

Kreditkarten werden sehr gut von den Kunden angenommen und sind aus der alltäglichen Nutzung nicht mehr wegzudenken. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass durch die nicht wirklich hohe Profitabilität im Retailbank-Geschäft eine Quersubventionierung möglich ist.

Karten: Der Anteil des E-Commerce nimmt jedes Jahr zu. Welchen Anteil hat er zwischenzeitlich bei den Transaktionen der österreichischen Visa-Kreditkarten? Und bis auf welchen Anteil glauben Sie, dass der E-Commerce ansteigen wird?

Bei Visa-Karten sind 19 Prozent aller Handelsumsätze im E-Commerce zu verzeichnen. Österreich liegt hier mit einem Wachstum im Jahresvergleich von etwa 20 Prozent im europäischen Schnitt.

Karten: Auch mit Prepaid-Karten ist Visa auf dem Markt vertreten. Wie viele Karten sind derzeit im Umlauf? Sind sie wiederaufladbar?

In Österreich sind rund 60 000 Prepaid-Karten am Markt. Zu über 90 Prozent sind sie wieder aufladbar.

Karten: Wo sehen Sie angesichts der zunehmenden Kartensättigung die Notwendigkeit vorausbezahlter Karten? Und wie beurteilen Sie das Zukunftspotenzial?

Die Notwendigkeit besteht vor allem in jenen Segmenten, in denen jemand keine Kreditkarte verwenden möchte. Oder wenn der Nutzer entweder zu jung für diese Produktkategorie oder zu finanzschwach für eine Karte mit einem Einkaufsrahmen ist. Ohne Prepaid-Produkte wären diese Personen beispielsweise vom Online-Handel nahezu ausgeschlossen.

Prepaid-Produkte sind für die Heranführung Jugendlicher zum verantwortungsvollen Verwenden der Karten prädestiniert. Etwa bei Reisen oder anderen Auslandsaufenthalten können die Jugendlichen ihre Ausgaben sicher und einfach abwickeln. Online-Einkäufe und die Verwendung von Online-Services und -Plattformen, zum Beispiel Musik-Streaming, sind zusätzliche neue Anwendungsgebiete.

Karten: Bei Debitkarten ist Visa in Österreich kaum präsent. Gibt es mittlerweile Emittenten von V-Pay-Karten? Und welche Maßnahmen wird Visa setzen, um hier in den Markt zu kommen?

2013/2014 wurde in Zusammenarbeit mit der PSA (Payment Service Austria), dem Debitkarten-Kompetenzzentrum der österreichischen Banken, erfolgreich ein End-to-End-Pilot mit den maßgeblichen Banken und Bankengruppen durchgeführt. Konkrete Aktivitäten mit österreichischen Banken unterliegen aber noch der Verschwiegenheit.

Karten: Gut unterwegs ist Visa in Österreich bei der Kartenakzeptanz, und zwar nicht nur für Visa-, sondern auch für V-Pay. Wie viele Akzeptanzstellen gibt es in Österreich? Und wie viele Terminals sind dort installiert?

Wir liegen in Österreich bei über 100 000 Akzeptanzstellen. Bei V-Pay hat die Akzeptanz einen flächendeckenden Charakter, bei Visa sind noch einige Lücken gegeben – vor allem bei Discountern und kleineren Einzelbetrieben. Es bestehen noch rund 3 000 „Debitonly”- Akzeptanzstellen.

Karten: Ein Fortschritt bei der Kartenakzeptanz ist kontaktlose Zahlung, unter gewissen Bedingungen auch ohne Cardholder Authentication. Wie viele Terminals sind bereits jetzt kontaktlos?

Mehr als 30 Prozent der Terminals wurden bereits auf Kontaktlostechnologie umgestellt. Alle neuen Terminals sind standardmäßig mit Kontaktlosinterface ausgestattet. Bis spätestens 2019 ist die flächendeckende Ausstattung zu erwarten. Bis zu diesem Zeitpunkt werden auch bestehende Terminals das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben.

Ein Drittel der Visa-Kreditkarten in Österreich ist mittlerweile mit der Kontaktlosfunktion ausgestattet. Monatlich kommen zwischen 30 000 und 40 000 Karten dazu.

Karten: Ist für Sie eine Erhöhung der Grenze für eine kontaktlose Zahlung ohne Cardholder Authentication vorstellbar? Wenn ja, bis zu welcher Höhe?

Alle Beträge können kontaktlos, also ohne die Karte in den Terminal stecken zu müssen, bezahlt werden. Bei Beträgen unter 25 Euro muss keine Cardholder Authentication erfolgen, die Eingabe des PINs ist somit nicht erforderlich. Ob eine Erhöhung dieses Limits ratsam ist, wird die Erfahrung in den nächsten Jahren zeigen, derzeit scheint das Limit von 25 Euro sinnvoll und ausreichend zu sein.

Karten: Durch Apple Pay sind mit i-Phones Visa-Zahlungen in den USA bereits möglich? Wann wird das auch außerhalb der USA beziehungsweise in Österreich möglich sein? Und wie geht Visa vor, um Smartphone-Zahlungen mit den Smartphones anderer Hersteller wie Samsung, HTC, Sony, LG, Nokia Lumia oder Huawei zu ermöglichen, die ja den größten Marktanteil bei Smartphones haben?

Amerikanische Visa-Karteninhaber, deren Banken Apple Pay anbieten, können schon heute in österreichischen Geschäften bezahlen. Es geht hier nicht um ein neues Bezahlverfahren, sondern die Verwendung des NFC-Standards für kontaktlose Visa-Zahlung liegt hier zugrunde. Ob diese mit einer Karte erfolgt, aus einer Wallet eines Mobilfunkanbieters oder eben von einem i-Phone, ist letztlich unerheblich. Ob und wann Apple seinen Service auch in Österreich anbieten wird, und welche Banken diesen dann für ihre Kunden übernehmen werden, hängt allein von diesen Partnern ab. Visa ist jedenfalls europaweit dafür gerüstet. Apple Pay wird noch dieses Jahr von einer Reihe europäischer Banken eingeführt.

Bezüglich des Verfahrens, wie Kartendaten sicher für mobile Zahlungen verwendet werden, ist Visa generell neutral. Je nach technischer Plattform (insbesondere Android versus Apple) und nationalen Gegebenheiten werden parallel diverse Ansätze im Feld zu finden sein. Die Mehrzahl der genannten Geräte arbeitet heute auf der Android-Plattform.

Karten: Was hat Visa vor, um - neben Apple Pay - andere Mobile Wallets zu unterstützen, in die Visa-Karten(daten) gespeichert werden können?

Visa unterstützt schon heute alle gängigen Verfahren und wird auch in Zukunft ein Innovationsführer sein. So haben wir mit Bankinter und BBVA die ersten Cloudbasierten Bezahlverfahren überhaupt implementiert. Unsere Rolle sehen wir vor allem darin, Regeln zu definieren, Sicherheitsanforderungen festzulegen und technische Lösungen anzubieten, damit Zahlungen aus Mobile Wallets ebenso sicher sind wie Kartenzahlungen.

Ob es die eine Wallet geben wird? Diese spannende Frage ist aus heutiger Sicht noch nicht zu beantworten - und es liegt nicht an Visa, hier eine Entscheidung herbeizuführen, sondern an den Konsumenten. Hier ist die ganze Industrie mitten in der Lernkurve.

Karten: Wie steht es mit der Sicherheit beim mobilen Zahlen?

Es ist das Bestreben, dass man in allen mobilen Kanälen sicher zahlen kann. Um diese Sicherheit zu gewährleisten, wird insbesondere auf die Token-Technologie gesetzt. Dabei wird im mobilen Device keine Kartennummer, sondern eine Referenznummer, der Token, für die Zahlungsabwicklung verwendet.

Karten: Kurz zusammengefasst: Wo sehen Sie Visa in Österreich in 5 Jahren?

Auf der Kreditkartenseite ist Visa bereits jetzt führend bei Kartenzahlungen in Österreich. Bei V-Pay werden wir in der Zukunft einen signifikanten Faktor erreichen. Die Verwendung von mobilen Endgeräten als ergänzender und erweiternder Schritt der Kontaktlostechnologie auf dem derzeit verwendeten Formfaktor Karte wird ein integrierter Bestandteil beim Einkaufen - sowohl im stationären Handel als auch im Internet - sein.

Karten: Wird die bargeldlose Gesellschaft kommen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

Bargeld wird es so lange geben wie Menschen diesen Planeten bevölkern. Die intelligente Integration der Zahlung in den sich weiter stark verändernden Kaufprozess wird für mehr Transparenz, Übersicht und mehr eigenverantwortliche Steuerung der persönlichen finanziellen Gebarung beitragen.

Die Kartenausgabe wird sich künftig stärker hin zu einer größeren Skalierung bewegen müssen, da die Basiskosten für das Betreiben dieses Geschäftszweiges im Vergleich zu den Ertragskomponenten und der weiter verstärkten Konkurrenz verschiedener Systeme die Spirale immer weiterdreht. So gesehen ist das eine graduelle Annäherung an die "Cashless society".

Visa in Österreich - die Historie 1980 startete die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien (heute Unicredit Bank Austria) das Visa-Kartengeschäft sowohl issuing- als auch acquiringseitig. 1984 wurde das bereits davor aktive Visa-Acquiring-Geschäft der Bank of America übernommen. 1985 wurde Visa Austria als Tochtergesellschaft der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien (heute Unicredit Bank Austria) und der Genossenschaftlichen Zentralbank (heute Raiffeisenbank International) gegründet und führte das Visa- Geschäft insbesondere für die beiden Gesellschafterbanken, aber auch für andere am Visa-Produkt interessierte Finanzdienstleister fort. Mit der Mastercard-Membership wurde der Firmenname 2007 auf Card Complete geändert. Parallel dazu erwarben damals die Pay Life Bank und eine Reihe weiterer Banken die Visa-Membership. Als Folge dieser Strukturänderung können Visa-Karten in Österreich heute bei nahezu jeder Bank beantragt werden und können Akzeptanten ihre Visa-Transaktionen mit einer Reihe von Acquirern abrechnen. Insgesamt hat Visa in Österreich derzeit 1,5 Millionen Kreditkarten bei Privatkunden im Umlauf und 110 000 Visa-Kreditkarten-Akzeptanzstellen bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen.

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