Erste Prognose erfüllt

Swantje Benkelberg

sb - Die erste Prognose der EU-Kommission zu den Folgen der Interchange-Regulierung hat sich bereits erfüllt: Mit den günstigeren Sätzen wird die Kreditkartenakzeptanz für den Handel attraktiver. Auch die letzten Branchen, die sich der Kreditkarte bisher aus Kostengründen verweigert haben, öffnen sich jetzt für die Akzeptanz. Seit dem 1. Juli dieses Jahres können Kunden auch bei den Discountern in Deutschland, an denen sich die Acquirer lange vergeblich abgearbeitet haben, mit ihrer Kreditkarte bezahlen. Dieses Verschwinden der "weißen Flecken" auf der Acquiring-Landkarte ist sicher eine gute Nachricht. Denn je dichter das Akzeptanznetzwerk, umso attraktiver wird die Kreditkarte für den Verbraucher.

Wenn er weniger häufig hört "akzeptieren wir nicht", wird er möglicherweise öfter seine Kreditkarte zücken. Sicher ist das aber keineswegs. Viel zu sehr sind die Menschen in Deutschland an das Bezahlen mit ihrer Girocard gewöhnt. Und wie die im Juni veröffentlichte Studie des Bitkom zur Zukunft des Bezahlens zeigt, sehen die Karteninhaber bislang auch wenig Vorteile darin, im Geschäft ihre Kreditkarte einzusetzen. Nur acht Prozent nennen sie als das Zahlungsmittel, das sie am stationären Point of Sale bevorzugen. Vielmehr liegt die Kreditkarte bei den für die Wahl des Zahlungsmittels wichtigen Argumenten Komfort und Kontrolle der eigenen Finanzen aus Verbrauchersicht deutlich hinter Bargeld und Debitkarte, außerdem ist die Kreditkartenzahlung am häufigsten für den Kunden kostenpflichtig. Punkten kann die Kreditkarte vor allem in Sachen Sicherheit. Hier rangiert sie mit 47 Prozent der Nennungen nur einen Prozentpunkt hinter der Debit karte und deutlich vor dem Bargeld (29 Prozent). Das zweite wichtige Argument ist aus Verbrauchersicht ein Bonusprogramm (46 Prozent). Allein hier kann die Kreditkarte gegenüber allen anderen Zahlverfahren punkten. Doch gerade Bonusprogramme sind in Deutschland vergleichsweise selten, und man wird wohl davon ausgehen dürfen, dass sie unter dem Eindruck der Interchange-Regulierung nicht wie die Pilze aus dem Boden schießen werden. Es spricht also zunächst einmal wenig dafür, dass die Karteninhaber nun in großem Stil von der Barzahlung oder der Girocard zur Kreditkartenzahlung übergehen werden. Ob der Einbruch bei den Erträgen durch ein Mehr bei den Transaktionen beziehungsweise Kartenumsätzen kompensiert werden kann, wie es der Regulator der Kreditwirtschaft versprochen hat, ist insofern ebenso ungewiss wie die Prognose, der Handel werde die günstigeren Kartenkonditionen an die Verbraucher weiterreichen.

Und doch hat Bitkom-Vizepräsident Ulrich Dietz bei der Vorstellung der Studie zwischen den Zeilen eine neue Chance für die Kreditkarte angedeutet: Das kontaktlose Zahlen nämlich. Bisher sind kontaktlose Anwendungen in Deutschland zum größten Teil nur auf Kreditkarten umgesetzt (wenn man einmal von Girogo absieht) - ein Grund dafür, dass bislang erst relativ wenige Karteninhaber Erfahrungen damit gesammelt haben. Die entsprechende Anwendung für die Girocard steht allerdings in den Startlöchern (siehe Beitrag Arnoldt/Söhne in diesem Heft). Sie ist wichtig, damit Banken und Sparkassen mit den neuen Wettbewerbern Schritt halten und ihre Position im Zahlungsverkehr verteidigen können. Und sie wird dazu führen, dass der Kunde sich an das kontaktlose Zahlverfahren gewöhnt. Daheim wird er die neue Technologie künftig vermutlich üblicherweise über seine Girocard nutzen. Einmal daran gewöhnt, werden viele Karteninhaber das kontaktlose Zahlen jedoch auch auf Reisen nicht mehr missen wollen. An dieser Stelle kommt dann die Kreditkarte ins Spiel, die in den letzten Jahren wieder verstärkt als Zahlungsmittel für die Auslandsreise beworben wird. "Paypass" oder "Paywave" wird dann zu einem Verkaufsargument, mit dem sich eine (künftig vielleicht höhere) Jahresgebühr rechtfertigen lässt. Wenn die Karteninhaber sich dann auch im Inland dafür entscheiden sollten, kontaktlos lieber per Kreditkarte zu bezahlen (sei es nun über die physische oder eine virtuelle Karte) - auch gut.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X